Vermummte Rapid-Chaoten stürmten beim Stand von 2:0 für die Austria wutentbrannt und gewaltbereit das Spielfeld. Die Sicherheit war nicht mehr gewährleistet. Rapid droht eine drakonische Strafe.
Wien. Auf einmal war der Fußball nebensächlich. Von einer Minute auf die andere. Das 297. Wiener Derby endete nach nur 26 Minuten mit einem Skandal, die Partie musste nach einem Platzsturm einiger hundert gewaltbereiter Rapid-Fans beim Stand von 2:0 für die Wiener Austria abgebrochen werden. Schiedsrichter Thomas Einwaller sah die Sicherheit der Spieler nicht mehr gewährleistet. Was sich auf dem Rasen abspielte, das grenzte an Krieg. Szenen, die man in Österreich in dieser Form noch nicht erlebt hat. Um 16.49 fiel die endgültige Entscheidung, das Derby konnte nicht mehr fortgesetzt werden.
Der Aufstand der Fans auf der Hütteldorfer Westtribüne war ein Gewaltakt mit Ankündigung. Seit Tagen kursierte im Internet, dass man im Fall eines neuerlichen Misserfolges von Rapid „ein Zeichen" setzen werde. Noch am Vortag des gestrigen Derbys gab man sich beim Rekordmeister gelassen, versuchte die Aggressionen herunterzuspielen. Man war sich des Ernstes der Lage nicht bewusst.
Keine halbe Stunde hat das Wiener Derby am Samstag gedauert: Beim Bundesliga-Spiel zwischen Rapid und der Austria stürmten zahlreiche, teilweise vermummte Rapid-Fans den Rasen des Hanappi-Stadions. Das Spiel wurde abgebrochen. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
Dem Abbruch ging eine spannende Partie voraus, immerhin hat die Austria noch eine Chance auf die Meisterkrone. Die Violetten führten nach Treffern von ... (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
... Roland Linz und Zlatko Junuzovic. Kurz nach dem zweiten Tor für die Austria stürmten dann Fans das Spielfeld. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
Die Polizei wurde mit Leuchtraketen beschossen. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
Die Beamten setzten Pfefferspray ein, um das Spielfeld wieder unter Kontrolle zu bekommen. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
300 Polizisten versuchten, Herr der Lage zu werden und nahmen dabei auch zahlreiche Randalierer fest. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
Nach fast halbstündigem Abwarten entschied sich Schiedsrichter Thomas Einwaller für den Abbruch. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
"Beide Mannschaften und das Schiedsrichterteam wollten weiterspielen. Die Sicherheitsbehörde konnte aber die Sicherheit nicht mehr garantieren", erklärte Schiedsrichter Einwaller. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
Sicherheits-Delegierter Peter Truzla gab zu bedenken, dass Austria-Torwart Lindner in der zweiten Halbzeit vor den Rapid-Fans hätte spielen müssen. Es sei nicht absehbar gewesen, wie sich das entwickelt hätte. Schon vor Beginn des Derbys kam es zu unschönen Szenen. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
Der Mannschaftsbus der Veilchen wurde von Rapidlern mit Steinen beworfen, die Scheibe ging zu Bruch. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
Die Partie dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Sieg für die Austrianer gewertet werden, den Rapidlern drohen nach dem Eklat drakonische Strafen. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
Rapid-Fans stürmen den Rasen
Attacke auf Austria-Bus
Bereits in den frühen Nachmittagsstunden hat es rund ums Hanappistadion zu brodeln begonnen. Als der Mannschaftsbus der Wiener Austria in Hütteldorf vorfuhr, wurde er mit einem Hagel von Steinen empfangen. Die Mannschaft saß noch im Bus, als zwei Scheiben zu Bruch gingen. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass dieser Gewaltakt nur ein Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte, war.
„Auch ein Sieg kann diese verschissene Saison nicht retten. Zerstört heute wenigstens die Titelträume der Violetten." Dieses Transparent empfing die Favoritner vor dem Anpfiff der Partie, die als trauriges Kapitel in die Geschichte der heimischen Bundesliga eingeht. Die Wut der Westtribünenbesucher richtet sich nicht nur gegen den Erzrivalen, sondern sogar gegen die eigene Mannschaft. „Mistet endlich diesen Kader aus." Nach dem Tor zum 0:2 (das 0:1 hatte Linz in der 5. Minute erzielt) durch Zlatko Junuzovic (26.) eskalierte die Situation völlig. Blitzschnell wurden Barrieren überwunden, stürmten Hunderte von Rapid-Anhänger den Rasen und stürmten auf die eigene Mannschaft los. Die Rapid-Mannschaft flüchtete in die Kabine, ebenso die Austria-Elf.
