Nordkoreas Diktator ist an einem Herzinfarkt gestorben. Sein jüngster Sohn Kim Jong-un erbt die Macht. Das Militär soll eine Kurzstreckenrakete getestet haben.
Nordkoreas langjähriger Diktator Kim Jong-il ist tot. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Montag berichtete, starb der 69-Jährige am Samstag um 8.30 Uhr Ortszeit während einer Zugfahrt an einem Herzinfarkt. Ein in schwarz gekleideter Ansager mit Tränen in den Augen gab im nordkoreanischen Fernsehen körperliche und geistige Überarbeitung des Staatschefs als Grund an.
Kim Jong-il hatte die Macht 1994 von seinem Vater Kim Il-sung übernommen. Als der Gründer Nordkoreas starb, wurde der Führerkult auf ihn übertragen. Über seinen Gesundheitszustand wurde zuletzt immer wieder spekuliert. 2008 hatte Kim einen Schlaganfall erlitten, sich aber davon offenbar weitgehend wieder erholt.
"Geliebter Führer", die "Sonne der Menschheit", der "Himmelgeborene" - der verstorbene nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il hatte sich viele Beinamen gegeben. Das Ausland dagegen sah ihn als gefährlichen Diktator und Witzfigur zugleich. (c) REUTERS (KOREA NEWS SERVICE)
Der Personenkult um seinen Vater Kim Il-sung (im Bild aus dem Jahr 1981 rechts) hatte sich nach dessen Tod 1994 direkt auf Kim Jong-il übertragen. (c) AP (Kyodo News)
Laut Medienberichten wird nun Kims Sohn, Kim Jong-un, die Nachfolge als Machthaber antreten. Damit wird bald auch das Bild von Kim Jong-un (r.) die nordkoreanischen Amtsstuben, Klassenzimmer, Kindergärten, Krankenhäuser und Wohnzimmer zieren. (c) REUTERS (KCNA)
Nach offizieller Darstellung wurde Kim am 16. Februar 1942 in einem anti-japanischen Camp in Korea geboren, genau 30 Jahre nach seinem Vater, dem "Ewigen Präsidenten". Am Himmel sollen ein Stern und ein doppelter Regenbogen erschienen sein.Kim Il-sung mit seiner ersten Ehefrau Kim Jong-suk und Kim Jong-il als Kind (c) REUTERS (HANDOUT)
Nach Ansicht westlicher Experten wurde er dagegen bereits 1941 in einem Trainingslager der sowjetischen Armee bei Chabarowsk in Sibirien geboren, wo sein Vater und Vorgänger, der "Ewige Präsident" Kim Il-sung, diente. (c) REUTERS (KOREA NEWS SERVICE)
Lange Jahre stand Kim Jong-il im Schatten seines Vaters, dem gottgleich verehrten Gründer Nordkoreas. In der DDR absolvierte der Sohnemann zunächst eine Ausbildung als "Wirtschaftsexperte", wurde 1964 in das Zentralkomitee in Pjöngjang aufgenommen und 1973 schließlich zum Leiter der Propaganda-Abteilung der Partei bestellt. Zwischen 1977 und 1979 verschwand Kim unter mysteriösen Umständen von der politischen Bühne. (c) EPA (OPEN RADIO FOR NORTH KOREA HANDO)
1980 wurde Kim von seinem Vater zur "Nummer Zwei" der Partei gemacht und 1984 zum "alleinigen Nachfolger" bestimmt. Ohne je in der Armee gedient zu haben, wurde er 1990 zum Oberbefehlshaber der Armee ernannt. Der Öffentlichkeit blieb er bis zum Tod seines Vaters weitgehend unbekannt. (c) AP
Unter seiner Führung sollen rund eine Million Nordkoreaner verhungert sein. Auch wird er für mehrere blutige Anschläge verantwortlich gemacht, darunter das Bombenattentat auf das südkoreanische Kabinett im Jahr 1983 in Rangun und den Absturz eines Jets der Korean Airlines 1987. (c) REUTERS (KNS Korean News Agency / Reuters)
