FAO-Generaldirektor: Aus für Fischler im ersten Wahlgang

Franz Fischler wird nicht FAO-Generaldirektor
Franz Fischler wird nicht FAO-Generaldirektor(c) AP (LAURENT GILLIERON)
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Der ehemalige EU-Agrarkommissar Franz Fischler ist bei der Wahl zum neuen FAO-Generaldirektor gescheitert. Der Brasilianer da Silva setzte sich durch.

Rom/Doe. Ursprünglich war Franz Fischler als großer Favorit auf den Chefposten der Welternährungsorganisation FAO gehandelt worden. Doch da sich Europa im Vorfeld nicht auf einen Kandidaten einigen konnte, war für den früheren EU-Agrarkommissar bereits nach dem ersten Wahlgang Schluss. Nur zehn Länder stimmten für Fischler, 72 für den früheren spanischen Außenminister Miguel Angel Moratinos.

Gewinnen konnte die Wahl um die Nachfolge des Senegalesen Jacques Diouf, der die FAO 17 Jahre lang geführt hatte, letztlich der aktuelle FAO-Vizedirektor Jose Graziano da Silva. Mit 92 zu 88 Stimmen schlug der Brasilianer seinen Herausforderer aus Spanien im zweiten Wahlgang.

Damit geht eine Ära bei der FAO zu Ende. Diouf, der die Organisation seit 1994 leitete, war trotz seiner mehrmaligen Wiederwahl immer umstritten gewesen. Viele in dem Koloss aus der Mussolini-Zeit am Circo Massimo werfen ihm vor, die Organisation allzu selbstherrlich geführt und lange Zeit Reformen verhindert zu haben.

Lula da Silva als Wahlwerber

Graziano da Silva galt von vornherein als einer des aussichtsreichsten Bewerber, und anders als der frühere spanische Außenminister Moratinos, verfügt er auch über einschlägige Erfahrung im Bereich der Landwirtschaft. Moratinos hatte zwar mit seinen guten internationalen Kontakten geworben, am Ende aber fehlte ihm doch die Unterstützung etlicher afrikanischer Länder.

Graziano da Silva dagegen hat in seiner Kampagne für die Wahl stets geltend gemacht, dass er nicht nur als Agraringenieur und Ökonom hoch qualifiziert sei. Der 61-Jährige kennt auch die FAO bereits bestens, derzeit ist er der regionale Vertreter der Organisation für Lateinamerika und die Karibik. Und er kann für sich in Anspruch nehmen, unter dem früheren Präsidenten Lula da Silva das höchst erfolgreiche Anti-Hunger-Programm „Fome Zero“ entworfen und umgesetzt zu haben.

Ursprünglich hatte Lula sogar selbst nach Rom zur Konferenz der FAO reisen wollen, um der Kandidatur noch mehr Gewicht zu verleihen. Brasilien, das aufsteigende Schwellenland, hat mehrfach beklagt, dass es trotz seiner wachsenden Bedeutung bisher keinen wichtigen multilateralen Posten innehat.

„Brasilien hat alles unternommen, um seinen Kandidaten durchzubringen“, sagte Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich in Rom. „Man wird sehen, ob Graziano da Silva die Kraft hat, die nötigen Reformen durchzuführen.“

Jacques Diouf hinterlässt dem Neuen tatsächlich ein schweres Erbe. Er muss die internen Reformen, die vor zwei Jahren endlich eingeleitet wurden, zu Ende führen, und das mit knappen Ressourcen und in einer Zeit, in der die FAO wegen der weltweit steigenden Lebensmittelpreise mehr Bedeutung erlangt hat.

Bereits am Samstag versprach Graziano da Silva in seiner Rede, die Reformen zügig zu Ende zu bringen und mahnte, dass Afrika, jener Kontinent, wo nach wie vor die meisten Menschen hungern, weiter im Zentrum der Bemühungen der FAO bleiben müsse.

Vorerst darf Graziano da Silva aber erst einmal sechs Monate nur zuschauen. Diouf bringt seine letzte sechsjähre Amtszeit noch zu Ende – und das, obwohl die FAO im Zuge der Reformen beschlossen hatte, dass alle künftigen Chefs der Organisation nur noch maximal zwei Mal vier Jahre im Amt sein dürfen.

Sein eigenes Mandat aber mochte der Afrikaner nicht beschneiden lassen, stattdessen wird Graziano da Silva nur dreieinhalb Jahre im Amt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2011)

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