„Köchelnder Unmut“ an der Basis und erste Ablösespekulationen

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Bundeskanzler Werner Faymann gerät immer mehr unter Druck. Der SPÖ-Chef Faymann agiere abgehoben, kritisieren jetzt Funktionäre, die sich auch schon mit möglichen Folgen der Inseratenaffäre beschäftigen.

Werner Faymann hat schon entspannter gelächelt. Wer den Bundeskanzler dieser Tage sieht, bekommt den Eindruck, er habe eine Zitrone gefrühstückt. Das säuerliche Aussehen hat einen guten Grund: Der SPÖ-Chef gerät in der Affäre um freihändig vergebene Inserate während seiner Zeit als Infrastrukturminister immer stärker unter Druck. Nicht nur durch den Koalitionspartner und die Enthüllungen in einigen Medien, sondern zunehmend auch in der eigenen Partei. „Die“, sagt ein SPÖ-Funktionär und meint mit „die“ das Kanzlerbüro, „haben die Dimension offenbar noch immer nicht ganz verstanden. Die Sache könnte Faymann den Job kosten.“

Die Vermutung ist nicht allzu weit hergeholt. Tatsächlich kursiert seit einiger Zeit folgendes Szenario in Koalitionskreisen: Wenn der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu den Korruptionsvorwürfen – von der Telekom bis zu Faymanns Inseratenvergabe – im Spätherbst tatsächlich seine Arbeit aufnehme, könnte der Druck auf Faymann so groß werden, dass er als Bundeskanzler nicht mehr tragbar ist. Für diesen Fall haben die Genossen bereits einen Ersatz parat: Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der erst im September 60 geworden ist, gilt als klarer Favorit für die Nachfolge. Er weist solche Gerüchte mittlerweile ziemlich genervt als bloße Spekulation zurück, er wäre aber ein guter Kandidat für die Basis und die Funktionäre.

Dort gebe es nämlich „köchelnden Unmut“ über das Agieren des Kanzlerbüros, wie ein SPÖ-Parlamentarier berichtet. Das habe einerseits generell mit der Art und Weise zu tun, wie Entscheidungen getroffen werden. Faymann umgebe sich mit einem kleinen Kreis an Vertrauten – dazu gehört unter anderem Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas –, die die politischen Linien erarbeiten und vorgeben würden. „Was entschieden wurde, erfahren wir teilweise erst aus den Medien.“

Die Kommunikation innerhalb der Partei gehe nie „nach unten“ und komme auch nicht „von unten“. Der Mandatar: „Auf unsere Meinung legt man eh keinen Wert.“ Das habe zur Folge, dass der Kontakt fehle: „Die wissen ja gar nicht, was bei uns los ist.“

Zurücklehnen und zuschauen

Das habe sich bei der Inseratenaffäre gezeigt, als sich das Kanzlerbüro nach der „Vogel-Strauß-Manier verhielt: Kopf in den Sand und alles vorbeiziehen lassen“. Sogar nach dem „nicht wirklich glücklichen“ Auftritt von Staatssekretär Josef Ostermayer zu der Inseratenaffäre in der „ZiB 2“ habe man auf dem Ballhausplatz den Eindruck gehabt, „dass das alles bald wieder in der Versenkung verschwindet“. Allen anderen sei klar gewesen, dass „wir das unmöglich durchtauchen können“.

Es habe aber des Drucks des Klubs und einiger Landespolitiker bedurft, um Faymann und seinen Beratern klarzumachen, dass ein U-Ausschuss unter Ausklammerung der Inseratenaffäre nicht möglich sei.

Was dem Bundeskanzler und SPÖ-Chef derzeit helfe, seien die Umfragen. „So lange wir gut liegen, wird es keinen Aufstand geben.“ Er habe aber den Eindruck, dass „sich derzeit viele zurücklehnen und sich anschauen, was herauskommt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2011)

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