"Das wichtigste Kriterium ist die Sicherheit aller Spieler und der Schiedsrichter. Die Entscheidung war sehr schwierig. Beide Teams und die Schiedsrichter wollten weiterspielen. Die Aussagen der Sicherheitsbehörden waren aber entscheidend. Sie konnten die Sicherheit nicht mehr garantieren, dadurch gab es die Entscheidung Abbruch. Das tut mir sehr leid für den österreichischen Fußball. Das bisschen Image das wir noch haben wird somit zunichte gemacht. Alle weiteren Entscheidungen fallen jetzt auf dem Grünen Tisch." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Matthias Hauer)
"Das hat mit Fußball nichts zu tun. Ich muss mich um meine Kinder kümmern, die sind sehr verstört. Das ist für uns alle ein fürchterlicher Tag. Jetzt müssen wir uns alle im Verein finden und Lösungen suchen. Der Schaden ist enorm, diese Sache wird hohe Wellen schlagen. Das ist durch nichts entschuldbar." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
"Bis zum 2:0 schien die Stimmung ziemlich fair zu sein. Was dann passiert ist, ist sehr tragisch. So etwas gehört nicht auf einen Fußballplatz. Fußball ist so ein toller Sport für die Kinder und Jugendlichen. Angst hatte ich keine. Wir sind sehr schnell in die Kabine gelaufen und wussten, dass uns die Polizei schützen wird." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
"Es zeigen sich Tendenzen, die nicht tolerierbar sind. Sobald eine Mannschaft einen Negativlauf hat, muss man das Ärgste befürchten. Es hat fast so ausgesehen, dass sich die radikalen Fans ein 2:0 gewünscht haben, um diese Plattform zu bekommen. Auch wir bei der Austria sind da gefährdet. Und in Deutschland werden Spieler sogar mit dem Tod bedroht, falls sie absteigen. Man muss sich etwas überlegen, es muss ein Erziehungsprozess in Gange gebracht werden. Rapid muss jetzt mit weitgehenden sportlichen und finanziellen Konsequenzen leben." (c) REUTERS (ROBERT ZOLLES)
"Ich bin persönlich zutiefst betroffen, erschüttert und traurig. Solche Vorkommnisse haben auf dem Fußballplatz nichts verloren, ich möchte mich entschuldigen. Auch bei den Spielern der Austria, die körperlich bedroht wurden. Das ist die schwärzeste Stunde in meiner zehnjährigen Amtszeit bei Rapid. Ich schäme mich. Rapid ist immer emotionell. Aber Emotionalität und Brutalität sind zwei verschiedene Dinge. Wir werden mit aller Schärfe gegen diese Personen vorgehen. Sie werden das Hanappi-Stadion sicher nicht mehr von innen sehen. Das war heute das Allerschlimmste, was passieren kann. Einen sportlichen Misserfolg kann man aufholen. Aber dieser Imageschaden ist enorm. Die Liga wäre gut beraten, solche brisanten Spiele wie das Derby ins Happel-Stadion zu verlegen. Das Horr-Stadion bietet ja nicht mehr Sicherheit als das Hanappi." (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
"Das ist eine Riesenschande für den österreichischen Fußball. Man muss sich zusammensetzen, denn so kann es nicht weitergehen. Es ist traurig, wenn sich schon die eigenen Spieler vor den Fans fürchten müssen, sogar beim Training." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
"Das sind Bilder, die keiner sehen will. Es war schon sehr bedenklich, welche Gegenstände nach dem 1:0 hineingeworfen worden wind. Der Abbruch ist in Ordnung, die Sicherheit aller Akteure ist das höchste Gut. Solche Bilder schädigen die ganze Liga. Das ist schlimm, weil die Verantwortlichen beider Klubs sehr viel probiert haben." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Guenter Artinger)
"Es wurde alles Erdenkliche gemacht, um das zu verhindern. Das ist der bitterste Moment in meinen fast 17 Jahren bei Rapid. Was heute passiert ist, ist unerklärbar und unentschuldbar. Im Stadion gibt es zahlreiche Videokameras. Die Chance ist groß, einen Großteil der Leute zu identifizieren. Wir werden sie mit aller Konsequenz verfolgen und sanktionieren." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Martin Dirninger)
"Das ist für mich der schlimmste Augenblick in 19 Jahren bei Rapid. Scheinbar dürfte es doch nicht die beste Fanarbeit gewesen sein. Es ist etwas passiert, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Das sind frustrierte Leute. Natürlich kenne ich sie, ich arbeite täglich mit vielen von ihnen. Sie wollten zeigen, dass sie angefressen sind und dass es Änderungen geben muss." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Marie Rambauske)
