Morgen sollen die neuen Smartphones der Finnen präsentiert werden. Für den Hersteller steht alles auf dem Spiel. Derzeit können sowohl Nokia als auch Microsoft nur gewinnen.
Das Smartphone-Geschäft sieht schlecht aus für den traditionsreichen Hersteller Nokia. Allein im letzten Quartal verkauften die Finnen um 39 Prozent weniger Smartphones als im selben Zeitraum Zeit 2010. Das ist auch nicht unbedingt verwunderlich, warten doch alle noch verbliebenen Fans des Unternehmens darauf, was Nokia am 26. Oktober in London vorstellen wird. Dass es zumindest ein Flaggschiff-Smartphone mit Microsofts Handy-Software Windows Phone 7.5 "Mango" sein wird, gilt als gesichert. Berichten zufolge könnten aber noch weitere Geräte für Mittwoch in der Pipeline sein. DiePresse.com wird auf jeden Fall vor Ort sein und berichten.
Strategiewechsel
Mit dem Nokia N9 ist das erste Smartphone mit MeeGo-Betriebssystem erschienen - und vermutlich auch das letzte. Hätte das N9 überhaupt das Potenzial, Nokias Zukunft zu verändern? DiePresse.com hat das Smartphone ausführlich getestet, um genau das herauszufinden.Zum vollständigen Testbericht >>>Text und Bilder: Daniel Breuss (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Wer sich über den Nagellack wundert: Nokia schickte zusammen mit dem Testgerät auch drei Fläschchen mit Nagellack, passend zu den verfügbaren Gerätefarben des N9: Magenta, Cyan und Schwarz. In der Redaktion werden erstere aber eher "Rosa" und "Blau" genannt. Wie von unseren Facebook-Fans gewünscht, wurde auch der Nagellack getestet. Mangels Qualifikation können wir aber kein brauchbares Urteil abgeben. Humorfreie Leser bitten wir, uns diesen kleinen Spaß nachzusehen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Zurück zum Handy. Es schaut trotz seiner Schlichtheit wirklich gut aus und fühlt sich hochwertig an. Gegen den Branchentrend nutzt Nokia nicht Aluminium, sondern einen "Polycarbonat" getauften Kunststoff für das Gehäuse. Bei Materialanmutung und Verarbeitungsqualität können sich andere Hersteller noch einiges abschauen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Bei den Anschlüssen gibt sich das N9 mager. Lediglich eine Kopfhörerbuchse und ein Micro-USB-Anschluss sind verfügbar. Letzterer auch nur, wenn man eine Klappe am oberen Ende des Geräts öffnet. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
An der rechten Seite gibt es die einzigen drei Tasten: Einschalten, lauter, leise. Das war es. Leider fällt die Lautstärkewippe recht klein aus, im Betrieb kann man "lauter" und "leiser" leicht verwechseln. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Einmal eingeschaltet, zeigt das N9 immer die Uhrzeit an, selbst im Standby. Auch eingegangene E-Mails, Nachrichten oder verpasste Anrufe sind auf einen Blick sichtbar. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Aufgeweckt wird das Gerät wahlweise über den seitlichen Einschaltknopf oder indem man den Bildschirm doppelt antippt. Dank "Clear Black" AMOLED-Technik strahlen die 854 x 480 Pixel in leuchtenden, kräftigen, ganz leicht übersättigten Farben. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Hereinkommende Nachrichten, sei es per E-Mail, SMS, Skype oder Facebook, werden direkt auf dem Sperrbildschirm angezeigt. Zieht man eine dieser Benachrichtungen zur Seite, öffnet sich direkt das relevante Programm dafür. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Die E-Mail-Anwendung ist klar und Übersichtlich. Auch hier dominiert die Gestensteuerung. Per Wischer kann man gerade geöffnete Nachrichten durchblättern. Hier ist aber Vorsicht geboten, damit man nicht zu weit am Rand mit der Fingergeste beginnt. Ansonsten schließt sich die App wieder zum Ärger des Benutzers. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Wischt man den Sperrbildschirm oder eine gerade geöffnete Anwendung zur Seite, landet man im Startbildschirm mit allen installierten Apps. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Aufgrund der stiefmütterlichen Unterstützung, die MeeGo erfährt, ist das App-Angebot im Nokia Store recht mager. Einige wichtige Anwendungen sind aber bereits vorinstalliert. Neben Twitter und Facebook gibt es Unterstützung für Skype, sowie eine Notizanwendung. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Wischt man Vom Startbildschirm nach links, öffnet sich die Ansicht für Nachrichten-Feeds, Benachrichtigungen und das aktuelle Wetter. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Die diversen Benutzerkonten für Facebook, Twitter, Skype, E-Mail und weitere Dienste lassen sich bequem über eine zentrale Einstellungsmaske verwalten. