Mitte der Woche rückten vier in Wien lebende Terrorverdächtige ins Visier des Verfassungsschutzes. Seither stellt sich die Frage: War da was? Da war Mona S., die vor Gericht mit ihrer Burka für einen Skandal sorgte.
Vier junge Muslime, drei Männer und eine Frau, stehen nun also im Fadenkreuz der Verfassungsschützer. Drei wurden von der Polizei auf dem Flughafen Wien-Schwechat abgefangen, als sie nach Pakistan fliegen wollten – mutmaßlich in ein al-Qaida-Ausbildungslager. Der vierte wurde als Kopf der Gruppe in Wien festgenommen und sitzt nun in U-Haft (siehe Artikel unten). Ob es zu Verurteilungen kommt, ist fraglich. Die ersten und letzten Schuldsprüche nach neuerer Anti-Terror-Gesetzgebung erhielten der Islamist Mohammed Mahmoud und dessen damalige Frau Mona S.
Während der 26-jährige Mahmoud voraussichtlich noch bis September in der Haftanstalt Wien Simmering einsitzen muss (seine Chancen auf eine vorzeitige bedingte Entlassung aus seiner vierjährigen Haftstrafe stehen schlecht), führt Mona S. ein neues Leben. Die 24-Jährige hat sich von Mahmoud getrennt. Die beiden waren nach islamischem Recht ein Ehepaar. Nun sind sie, wie Mona sagt, „geschieden“.
Viel mehr noch: Die junge Frau, die in Wien Landstraße lebt, hat die Burka abgelegt. Die Burka – nicht ihren tiefen islamischen Glauben. Eine Vollverschleierung, erklärt Mona im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“, „stellt keine islamische Pflicht dar“. Und sei auch „nicht korrekt für diese Gesellschaft“. Für diese – österreichische – Gesellschaft. Mona S. hat augenscheinlich einen liberalen Zugang zu ihrer, wie sie sagt, „Umgebung“ gefunden. Dennoch: „Ich nehme nach wie vor meinen Glauben sehr ernst.“
Verschleiert im Gerichtssaal
Während des Prozesses im Jahr 2008 sah man Mona nur voll verschleiert. Man sah dunkelbraune, ausdrucksstarke Augen. Solche, die Ängstlichkeit vermittelten – nicht Rebellion. Heutzutage könnte man die junge Frau, Tochter einer zum Islam konvertierten Österreicherin und eines gebürtigen Ägypters, zum Beispiel beim Einkaufen im nächsten Supermarkt sehen. Man könnte ihr ins Gesicht schauen. Mona S. würde vielleicht nur eine Baseballkappe tragen – anstatt eines Kopftuches.
Keine Spur mehr von vollständiger Verschleierung – so wie einst bei ihrer Gerichtsverhandlung. Das „Verdecken der Haare“ halte sie nun flexibel, „der Situation angepasst“. Nunmehr hat die zierliche, junge Frau, die übrigens fünf Geschwister hat, einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Eben weil sie der (Prozess-)Öffentlichkeit nie ihr Gesicht zeigte, kann sie sich völlig unerkannt bewegen. Ideal für einen Neustart.
Überall fremde Männer
Rückblende zur Verhandlung gegen Mahmoud und Mona S.: Der Staatsanwalt wirft dem Paar gar die Zugehörigkeit zur al-Qaida „bzw. zu anderen international tätigen radikalislamischen Terrornetzwerken“ vor. Mona S. trägt ihre Burka, als sie vor den Richter tritt. Beharrt dabei auf „Religionsfreiheit“. „Österreich ist kein Gottesstaat. Aber vielleicht wünschen Sie sich das...“, kontert der Richter. Und: „Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir unsere Prozesse führen sollen.“ „Ich will niemanden beleidigen“, haucht die Angeklagte. Weiter: „Der Prophet hat den Koran erklärt, ich darf mein Gesicht fremden Männern nicht zeigen.“
Das war ganz am Anfang des Prozesses. Mona S. beharrte auf ihrer Verschleierung. „Hier sind so viele fremde Männer. Ich kann mein Gesicht nicht herzeigen. Ich bin Moslem.“ Ebenso beharrlich der Richter: Der Schleier müsse weg. Die Eskalation war unausweichlich. Mona S. wurde wegen „ungeziemenden Benehmens“ des Saales verwiesen. Ihr Urteil, ein Jahr und zehn Monate Gefängnis wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wurde ihr damals in einem Nebenraum zur Kenntnis gebracht. Die Strafe erging, weil Mona islamistische Internetbotschaften über die US-Besatzung im Irak vom Englischen ins Deutsche übersetzte – und somit den „Propagandatäter“ Mahmoud unterstützte. Zwei Drittel der Strafe musste Mona absitzen. Dabei wurden ihr 14Monate U-Haft angerechnet. Den Rest verbrachte sie im niederösterreichischen Frauengefängnis Schwarzau. Im August 2010 wurde sie entlassen. Zwar hat Mona das Gymnasium abgebrochen, dennoch absolviere sie derzeit ein „Fernstudium“: Arabistik – „bei einem islamischen Gelehrten in Österreich und einem in Deutschland“.
Rassistische Beamte
Der Blick zurück: Die U-Haft in der Justizanstalt Wien Josefstadt sei „katastrophal“ gewesen. „Manche Beamten waren rassistisch. Ich wurde beschimpft und beleidigt.“ Anders die Schwarzau: „Dort durfte ich arbeiten. Essen verteilen und so.“ Terror? Nie will Mona Terroristin gewesen sein. „Das hohe Strafausmaß ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Lieber blickt die Wienerin nach vorn: „Ich möchte als Dolmetscherin arbeiten.“ Für Arabisch und Deutsch.
("Die Presse am Sonntag", Print-Ausgabe, 19. Juni 2011)