"Vor dem Spiel wurde gesagt. dass die Fans reinlaufen, wenn wir 2:0 führen. Das habe ich nicht geglaubt. Die Entscheidung des Abbruchs ist richtig gewesen, es geht um die Sicherheit der Spieler. Wenn noch einmal angepfiffen worden wäre, wäre vor allem unser Tormann Heinz Lindner nach der Pause in Gefahr gewesen. Dass die Fans die eigenen Spieler attackieren, das habe ich noch nie gesehen. Beschimpfungen sind ja noch okay, aber damit wurde eine Grenze überschritten. Jetzt müssen die Spieler Angst haben, wenn sie 0:2 in Rückstand geraten. Für den gesamten Fußball war das heute eine Katastrophe. Fußball sollte immer noch ein Spiel sein. Leider kann so etwas auch bei der Austria immer wieder passieren. Wir müssen schauen, dass wir das in den Griff bekommen." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
"Es gab mindestens zwei verletzte Polizisten und drei Festnahmen wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt. Es war für uns klar, dass es zu einem Platzsturm kommt, wenn Rapid schlecht spielt und der Rückstand groß ist. Im Stadion waren circa 400 Exekutivbeamte im Einsatz. Die Exekutive wird nicht darauf drängen, dass ab sofort jedes Derby im Happel-Stadion gespielt wird. Das Hanappi-Stadion ist grundsätzlich ein sicheres Stadion. Es kommt eben darauf an, wie sich die Fans verhalten." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
"Der Spielabbruch passierte aufgrund nicht gewährleisteter Sicherheit. Der Senat eins wird am Montag entscheiden." (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
''Ich schäme mich''
"Vermummte haben den Sport zerstört"
Bei den gewaltbereiten Fans handelte es sich um großteils vermummte Chaoten, die erst von einer Kette von rund 300 Polizisten gestoppt werden konnten. „Das ist das Allerschlimmste, was bei Rapid bis jetzt passiert ist. Eine schwarze Stunde, eine Schande für den Fußball." Rapid-Präsident Rudolf Edlinger war nach den dramatischen Vorfällen fast bleich im Gesicht. „Vermummte haben den Sport zerstört. Wir werden alles unternehmen, um diese Figuren auszuforschen. Wir werden dafür sorgen, dass diese Kapuzentypen das Hanappistadion nicht mehr von innen sehen." Edlinger will nun das Gespräch mit der Liga und der Exekutive suchen, um das Fanproblem in den Griff zu bekommen. „Offensichtlich kann man ein Derby nur im Happelstadion austragen."
Rapid drohen drakonische Strafen, der Senat I der Bundesliga wird das Spiel vermutlich mit 3:0 für die Wiener Austria verifizieren und ihr drei Punkte zusprechen. Da die Hütteldorfer ein nicht zu unterschätzendes Vorstrafenregister haben, wird Rapid vermutlich mit einer hohen Geldstrafe und mit einer Platzsperre belegt. „Ich hatte Angst um meine Spieler", sagt Austrias General-Manager Tommy Parits. „Ich habe so etwas noch nie erlebt, so etwas darf nicht passieren. Da wurde die eigene Mannschaft attackiert, ein Spiel zerstört. Jetzt ist die Grenze überschritten, so macht doch das Ganze keinen Sinn!"
Schiedsrichter Einwaller war ursprünglich bereit, auf eine Deeskalation zu warten, er hoffte, das Spiel vielleicht doch noch fortsetzen zu können. Beide Mannschaften wären auch bereit dazu gewesen - die Behörde aber sagte Nein. Die Chaoten hatten ihr Ziel erreicht. Der Abbruch war es, den sie erzwingen wollten. Geplant wurde das vor einigen Tagen.
Handspiel des Wr. Neustädters Edin Salkic hat ein Nachspiel, es erfolgte eine Anzeige wegen Betrugs. Sturm Graz kann sich heute mit einem Sieg gegen Wacker Innsbruck zum Meister küren.
Die Niederlage gegen Sturm, die Neustadts Edin Salkic mit einem merkwürdigen Handspiel mitverursacht hat, bleibt weiter im Fokus. Bei der Staatsanwaltschaft ging eine Anzeige wegen Betrugs ein.
Die Wiener Polizei bestätigte, dass sich griechische Panathinaikos-Fans und deutsche Nürnberg-Anhänger unter den Platzstürmern befunden haben. Auch Italiener könnten dabei gewesen sein.
Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.