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Unter "Mitteilungen" verwaltet das N9 alle hereinkommenden Nachrichten, egal ob SMS, Skype oder Facebook. Eine praktische Funktion, die es aber in ähnlicher Form auch bei Microsofts Windows Phone 7.5 "Mango" gibt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Tippen klappt zwar ganz gut, aber nicht so reibungslos wie auf anderen Geräten. Dafür sind die Umlaute bereits als eigene Schaltflächen eingefügt und müssen nicht erst über langes Drücken von A, O oder U aufgerufen werden. Die Rechtschreibkorrektur ist leider nur ein vernachlässigbarer Aufsatz. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Wischt man vom Startbildschirm aus nach rechts, erscheint die Multitasking-Ansicht mit je vier gleichzeitig sichtbaren Vorschaubildern. Diese zeigen nicht nur statische Bilder dar, sondern Live-Ansichten. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Interessant für den Alltag ist die Navigationsfunktion. "Karten" ist Nokias Pendant zu Google Maps und hilft dem Nutzer, die Orientierung zu finden. Eine Fußgänger-Navigation ist inkludiert. Startet man die separate Navigations-App, kann man das N9 auch als Auto-Navi einsetzen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Die Kalender-Anwendung gibt sich schlicht, aber übersichtlich. Leider fehlt eine Wochenansicht. Neben der Monats- und Tages-Ansicht gibt es nur noch eine Liste aller Termine. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Recht kreativ hat Nokia beim N9 die Art und Weise gelöst, wie man die Uhrzeit einstellt. Zwei konzentrische Kreise simulieren Minuten und Stunden. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Die Kamera bietet auf dem Papier eine Auflösung von 8 Megapixel. Diese stehen aber nur dann zur Verfügung, wenn man im Format 4:3 fotografiert. Will man das klassische Foto-Format 3:2 oder das bildschirmfüllende 16:9 nutzen, reduziert sich die Auflösung auf 7 Megapixel. Die Qualität ist durchwegs in Ordnung, kann aber nicht ganz mit der Kamera des Vorjahresmodells N8 mithalten. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Der mitgelieferte Browser funktioniert brauchbar, allerdings ohne Flash und ohne Tabs. Häufig besuchte Websites werden in der Startansicht mit vergrößerter Schrift dargestellt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Statt Tabs wird jede neu geöffnete Seite als eigenes Fenster in der Multitasking-Ansicht dargestellt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Der Nokia Store ist zwar gefüllt, allerdings nicht unbedingt bis zum Bersten voll. Zahlreiche Branchengrößen, wie etwa die Produktivitäts-Tools "Evernote" und "Dropbox" fehlen etwa. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, dass man nicht allzu viele Apps installieren kann. Beim Speicherplatz knausert das N9 nämlich etwas. Nokia preist das N9 in seiner Basisversion als Smartphone mit 16 Gigabyte an. Davon sind aber 4,2 GB für Apps reserviert und 2,1 GB für Programmdaten. Bleiben also noch 9,5 GB an Speicherplatz, den das N9 seinem Nutzer gewährt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Liebe zum Detail haben die Designer beim Ladegerät bewiesen. Einmal eingesteckt, schließt was fast nahtlos mit handelsüblichen Steckdosen ab und wirkt mehr wie ein Drehschalter. Zieht man das USB-Ladekabel vom Gerät ab, weist das Handy seinen Besitzer darauf hin, doch das Ladegerät auch auszustecken, um Strom zu sparen. Eine liebenswürdige Geste. (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Das Nokia N9 bietet ein erfrischendes Bedienkonzept gepaart mit solider und ansehnlicher Hardware. Aufgrund des mageren App-Angebots und diverser Ungereimtheiten im System kann das Smartphone aber nicht uneingeschränkt empfohlen werden.Zum ausführlichen Fazit >>> (c) Presse Digital (Daniel Breuss)
Das erste und letzte seiner Art
Für Nokia steht viel auf dem Spiel. Als Firmenchef Stephen Elop im Februar die neue Strategie, die voll auf Microsoft setzt, angekündigt hatte, ging ein Raunen durch die Branche. "Sie haben das Unternehmen auf Microsoft gewettet", sagte Windows-Phone-Spartenchef Andy Lees kürzlich. Bis zum Jahreswechsel hatte Nokia voll auf Symbian gesetzt. Dieses System wurde inzwischen an Accenture ausgelagert. Der Hoffnungsträger des Vorjahres, das gemeinsam mit Intel vorgestellte MeeGo, brachte mit dem N9 zwar ein Gerät hervor. Trotz Nokias Zusicherung, die Software bis 2015 zu unterstützen, ist die Zukunft des Betriebssystem mehr als ungewiss. In diversen Tests konnte sich das N9 aber durchaus mit der Konkurrenz messen.
