Rapid: Das Jahr des Erwachsenwerdens

Rapid Jahr Erwachsenwerdens
Rapid Jahr Erwachsenwerdens(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ M. Oberlaender)
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Peter Schöttel bei Rapid und Peter Stöger in Wr. Neustadt signalisieren eine neue Ära. Die Generation, die sich für die WM 1998 qualifizierte, übernimmt die Deutungshoheit von den 1978ern über den heimischen Fußball.

Wr. neustadt. Da saßen sie nebeneinander im engen, finsteren Pressekammerl eines Regionalligaklubs, den außergewöhnliche Umstände in die oberste Liga des österreichischen Fußballs gespült hatten. Der Verein hatte vor knapp zwei Viertelstunden gegen den größten und mächtigsten Verein des Landes, Rapid, 0:2 verloren, und eine Wolke aus Trotz und Trauer und Wasser tief über dem Wiener Neustädter Stadion machte den Abend nass.

Die zwei Männer plauderten noch eine dritte Viertelstunde zu den immer gleichen Fragen der kleinen Handvoll Reporter. „Du brauchst Geduld und musst an dich glauben“, sagte Schöttel. Bitter sei es, verlieren zu müssen, gab Stöger zu. Aber die Bitterkeit sei die Folge eines Fehlers gewesen, der dem sichtlich matten Steffen Hofmann Gelegenheit gab, in Seelenruhe eine Flanke in den Neustädter Strafraum zu schicken, welche der Rapidstürmer Atdhe Nuhiu mit einem Kopfstoß ins Tor verlängerte. Dem 0:1 folgte ein doppelter Fehler, wieder im Mittelfeld und zusätzlich durch den grundsätzlich sehr anstelligen jungen Tormann Jörg Siebenhandl – 0:2.

Ein spektakuläres Ende eines Spiels, dem trotz etlicher, kompetent versemmelter Torchancen kaum Begeisterung zuflog. Wie Stöger und Schöttel damit umgingen, hob den Abend über das Niveau des Bundesliga-Alltags. Kleine handwerkliche Details von zwei Exprofis statt Floskeln von Möchtegern-Promis. Das mag damit zusammenhängen, dass beide durch ihre Engagements für den ORF und Sky über Erfahrung im medientauglichen Ausdeuten von Spielen haben.

Siegeszug der 1998er-Generation

Doch der wahre Grund liegt in ihrer Vergangenheit als Vertreter der letzten akzeptablen Spielergeneration Österreichs für viele Jahre. Stöger/Schöttel spielten in der Nationalmannschaft, die sich souverän für die WM 1998 qualifizierte und langsam die Deutungshoheit von den 1978ern (Prohaska, Krankl, Schachner, Hickersberger, Jara) über den Fußball übernimmt.

Von den 1998ern arbeitet Ivica Vastić bei den Austria-Amateuren, Andi Heraf coacht die ÖFB U20 bei der WM in Kolumbien, Andi Herzog die U21, Didi Kühbauer hat die Admira in die oberste Liga geführt, Walter Kogler Innsbruck in der Liga gehalten. Toni Polster arbeitet beim Wiener Unterklasseklub Viktoria und Franz Wohlfahrt als Tormanntrainer beim ÖFB, Roman Mählich analysiert für den ORF.

Die wirklich interessanten Analysen von Schöttel zu Stöger und retour wären freilich die, welche der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Schöttel muss die bis auf die Knochen ausverkaufte Rapid wieder zu einer Mannschaft mit Witz und Wucht aufbauen. In Wiener Neustadt herrschte vor einer erratischen Verteidigung im Mittelfeld Rapids gähnende Leere. Steffen Hofmann hat mehr mit sich selbst zu tun als mit dem Gegner, der kümmert sich logischerweise kaum um ihn. Der Angriff, ein Rätsel. Nuhiu ist den Fans ein Ärgernis. Er sieht am Ball nicht nur patschert aus, wie Schöttel beschwichtigt, er ist patschert. René Gartler konnte sich gegen Neustädter nicht durchsetzen, und der Klubschützenkönig Salihi arbeitet für Schöttels Begriffe zu wenig.

Wie Stöger steht Schöttel vor dem Problem, in kürzester Zeit eine konkurrenzfähige Truppe aus dem Gras zu stampfen. Bloß hat Neustadt im Vergleich zu Rapid kaum finanzielle und personelle Ressourcen, dafür größere Sorgen, nämlich den Abstieg. Oder auch nicht, denn Rapid muss gewinnen, selbst wenn es errangelte Siege sind wie gegen die Admira und die Neustädter. Andernfalls werden die sich auf Schweige-Exerzitien befindlichen Fanscharen nie aufwachen.

tipp3-Bundesliga 2. Runde

1.Rapid2200406
2.Salzburg 2200306
3.Innsbruck2101333

4.Wr. Neustadt2101233
5.Sturm2020332
6.Ried1010111
7.Mattersburg2011341
8.Kapfenberg2011341
9.Admira2011131

10.Austria1001020

Innsbruck – Salzburg 0:1 (0:0), Tor: Alan (50., Elfmeter)

Admira – Kapfenberg1:1 (0:0), Tore: Jezek (Elfmeter, 78.) bzw. Ordos (93.)

Sturm – Mattersburg 2:2 (1:1), Tore: Kienast (10.), Muratovic (Elfm., 82.) bzw. Bürger (21.), Seidl (46.)

Wr. Neustadt – Rapid 0:2 (0:0), Tore: Nuhiu (91.), Gartler (93.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2011)

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