Pilot: Weltenbummler mit Alltagsstress

(c) APA (Georg Hochmuth)
  • Drucken

Ständig unterwegs, die Welt und die Wolken von oben sehen? Pilot zu sein gilt als Traumjob. Worauf man sich wirklich einstellen muss und welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind.

„Piloten ist nichts verboten, drum gib Vollgas und flieg um die Welt. Such dir die schönste Sternenschnuppe aus und bring sie deinem Mädel mit nach Haus.“ Das sang Hans Albers in den 1930er-Jahren, und rund 50Jahre später Extrabreit in einer deutlich rhythmischeren Version von „Flieger, grüß mir die Sonne“.

Traum, Virus, Spaßfaktor

Heute ist die Faszination für den Beruf ungebrochen, ebenso aktuell ist die männlich-traditionelle Sicht auf die Dinge: „Als Pilot hat man das Image, viel Geld zu verdienen, über den Wolken zu schweben und in jeder Stadt eine andere Frau zu haben“, sagt Gerald Kretschmer, Head of Training bei FTOnline Aviation.

Der Traum sei nach wie vor lebendig, bestätigt Stefan Kubinski, Geschäftsführer der eaa Aviation Academy: „Pilot als Kindheitswunsch ist definitiv immer noch der primäre Grund, warum viele Menschen eine Ausbildung zum Linienpiloten anstreben.“ Ohne dieses Virus könne man den Beruf heutzutage allerdings nur schwer ausüben, sagt Gerald Kretschmer. Man sei ständig im Einsatz, habe keine Zeit für die Familie und fühle sich oft einsam. Allerdings räumt er, der neben der Fliegerei noch Airtransport-Management studiert hat, ein, dass der Spaßfaktor unübertroffen sei: „Und genau deshalb würde ich es wieder machen.“

Je jünger, desto besser

Wer das Leben auf Achse liebt und Verkehrspilot werden will, muss mindestens 18Jahre alt sein. Außerdem empfiehlt es sich, die Matura in der Tasche zu haben oder wahlweise eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen zu können. „Für einen Arbeitsplatz im Linienbetrieb ist ein Alter bis knapp über 30 zu Beginn der Ausbildung die Obergrenze. Generell gilt hier: je jünger, je besser“, sagt Stefan Kubinski. Weiters ist eine medizinische Untersuchung, das sogenannte Medical, zu absolvieren. Neben einer allgemeinen geistigen und körperlichen Tauglichkeit ist besonders die Untersuchung der Augen von großer Bedeutung. „Entgegen anderer Annahmen ist es sehr wohl erlaubt, eine Brille zu tragen“, erläutert Gerald Kretschmer. Was ausschlaggebend ist: Bei der Erstuntersuchung darf die Sehschwäche nicht mehr als drei Dioptrien betragen. Auch eine Rot-Grün-Blindheit darf nicht vorliegen. Ein Strafregisterauszug, der idealerweise keine Zollvergehen oder Verkehrsdelikte ausweisen soll, vervollständigt die formalen Anforderungen. Charakterlich werde laut Kretschmer Teamfähigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erwartet. Auch Belastbarkeit, technisches Verständnis und Durchsetzungskraft können nicht schaden.

Fliegen auf Sicht

Verkehrs- oder Linienpiloten besitzen die ATPL(A)-Lizenz und damit die Erlaubnis, entgeltlich Flüge zur Personen- und Frachtbeförderung als verantwortlicher Pilot (PIC) im Linien- oder Bedarfsverkehr durchzuführen. Da man für die Pilotenausbildung keinerlei fachliche Vorkenntnisse haben muss, empfiehlt es sich, das „Handwerk“ von der Pike auf zu lernen. Man beginnt mit dem Privatpilotenschein und lernt erst einmal das Fliegen auf Sicht. Dann folgen die Instrumentenflugausbildung, die Klassenberechtigung für mehrmotorige (Sport-)Flugzeuge und die CPL(A)-Lizenz für Berufspiloten. Will man dann die Air Transport Pilot Licence beantragen, muss man mindestens 1500 Flugstunden als Kopilot absolviert haben.

