Trotz wissenschaftlicher Kritik eines Uni-Professors rückt der sprachliche Gutachter nicht davon ab, dass der Erstangeklagte der Autor von Bekennerschriften ist. Die Verhandlung ist dabei erneut eskaliert.
Im Tierschützer-Prozess hat der linguistische Gutachter Wolfgang Schweiger an seinen Vorwürfen gegen den erstangeklagten Martin Balluch festgehalten. Er hat am Donnerstag vor dem Landesgericht Wiener Neustadt ein Ergänzungsgutachten präsentiert, nachdem der Innsbrucker Uni-Professor Manfred Kienpoitner sein erstes Gutachten kritisiert hatte. Wie so oft verlief der Verhandlungstag nicht ohne Streit und Eskalation.
Zur Kritik Kienpointners erläuterte der Sachverständige, dass man "sehr schön den Unterschied zwischen einem Universitätslinguisten und einem forensischen" sehen könne. "Wir sind hier in der Forensik und müssen uns oftmals mit 100 Wörtern begnügen", meinte er im Hinblick darauf, dass seine Datenmenge unzureichend gewesen sei. "Methodische Inkonsistenz" sei nicht zutreffend, weil es keine genauen methodischen Vorgaben für Sprache gebe. Er habe aber - verständlich auch für linguistische Laien - in seinem Gutachten 13 Methoden angeführt, darunter eine erst kürzlich von ihm selbst entwickelte zur Reihung von Indizien.
Thema waren auch erneut die - strafrechtlich nicht sonderlich relevanten - 16 Postings auf der Presse-Website, von denen Schweiger "einen Großteil, wenn nicht sogar alle", Balluch zugeordnet hatte, meinte er, dass inhaltliche Unterschiede nicht unbedingt ein Zeichen für verschiedene Autoren sein müssten. Man könne schließlich auch einmal andere Meinungen schreiben, um damit die Zustimmung anderer Leute zu erhalten. Auch dass die Texte völlig unterschiedliche Fehlerstrukturen und -häufungen aufweisen, störte Schweiger nicht: Es liege eben der Verdacht nahe, dass die Fehler absichtlich eingebaut wurden.
"Verfahren macht einen ja krank"
Aufregung gab es am Donnerstag auch um den Drittangeklagten. Er hatte seine halblangen Haare grau angesprayt und aufgestellt und so Schweigers Frisur imitiert. Die Richterin ließ "das äußere Erscheinungsbild" des Angeklagten im Protokoll festhalten: Es "spricht für sich und könnte unter Umständen als Provokation gewertet werden", meinte sie: "als Form des prozessimmanenten Aktionismus", mit dem ständig versucht werde, das Verfahren ins Lächerliche und Absurde zu drängen. "Ich glaub', das ist nicht mehr notwendig, das machen Sie schon selbst", meinte daraufhin der Betroffene lapidar. Nach der Unterbrechung packte er dann seine Sachen, sagte "Ich geh jetzt zum Arzt, die Verfahrensführung macht einen ja krank" und verschwand.
Das Verfahren wurde auf Montag vertagt. Dann soll auch die Befragung Schweigers fortgesetzt werden.
(APA)