Fußball: Ein temperamentvoller Auftakt

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Österreichs Nationalmannschaft zeigte sich beim ersten Training unter Marcel Koller im Happel-Stadion begeisterungsfähig. Dem neuen Trainerstab hat's sichtlich Spaß gemacht.

Wien. Am Ende kam der erste gemeinsame und unüberhörbare Schrei. Der neue Betreuerstab des österreichischen Nationalteams fasste sich nicht an den Händen, sondern legte die Arme auf die Schultern der Nachbarn, gab im Kreis ein Bild der echten Einheit ab. Das erste gemeinsame Training war geschafft, die Übung bestanden. Teamchef, Assistenten und Physiotherapeuten muteten im riesigen Happel-Stadion zu Wien in ihren schwarzen Trainingsanzügen wie ein Wollknäuel an. Katz und Maus aber kann man deshalb mit noch keinem Gegner spielen, schon gar nicht mit der Ukraine kommenden Mittwoch. Teamchef Marcel Koller steht erst am Anfang seiner Arbeit.

Die Stimmbänder überstrapaziert

Der Schweizer machte einen zufriedenen Eindruck. Mit einer Stunde und 50 Minuten war das erste Training nicht zu knapp bemessen, Koller überzog in Gottschalk-Manier. Kurz nach zehn Uhr Vormittag hat alles begonnen, sollte erstmals Theorie in Praxis umgesetzt werden. Verfolgt wurde das Geschehen von rund 50 neugierigen Reportern, die Bewegungen und Aktionen der Mannschaft wurden von acht TV-Teams eingefangen. Nach dem Aufwärmen unter der Regie von Roger Spry aber war Schluss mit den bewegten Bildern.

Marcel Koller hatte zuvor die Journalisten über das Tagesprogramm informiert. Spielformen sollten geübt werden, danach Offensivaktionen mit Pässen in die Tiefe. Ein Trainingsspiel, wenn auch von kurzer Dauer, wurde absolviert. „Gelb“ und „Rot“ standen sich gegenüber, den einzigen Treffer erzielte Deutschland-Legionär Erwin Hoffer.

„Es hat Spaß gemacht“, sagte Koller mit heiserer Stimme. Seine Stimmbänder hielten dem Temperament nicht ganz stand, so sehr hatte sich der Schweizer engagiert. Immer wieder unterbrach er das Training, um Anweisungen zu geben. Oder andere Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Koller ist ein genauer Beobachter, ihm entgeht nichts. „Die Intensität war sehr hoch“, merkte der Teamchef an. Im Wissen, dass sich alle Spieler von der besten Seite zeigen wollten. „Jetzt geht es darum, diese Intensität auch hoch zu halten.“

Der Mannschaft versucht Marcel Koller seine Ideen und Vorstellungen näherzubringen. „Wenn wir in Ballbesitz sind, dann wollen wir beim Gegner Hektik entfachen“, erklärt er. „Und bei Ballbesitz muss man ruhig bleiben.“

Nicht alle Spieler überstanden den Vormittag ohne Blessuren. Veli Kavlak musste das Training nach der zweiten Unterbrechung wegen Rückenschmerzen abbrechen, Julian Baumgartlinger krachte einmal mit David Alaba („Knie an Knie, das schmerzt“) zusammen. Auch Andreas Ivanschitz hat einen blauen Fleck abbekommen. Marc Janko sah das alles nur aus sicherer Distanz, der nicht ganz fitte Twente-Legionär spulte ein Solo mit Physiotherapeut Michael Vettorazzi ab.

„Er ist der Richtige für uns“

Die Spieler zeigten sich vom ersten Teamtraining begeistert. „Koller ist ein Trainer, der viel spricht – und viel coacht“, sagt Andreas Ivanschitz. „Aber ich kenne das von Mainz auch nicht anders.“ Vor allem die jüngeren Spieler könnten davon enorm profitieren. „Man hat gesehen, dass alle Gas gegeben und hundert Prozent gegeben haben. Das ist ein gutes Zeichen, wir sind auf dem richtigen Weg. Unterm Strich bin ich positiv überrascht.“

Die ersten Botschaften des Teamchefs, der großen Wert auf Disziplin legt, sind bei den Spielern angekommen. „Er hat gezeigt, was er will und sich erwartet“, so Ivanschitz. „Die Euphorie, die jetzt herrscht, ist doch super. Jetzt herrscht Optimismus, weil alle wissen, dass Marcel Koller der Richtige für uns sein kann.“

Auf einen Blick

Das erste Teamtraining unter der Leitung von Marcel Koller lockte acht TV-Teams und rund 50 Journalisten ins Happel-Stadion. Die Übungseinheit dauerte länger als geplant, erst nach fast zwei Stunden hatte die Mannschaft genug. „Es hat Spaß gemacht“, urteilt der Schweizer Koller. „Die Intensität war sehr hoch. Ich hoffe, das bleibt auch so.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2011)

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