Außerdem empfiehlt sich für den Einstieg ins Airline-Business ein Multi Crew Cockpit/Operators Conversion Course, um sich auf die Kommunikation innerhalb des Cockpit-Teams vorzubereiten. „Frisch ausgebildete Piloten fliegen zunächst als Kopiloten, First Officer und haben später die Chance, Pilot zu werden“, sagt Michael Braun, Pressesprecher der Austrian Airlines. Die heimische Fluglinie bildet ihre Flugzeugführer rein anlassbezogen, also „on demand“ aus, und arbeitet dabei mit dem Lufthansa Flight Training zusammen.

Die Ausbildung bis zum Linetraining dauert hier 18Monate. Bei FTOnline dauert der Weg vom Traum zur Realität zwischen zwei und zweieinhalb Jahren. Macht ein Pilot noch diverse Ausbildungen zum Führen spezieller Flugzeuge wie des Airbus oder einer 737-Maschine, hat er laut Gerald Kretschmer rund 80.000Euro investiert.

Optimistisch blickt Stefan Kubinski in die Zukunft, denn seiner Ansicht nach hat ein Pilot mehrere Möglichkeiten, über den Dingen zu schweben. Einerseits böten die großen, international tätigen Airlines sogenannte Ab-initio-Pilotenausbildungen an, wo die Kosten zum einen Teil von den zukünftigen Piloten selbst und zum anderen Teil von der jeweiligen Airline getragen werden. Je nach wirtschaftlicher Situation stünde dann unmittelbar am Ende der Ausbildung der ersehnte Cockpitarbeitsplatz.

Zuerst lernen, dann bezahlen

Wer eine Ausbildung bei den Austrian Airlines erhaschen kann, darf anfangs als First Officer mit 3500 Euro und als Reliefpilot, also als Kapitänsstellvertreter bei dessen Ruhepausen im Flug auf Langstrecken, mit fünf Prozent mehr rechnen. Kapitäne verdienen 6500 Euro. Das Ausbildungsgeld wird dabei vorfinanziert und kann dann, dank der guten Bezahlung, ohne große Sorgen refundiert werden. Zwischen 15 und 25Piloten machen pro Jahr diese Ausbildung, mit ambivalenten Berufsaussichten. „Laut diverser Fachmagazine und Internetforen werden bis 2030 pro Jahr ungefähr 23.000 neue Piloten weltweit benötigt, da in den nächsten 20Jahren weltweit 40.000 neue Flugzeuge ausgeliefert werden“, sagt Karin Mogy, Managing Director beim Jet Alliance Flight Training.

Jobchancen: positiv

Die deutsche Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit spricht hingegen von ständigen Schwankungen. Manchmal herrsche bei den Fluglinien Einstellungsstopp, dann wiederum würden händeringend Piloten gesucht. Deswegen könne man auch keine kurzfristigen Prognosen abgeben. À la longue allerdings geht die Gewerkschaft von einer weiteren Expansion des Flugverkehrs aus. „2008 gab es eine Hochzeit für Piloten, doch nach der Wirtschaftskrise haben viele die Branche gewechselt oder sind in den asiatischen Raum gegangen. Inzwischen erholt sich die Lage aber wieder, vor allem für Linienpiloten“, sagt Gerald Kretschmer.

Zudem gebe es eine Vielzahl an Geschäftsreiseflugzeugen im Besitz von Privatpersonen und Unternehmen als Arbeitsplatz, so Kubinski: „Die Berufschancen sind aufgrund der demografischen Überalterung und dem prognostizierten Wachstum der Luftfahrbranche derzeit sehr positiv einzuschätzen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weiterbildung

Die unzähligen Rädchen des Flugbetriebes

Personal: Hinter den Kulissen arbeitet eine große Zahl unterschiedlicher Berufsgruppen, die den reibungslosen Flugverkehr erst möglich machen.
Weiterbildung

Immer voll auf Achse

Flugrettung: Wie wird man Christophorus-Pilot? Was muss man können? Informationen und Eindrücke eines Rettungsfliegers, der seit zehn Jahren im Dienst ist.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.