Energiefragen im Bestand

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Die thermische Sanierung von Gründerzeithäusern wird auf dem Markt noch nicht sehr geschätzt. Doch der Bestand verlangt danach.

100Jahre und noch mehr – so alt sind klassische Gründerzeit-Zinshäuser. Klarerweise taucht da das Thema Sanierung in der Bewirtschaftung oft auf. Und in letzter Zeit stellt sich dabei häufig die Frage, ob man bei alledem auch dem Energiespargedanken folgen soll.

„Wenn schon sanieren, dann ist es unser Ziel, das auch energetisch gut zu machen“, sagt Bauträger Hans-Jörg Ulreich, der mit seinem Unternehmen Projektentwicklungen im Zinshausbereich durchführt. Für ihn stellen die technischen Fragen dabei kein unüberwindbares Problem dar. Wenn man das Heizsystem umstelle, die Fenster isoliere und am Dach und im Keller Maßnahmen setze, könne dies sehr effektiv sein.

Ähnlich sieht das Michael Baert, Geschäftsführer von Premium Bauträger: „Durch energieeffiziente Sanierungskonzepte und die Umstellung auf Fernwärme ersparen sich die Mieter 62Prozent der Heizkosten.“ Das Unternehmen setzt gezielt Zinshaus-Sanierungsprojekte um und hat bereits 150Gebäude renoviert.

Knackpunkt Rentabilität

Als Knackpunkt für die Sanierungsaufwendungen wird die Kostenfrage gesehen – und wie schnell sich die Investitionen amortisieren. Die Rentabilität ist nämlich limitiert, wenn der Richtmietzins beschränkt ist. „Nach der Sanierung können wir sieben bis acht Euro pro Quadratmeter an Miete verlangen“, meint der Vorstand von Premium Immobilien, Walter Wittmann. Er sieht trotzdem Vorteile in Bezug auf die Vermarktung der Objekte: „Die Betriebskosten werden heute praktisch als eine zweite Miete gesehen.“ Sind diese niedrig, wäre auch die Vermietung gesichert.

Kein starkes Argument?

Noch aber sei Energieeffizienz kein starkes Argument auf dem Mietermarkt: „Thermische Sanierungen werden von den Mietern derzeit noch etwas zu wenig wertgeschätzt“, meint Ernst Kreihsler, Mitglied des Vorstandes von CPI Immobilien und rechnet hoch: „Der Mehrwert an Wohnqualität und die Ersparnis beim Energieverbrauch schlagen sich nicht im Ausmaß der erzielbaren Miete nieder.“ Welche Möglichkeiten gibt es heute, beide Ziele – Energieeffizienz und eine adäquate Miete – unter einen Hut zu bringen? Ein Schritt kann der Ausbau des Dachgeschoßes sein. Allein das Entfernen des alten Dachstuhls in Kombination mit dem Ausbau des letzten Geschoßes wirkt sich positiv auf die Energiebilanz eines Zinshauses aus, hört man bei Premium Immobilien. Ein weiterer Vorteil: Die Vermietung der dort geschaffenen attraktiven Wohnflächen ist nicht vom Richtmietzins betroffen. Und somit könne man die Miete auch höher ansetzen.

Energetische Maßnahmen im Bereich der Fassade sind in vielen Fällen hingegen nicht möglich, zumindest wenn diese stark strukturiert und möglicherweise sogar unter Schutz gestellt ist. Ulreich, Bauträgersprecher im Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer (WKÖ), betont hingegen, dass auch da optimiert werden könne. „Die Hoffassade kann man jedenfalls sanieren, und es kann mitunter auch sinnvoll sein, die alte Fassade abzuschlagen und sie zu erneuern.“ Für ihn stellt sich dabei vor allem die Frage, ob die Fassade selbst schadhaft ist.

Wer soll das bezahlen?

Renovierungsprojekte zeigen aber, dass beim Ressourcensparen mehr getan werden könnte. Isolierende Außenanstriche oder der gezielte Einsatz von Solarstrom etwa sind mögliche Maßnahmen.

Die Energiefrage beim Gründerzeithaus will Ulreich jedenfalls nicht ausgeklammert wissen: „Es gibt 35.000 solcher Häuser in Wien, und viele von ihnen stehen energetisch sehr schlecht da.“ Potenzial zu sparen ist in der Bundeshauptstadt und anderswo also genug vorhanden, die Relation der Erträge zu den Kosten einer thermischen Sanierung ist aber in der Branche häufig ein Hindernis, um energiesparende Standards anzustreben.

Einen Vorschlag, um die Ausgangslage zu verändern, macht Ernst Kreihsler: „Ein entsprechend hoher Zuschlag beim mietrechtlichen Richtwertsystem für das Erreichen einer niedrigen Energiekennzahl wäre das richtige Signal, um Immobilienentwickler zur thermischen Sanierung von Gründerzeithäusern zu bewegen.“ Voraussetzung dafür wäre allerdings die Einführung der Energieausweispflicht auch für Gebäude mit wertvollen Strukturfassaden beziehungsweise in Schutzgebieten.

Wolfgang Amann, Leiter des Institutes für Immobilien, Bauen und Wohnen, sieht für derartige Bestrebungen mietrechtlichen Klärungsbedarf und kommentiert: „Thermische Sanierungen stehen in einem Spannungsfeld, weil Mieter grundsätzlich nicht unmittelbar für die Erhaltung oder die Verbesserung des Gebäudes aufzukommen haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2011)


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