Alexander Van der Bellen macht, was er will

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Was treibt ein Uni-Beauftragter der Stadt Wien? Die Josefstadt-Grünen wollten es genau wissen. Der Ex-Parteichef machte es dem ihm wohlgesinnten Publikum nicht leicht. Lokalaugenschein bei einem Privatissimum.

Wien. „Ich gebe zu, das Projekt, die Universität in die Brünnerstraße zu verlegen, ist komplett gescheitert“, sagt Alexander Van der Bellen und das Publikum lacht. Es wird in den nächsten beiden Stunden noch öfters lachen, wobei nicht klar ist, ob aus Vergnügen oder aus Verwunderung.

Es ist Abend im Grünen Lokal in der Blindengasse Nummer 5 im achten Wiener Gemeindebezirk, und zwölf Menschen sitzen vor zwei weißen Tischen und starren Alexander Van der Bellen und den stellvertretenden Bezirksvorsteher des achten Wiener Gemeindebezirks, Alexander Spritzendorfer, erwartungsvoll an. Seit Februar ist Alexander Van der Bellen ehrenamtlich für die Stadt Wien als Uni-Beauftragter tätig. Nun steht er erstmals seinen Parteifreunden und Interessierten Rede und Antwort. Die zentrale Frage steht im Raum: Was macht er denn nun eigentlich so?

„In erster Linie bin ich einmal eine Klagemauer“, sagt der Professor mit ruhiger Stimme, auch wenn schon wieder jemand kichert, „denn die Kompetenzen der Universität, die liegt nun einmal beim Bund“. Seinen Job sehe er trotzdem nicht verfehlt: Denn Gemeinsamkeiten mit der Stadt Wien gäbe es: in puncto Forschungsförderung zum Beispiel. „Niemand hindert die Stadt Wien daran, Forschungsaufträge zu vergeben.“ Aber auch in der Raumplanung müsse die Stadt Wien besser mit den Universitäten zusammenarbeiten.

Gelächter unter Freunden

Er nennt das Beispiel der Brünnerstraße: „Als wir (die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Anm.) damals in die Brünnerstraße gezogen sind, haben wir noch gehofft, dass die Fakultät dort den Raum beleben wird.“ Jenes Projekt sei eben gescheitert. Wobei das Problem ein grundsätzliches sei: „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mit dem Bezirksvorsteher darüber zu sprechen.“ Jetzt hofft er, dass ihn die Universitäten als neuen Ansprechpartner akzeptieren werden. Auch wenn er selbst nicht daran glaubt. „Vermutlich werde ich fragen: Wie sieht eure Raumplanung aus?“ Gelächter im Raum.

Auf Problemsuche

Van der Bellens Dasein ist, so viel wird klar, nicht einfach. Seine Aufgabe ist es nicht, Probleme zu lösen. Van der Bellens Aufgabe ist es, Probleme erst zu finden: „Wenn ich meinen Endbericht der Stadt Wien abliefern werde, werde ich fragen: Was wollt ihr eigentlich von den Universitäten?“, sagt er. Auch wenn er schon wisse, dass ihm niemand die Frage beantworten könne. Resigniert? Nicht Van der Bellen: „Ich bin eben ein Beauftragter, den niemand beauftragt hat.“

Daher schafft er sich selbst seine Existenzberechtigung. Als Uni-Beauftragter will er die internationale Forschungsszene fördern: Mehr Forscher, mehr Studenten und eine schnellere Aufenthaltsgenehmigung für deren Angehörige. Ein Punkt, in dem er hofft, besonders viel bewegen zu können. Denn ab einer Aufenthaltsdauer von sechs Monaten ist die Stadt Wien zuständig für solche Genehmigungen.

Auch sonst zweifelt Van der Bellen nicht an der Sinnhaftigkeit seiner Funktion: Der Stadt nehme er viel Arbeit ab. Besonders Kulturstadtrat Mailath-Pokorny, seiner direkten Ansprechperson: „Ich habe für ihn auf einer Veranstaltung für Wissenschaft gesprochen“, erzählt er, „das hätte er sonst selbst machen müssen.“ Ob er bei Rektoren vorstellig geworden wäre, fragt Spritzendorfer. Van der Bellen verneint: „Die wissen, dass die Stadt nicht ihr Budgetloch stopfen kann.“ In puncto Finanzen könne er, wie sonst auch, nur beraten. „Aber was macht nun ein Sonderbeauftragter?“, fragt ein Mann. „Er macht, was er will“, sagt Alexander Van der Bellen und lächelt selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2011)

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