Eine Berufungskommission hat den Absetzungs-Bescheid aufgehoben. Entacher ist ab morgen wieder als Generalstabschef im Einsatz. Davor will er "ein bisschen feiern".
Es ist eine schmerzliche Niederlage für SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos: Sein Ressort hat den Rechtsstreit gegen Edmund Entacher verloren.
Der Bescheid zur Absetzung des Generalstabschefs wurde von der Berufungskommission im Bundeskanzleramt aufgehoben. Der 62-Jährige wird in seine alte Funktion zurückkehren, bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag. "Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben. Damit ist die Versetzung von General Entacher rechtlich nicht möglich", hieß es aus dem Ministerium.
Darabos nimmt die Entscheidung "selbstverständlich zur Kenntnis": "Für mich steht jedoch die Notwendigkeit der Reform des Bundesheeres außer Diskussion. Auf diesem politischen Reformweg werde ich mich als verantwortlicher Minister auch durch eine dienstrechtliche Entscheidung nicht abbringen lassen", erklärte der Minister in einer Aussendung.
Entacher "Werde heute Abend feiern gehen"
Entacher wird bereits am Dienstag an seinen Arbeitsplatz als Generalstabschef zurückkehren. Die Entscheidung der Berufungskommission sei für ihn eine persönliche Erleichterung, der Meinungsfreiheit sei zum Durchbruch verholfen worden, sagte er: "Jetzt werde ich im kleinen Freundeskreis bis heute Abend ein bisschen feiern gehen".
In den Chor jener, die Darabos' Rücktritt fordern, wollte er sich nicht einreihen. "So spitz möchte ich das nicht sehen. Ich habe vor dieser Affäre immer ein gutes Verhältnis zum Minister gehabt. Ich arbeite professionell, und wenn man korrekt arbeitet, gibt es keinen Grund, warum das nicht funktionieren sollte."
Der rote General hat sein letztes Gefecht erfolgreich geschlagen. Generalstabschef Edmund Entacher, der in der Schlacht um die Wehrpflicht zum größten Gegner seiner eigenen Partei und von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos geworden war, geht nach der Volksbefragung als Sieger vom Feld - und in den Ruhestand. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Dass Darabos und Entacher überhaupt einmal zu Gegnern werden würden, hätten sie sich beim Antritt des Generalstabschefs 2008 wohl auch nicht träumen lassen. Schließlich war Entacher einer der wenigen SP-nahen Offiziere, der im VP-dominierten Bundesheer immer das rote Fähnchen hochgehalten hat.Ein Rückblick auf den Werdegang des Widerspenstigen. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Seine Militärkarriere hat der verwitwete Vater zweier Kinder schon früh begonnen. Von 1972 bis 1974 absolvierte er die Militärakademie in Wiener Neustadt. Anschließend war er als Zugs- und Kompaniekommandant beim Jägerbataillon 21 in Kufstein eingesetzt. (c) APA (BUNDESHEER/CHRISTIAN)
Nach dem Generalstabslehrgang (1979 bis 1982) war er für die Offiziersausbildung an der Militärakademie verantwortlich. (c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
Später war Entacher Kommandant des Jagdpanzerbataillons 1 in Wiener Neustadt und führte zehn Jahre die 3. Panzergrenadierbrigade in Mautern. Von 2002 bis 2006 war er Kommandant des Kommandos Landstreitkräfte in Salzburg und seit 2006 Milizbeauftragter im Verteidigungsministerium. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
Entacher musste dennoch lange auf den Aufstieg nach ganz oben warten. 2005 war er mit seiner Bewerbung für den Streitkräftekommandanten noch gescheitert. 2007 übernahm er dann die Funktion des Generalstabschefs interimistisch, 2008 wurde er offiziell zu diesem bestellt. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Dass ihm Darabos drei Jahre später einen demütigenden Abgang bescherte, kann nur als Ironie des Schicksals bezeichnet werden. Ende 2010 waren der Minister und sein Generalstabschef noch gemeinsam strikt gegen die Abschaffung der Wehrpflicht aufgetreten, doch plötzlich bog Darabos ab und wollte ein Berufsheer einführen. Entacher blieb bei seinem Standpunkt. Daraufhin berief Darabos den General ab - wegen "Vertrauensverlusts". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Im November 2011 errang Generalstabschef dann einen Sieg: Die Berufungskommission hob den Versetzungsbescheid von Darabos ersatzlos auf. Und Entacher kehrte auf seinen alten Posten zurück. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Am 22. März verabschiedet sich der höchste Offizier des heimischen Bundesheeres nun in den Ruhestand. Bei einem Festakt wird er von Bundespräsident Heinz Fischer das große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich erhalten. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Ein Abschiedsfest mit Aufmarsch aller Waffengattungen wird es aber nicht geben - das wusste "Kontrahent" Darabos im Vorfeld zu verhindern. Ein Wermutstropfen: Mit seiner Pensionierung hat es Entacher geschafft, länger als Darabos im Amt zu bleiben. Letzterer wurde ja nach der verlorenen Bundesheer-Volksbefragung in die SPÖ-Zentrale abkommandiert. Am Bild: Entacher, der neue Verteidigungsminister Klug und Darabos (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Der Weg des widerspenstigen Generals
Darabos dürfte sich auf eine mögliche Rückkehr Entachers bereits vorbereitet haben: Dem Vernehmen nach soll nach dieser Reform dem Generalstab Macht entzogen und zur einzigen zivilen von insgesamt vier Sektionen (die fünfte Sektion ist für die Sportagenden zuständig) wandern. Entacher hätte dann weniger Befugnisse. Offiziell wird der geplante Umbau des Generalstabs mit Effizienzsteigerung begründet.
Darabos versus Entacher
Darabos hatte im Jänner seinen höchsten Offizier abberufen, weil sich dieser in einem Interview für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen hatte, während der Minister die Weichen in Richtung Berufsheer stellte. Der General ging zur Berufungskommission im Bundeskanzleramt. Er fühlte sich in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.