Konsum auf Pump kommt oft teuer

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Immer mehr Branchen haben das Ratengeschäft für sich entdeckt, sogar kleine Beträge kann man abstottern. Verbraucherschützer warnen aber vor hohen Gesamtkosten.

Von Wirtschaftskrise wollen die meisten Österreicher nichts mehr wissen, mit dem Aufschwung zieht auch der Konsum wieder an. Christian Prantner, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer, warnt aber davor, sich von verlockenden Ratenangeboten täuschen zu lassen: „Wer auf Raten kauft, kauft oft sehr teuer.“ Zu bereits recht hohen Kreditzinsen kämen oft noch gesalzene Nebenkosten hinzu. Mehrere kleine Kredite können sich so zur immensen Belastung summieren.

In letzter Zeit gibt es neue Entwicklungen beim Geschäft auf Raten: Ließen früher vor allem Versandhäuser und – bei größeren Anschaffungen – Möbelgeschäfte oder Autohändler ihre Kunden den Einkauf abstottern, so sind in der Zwischenzeit weitere Branchen dazugekommen, etwa Elektrohändler und sogar Baumärkte. Und die finanzierten Beträge werden immer kleiner, auch der PC-Monitor oder die Stichsäge sind bereits auf Pump zu haben. Heuer ist auch noch die Kreditvertragsgebühr von 0,8 Prozent weggefallen. „Das hat den Markt noch einmal zusätzlich befeuert“, erklärt Gerhard Wagner, Prokurist des Kreditschutzverbandes von 1870.

Lieber alten Fernseher behalten?

Äußerst skeptisch betrachtet Alexander Maly, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Wien, diesen Konsum auf Kredit. Zinsen und Gebühren seien zu hoch, die Bonitätsprüfungen äußerst großzügig. Verstärkte Ratenangebote seien manchmal auch ein wirtschaftliches Alarmzeichen, solche habe es etwa vor der Insolvenz der Elektrokette Cosmos gegeben. Sein Rat: „Wer keine 500 Euro für einen neuen Fernseher zusammenkratzen kann, der soll sich mit dem alten zufriedengeben.“

Die Kritik an der Ratenpraxis kann Thomas Saliger, Unternehmenssprecher der XXX-Lutz-Gruppe, so nicht nachvollzieren. Diese Art der Finanzierung sei in seinem Unternehmen kein Geschäftsmodell, das man forciere, sondern ein Service. Positiv für gleiche Wettbewerbsbedingungen sei die schärfere Regelung durch das im Vorjahr beschlossene Verbraucherkreditgesetz. Es regelt die Vergleichbarkeit der oft äußerst unübersichtlichen Angebote, eine genauere Bonitätsprüfung und Informationspflicht über die Modalitäten sowie die Erleichterung von Rücktritt und Kündigung für die Konsumenten. Ebenfalls 2010 verbot der OGH irreführende Werbung mit Null-Prozent-Zinsangeboten, wenn der Effektivzins in Wirklichkeit höher ist.

Zu hohe Kreditkosten bemängelt auch die 2010 erschienene Ratenkauf-Studie des VKI, die Angebote von 16 Baumärkten, Elektrohändlern, Möbelhäusern und Versandhändlern untersucht hat.

Über 20 Prozent Effektivzins

In einem Fall wird mit einem nominalen Zinssatz von 5,29 Prozent geworben, während der Effektivzins mit allen Gebühren bei 11,79 Prozent liegt. Verzugszinsen schlagen bei einem anderen Beispiel mit fünf Prozent zu Buche.

Mit 21,7 Prozent besonders hoch sei die Zinsbelastung bei den Versandhändlern Otto, Neckermann und Universal Versand. Und: Die Zinssätze seien trotz des gefallenen Leitzinses seit 2008 teilweise sogar angestiegen. Verena Zadek von der Santander Consumer Bank, die für viele Unternehmen die Ratenfinanzierung übernimmt, relativiert allerdings: Jeder Kunde werde im Sinne des Verbraucherschutzgesetzes über die Finanzierung informiert. „Ihm sind also die Kosten eines solchen Ratenkaufes vor Abschluss des Kreditvertrages bewusst.“

Versteckte Ratenkäufe ortet Alexander Maly auch in den Angeboten vieler Telekomunternehmen, die teure Smartphones billig oder gratis an ihre Kunden abgeben, im Gegenzug aber langfristige Vertragsbindungen verlangen. Der Schuldnerberater fordert daher: „Mobilfunkunternehmen sollten in die strengen Auflagen des Verbraucherkreditgesetzes einbezogen werden.“ Naturgemäß anders sieht dies Maximilian Maier von der Branchenvertretung Forum Mobilkommunikation: Mobilfunkverträge seien Verträge eigener Art und könnten damit gar nicht unter die Ratengeschäfte fallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2011)

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