Die Innenministerin glaubt, dass die Wirtschaft durch die neue Rot-Weiß-Rot-Card fehlende qualifizierte Arbeitskräfte bekommt. Die umstrittene Mitwirkungspflicht von Asylwerbern sei "keine Schikane".
Am Freitag tritt das neue Fremdenrechtspaket in Kraft. Künftig steuert die Rot-Weiß-Rot-Card die Zuwanderung über ein Kriteriensystem. VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner geht davon aus, dass damit Österreich die der Wirtschaft fehlenden qualifizierten Arbeitskräfte bekommt.
Auch wenn es nun keine fixen Quoten mehr gibt, glaubt die Innenministerin nicht an einen Ansturm: "Massenzuwanderung muss keiner fürchten", betonte sie am Freitag. Schließlich müssten außer den Höchstqualifizierten alle anderen Arbeitnehmer im Bereich der Schlüsselkräfte einen Arbeitsplatz vorweisen müssen, um ins Land kommen zu können.
Die Rot-Weiß-Rot-Card ist übrigens nicht rot-weiß-rot, sondern rosa-blau-rosa. Der Grund dafür ist eine EU-Verordnung, die eine einheitliche Gestaltung von Aufenthaltstiteln in der Union vorschreibt. Eine andere Farbe wäre EU-widrig.
"Mitwirkungspflicht keine Schikane"
Besonders umstritten im neuen Fremdenrechts-Paket ist die Mitwirkungspflicht, die Asylwerber bis zu eine Woche an die Erstaufnahmestelle bindet. Mikl-Leitner betont, es handle sich "um keine Schikane". Die Maßnahme liege "im ureigensten Interesse" der Betroffenen. Man wolle den Asylwerbern nicht schaden, sondern diese "zur Mitwirkung einladen".
Es sei auch im Interesse der Flüchtlinge, dass die Erstabklärung der Fälle möglichst rasch ablaufe, um so ein zügiges Verfahren in die Wege zu leiten. Während der Mitwirkungspflicht würden alle notwendigen Untersuchungen durchgeführt und es würden Identität, Fluchtgründe und Fluchtwege abgefragt, erläuterte Mikl-Leitner. Damit könne auch schnell entschieden werden, ob Österreich oder ein anderes Land für das Verfahren zuständig ist.
An sich werden die Asylwerber nicht am Verlassen der Erstaufnahmestelle gehindert, allerdings müssen sie für die Befragungen stets zur Verfügung stehen. Daher könne ein Flüchtling auch festgenommen werden, wenn absehbar sei, dass er einen Termin versäume, betonte die Ministerin. Wer sich unerlaubt aus der Erstaufnahmestelle entfernt, kann mit Geldstrafen bzw. Schubhaft sanktioniert werden.
Seit 1. Juli ist das neue Fremdenrechtspaket in Kraft: Die Änderungen im Überblick:Mitwirkungspflicht: Asylwerbern ist es nun de facto untersagt, in der ersten Woche nach Stellen ihres Antrags die Erstaufnahmestelle (Traiskirchen, Thalham) zu verlassen. Bis zu 120 Stunden können die Flüchtlinge dazu angehalten werden, ständig für Befragungen am Gelände zur Verfügung zu stehen. (c) Clemens Fabry
Direkt gehindert am Verlassen der Erstaufnahmestelle werden die Asylwerber nicht. Jedoch drohen ihnen Sanktionen, wenn sie sich vom Gelände entfernen. Vorgesehen sind finanzielle Bußen oder Ersatzhaft bzw. in "Dublin"-Fällen - also wenn ein anderer Staat für das Verfahren zuständig ist - Schubhaft. Abgewickelt werden soll in der Woche Mitwirkungspflicht die erkennungsdienstliche Behandlung und die Durchsuchung, die Befragung durch die Sicherheitsdienste, die Einvernahme durch das Bundesasylamt sowie Gesundheitsuntersuchungen. Zudem erhält der Asylwerber eine Erstinformation in einer für ihn verständlichen Sprache. (c) Clemens Fabry
Flüchtlingen steht eine kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung, die allerdings nicht von Juristen durchgeführt werden muss. Ausgewählt werden die Berater in der Erstinstanz vom Innenministerium, in der Zweitinstanz vom Bundeskanzleramt. Sie haben ihre Tätigkeit "objektiv" durchzuführen und unterliegen der Amtsverschwiegenheit. Ausgewählt werden können neben Juristen auch Studienabsolventen, die eine dreijährige Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechts vorweisen können oder Nicht-Akademiker mit fünf Jahren Praxis. (c) APA (Roland Schlager)
Personen, die über die Familienzusammenführung oder als Angehörige einer Schlüsselkraft nach Österreich zuwandern wollen, müssen vor ihrer Ankunft über Deutschkenntnisse "auf einfachstem Niveau" verfügen. Dafür muss ein positives Zeugnis in einer geeigneten Einrichtung im Herkunftsland - beispielsweise einem Goethe-Institut - erreicht werden. Dieses darf nicht älter als ein Jahr sein. (c) Fabry
Die Integrations- Vereinbarung wurde derart verschärft, dass das Deutsch-Niveau A2 (der Zuwanderer muss kurze, einfache persönliche Briefe und klare und einfache Durchsagen verstehen) schon nach zwei statt wie bisher nach fünf Jahren erreicht sein muss. Schafft der Zuwanderer das nicht, drohen Sanktionen von Verwaltungsstrafen bis hin zur Ausweisung. Will jemand dauerhaften Aufenthalt in Österreich oder die Staatsbürgerschaft, muss er das Sprachniveau B1 erreichen, das heißt, sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern können. (c) Clemens Fabry
Statt über Quoten kommen Bürger aus Nicht-EU-Staaten nun über die Erfüllung von fachlichen Kriterien nach Österreich. Die notwendigen Punkte für den Erhalt einer "Rot-Weiß-Rot-Card" erringt man etwa über Deutschkenntnisse und einschlägige Fachausbildung. (c) Fabry
Von der Karte profitieren können "Hochqualifizierte" und "Schlüsselkräfte". Besonders hoch qualifizierte Arbeitskräfte können bei den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland ein Visum beantragen, das ihnen in Österreich die Möglichkeit gibt, innerhalb von sechs Monaten einen adäquaten Job zu finden. Gelingt dies, erhalten sie eine Rot-Weiß-Rot-Card und nach einem Jahr (bei mindestens 10-monatiger Beschäftigung) dann eine Rot-Weiß-Rot-Card plus, die einen freien Arbeitsmarktzugang bietet. Um in diese privilegierte Gruppe zu kommen, müssen 70 von maximal 100 Punkten des Kriterienkatalogs erreicht werden. (c) APA
Schlüsselkräfte müssen neben der Erfüllung der verlangten Kriterien eine fixe Jobzusage vorweisen. Die muss derart gestaltet sein, dass unter 30-Jährige mindestens 50 Prozent (derzeit 2.100 Euro) und Ältere 60 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage (2.520 Euro) brutto verdienen. Zudem muss das AMS eine Prüfung vornehmen, ob die Position nicht auch von einem österreichischen Arbeitnehmer oder einem am Arbeitsmarkt bereits integrierten Ausländer ausgefüllt werden könnte. Fachkräfte in Mangelberufen können vorerst noch nicht von der Rot-Weiß-Rot-Card profitieren. Die für sie geltenden Regeln werden frühestens mit Mai kommenden Jahres in Kraft treten. (c) Clemens Fabry
Ab heute gilt Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer. In der Wirtschaftskammer schüttelt man darüber den Kopf. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), wirbt für Verschärfungen im Fremdenrecht.