Die Hardware des N9 dürfte auch für mindestens eines der Windows Phones genutzt werden. Bisher geisterten Bilder eines "Sea Crest" getauften Prototypen durch diverse Blogs und Foren, der stark dem MeeGo-Gerät ähnelte. Und ein angebliches Nokia-Inserat bewarb ein solches Gerät mit dem Titel Nokia 800. Dessen Echtheit ist aber bisher nicht bestätigt. Aufgrund Nokias aktueller Nomenklatur könnte es sich aber tatsächlich um ein Gerät mit diesem Namen handeln.
Hardware-Vorteile
Ob es Nokia schafft, mit seinen Windows Phones die Massen anzusprechen, müssen die nächsten Monate zeigen. Das N9 war zumindest ein Beweis dafür, dass Nokia das Hardware-Bauen nicht verlernt hat. In Sachen Verarbeitungsqualität und Materialanmutung können sich anderer Hersteller hier noch eine Scheiben abschneiden. Spannend bleibt die Frage, wie Nokia es schaffen wird, sich vom Rest der Windows-Phone-Hersteller zu differenzieren. HTC und Samsung haben bereits Geräte auf dem Markt, die mit Zusatzfunktionen und speziell nur für ihre Modelle verfügbare Apps zu punkten versuchen.
Bei Nokia gibt es eine Anwendung, die schon bisher das Alleinstellungsmerkmal seiner Mobiltelefone war. Dank des Navteq-Zukaufs verfügen die Finnen über eine gute Navigationslösung, die sie ihren Kunden kostenlos zur Verfügung stellen. Wer sich also Geld für ein separates Navi oder eine der gängigen Apps, die um die 60 Euro kosten, sparen will, könnte bei Nokia fündig werden. Wie die Implementation der Navigation aber unter Windows Phone aussieht, ist noch unklar.
Aufholjagd notwendig
Die Software wird auf der neuesten Microsoft-Version mit Codenamen "Mango" basieren. Durch zahlreiche Verbesserungen hat das Betriebssystemin dieser Fassung einige positive Kritiken einheimsen können. Ob das aber genug sein wird, um der wachsenden Flut an Android-Geräten und Apples iPhone-Übermacht etwas entgegensetzen zu können, muss sich erst zeigen. Die App-Entwickler dürften so denken. Der Marketplace für Windows Phone ist der am schnellsten wachsende App Store auf dem Mobilmarkt. Jetzt müsste nur noch Windows Phone wachsen. Derzeit liegen seine Marktanteile in geringen Prozentbereichen. Vielleicht könnte Nokia daran etwas ändern. Aufgrund dessen aktuellen Verkaufszahlen gibt es derzeit aber starke Zweifel.
Gleich vier neue Geräte der Produktschiene wirft Nokia auf den Markt. Die Geräte sollen vor allem in Schwellenländern abgesetzt werden. Ein neuer Browser soll Datenvolumen sparen.
Nokia verkauft im vergangenen Quartal fast 40 Prozent weniger Smartphones und macht 68 Millionen Euro Verlust. Der Nettoumsatz brach im vergangenen Quartal um 13 Prozent auf knapp neun Mrd. Euro ein.
Das Smartphone setzt auf das ungewöhnliche MeeGo-Betriebssystem. DiePresse.com hat geprüft, ob es mit der Konkurrenz mithalten kann. Die "Swipe"-Bedienung hebt das Gerät aus dem Mitbewerb hervor.
Nokia bringt sein esrtes und letztes Handy mit MeeGo-Betriebssystem auch nach Österreich. Termin und Preis stehen fest, die Zukunft von MeeGo sieht aber schlecht aus.
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