Vom Privatleben des Kim Jong-il wusste und weiß man nicht viel. Er war viermal verheiratet und hat vier eheliche Kinder. (c) Reuters (REUTERS TV)
Zu seiner ersten Ehe soll er von seinem Vater Kim gezwungen worden sein, während er bereits heimlich mit seiner späteren zweiten Ehefrau zusammenlebte. (c) REUTERS (KCNA)
Kim Jong-nam - Kim Jong-ils erster Sohn - schien sich stets mehr für die Spielcasinos in Macao und für Disneyland in Tokio zu interessieren als für Staatsgeschäfte. (c) AP
Hinter vorgehaltener Hand schilderten seine Landsleute den Diktator als exzentrischen, launenhaften und wankelmütigen Playboy mit einer Vorliebe für schwedische Frauen, französischen Cognac und US-Filme. (c) REUTERS (KOREA NEWS SERVICE)
Im Westen wurde Kim jong-il wegen seines auftoupierten Haars, den blousonartigen Anzügen mit strammem Gummizug über dem Bauch und den Plateauschuhen oft als Witzfigur dargestellt. (c) AP
Der "Große Führer" litt an Diabetes und soll bereits seit längerem herzkrank gewesen sein. In den vergangenen Jahren hielten sich Spekulationen über einen Schlaganfall im August 2008 hartnäckig. Er soll außerdem an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt gewesen sein. (c) Reuters (Stringer)
Gestorben ist Kim Jong-il laut Berichten des staatlichen Fernsehens während einer Zugfahrt an einem Herzinfarkt. Als Grund wurde körperliche und geistige Überarbeitung genannt. (c) EPA (STF)
Die Staatsspitze ordnete eine Trauerphase bis zum 29. Dezember an. Die Beisetzung soll am 28. Dezember in Pjöngjang stattfinden. Es werden pompöse Trauerbekundungen erwartet. (c) REUTERS (KCNA)
Das Leben des bizarren Diktators
Sohn Kim Jong-un zum Nachfolger ernannt
Zum Nachfolger an der Staatsspitze wird Kims Sohn Kim Jong-un ernannt. Die staatliche Nachrichtenagentur titulierte ihn am Montag als "großen Nachfolger". Volk und Militär müssten "dem Genossen Kim Jong-un treu die Ehre erweisen".
Über den dritten und jüngsten Sohn des verstorbenen Machthabers ist nur wenig bekannt. Kim Jong-un soll noch keine 30 Jahre alt sein. Er wurde von seinem Vater in den letzten Jahren bereits zum Nachfolger aufgebaut. Er soll seit vergangenem Jahr die Geheimpolizei-Zentrale leiten und bereits Stellvertreter seines Vaters an der Spitze des nationalen Verteidigungsausschusses gewesen sein. Im vergangenen Jahr begleitete er seinen Vater bei dessen Reisen durch das Land.
Seit ziemlich genau zwei Jahren leitet Kim III. die Geschicke Nordkoreas. Nun hat er seine Macht entscheidend gefestigt, indem er seinen Onkel und Mentor Jang Sung-taek kaltgestellt hat. Dieser galt bisher als die graue Eminenz der nordkoreanischen Politik und der Fädenzieher hinter Kim Jong-un. REUTERS
Als Kim Jong-un die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Kim Jong-il antrat, fragte sich die Welt: Wer ist dieser Mann? Und nich immer ist wenig bekannt über den Nachwuchs-Diktator. Nicht einmal sein Geburtsjahr ist gesichert, Angaben reichen von 1982 bis 1984. (c) AP
Seine Mutter, die japanisch-stämmige Tänzerin Ko Jong-hi und dritte Frau von Kim Jong-il, soll vor etwa acht Jahren an Brustkrebs gestorben sein. Kim Jong-uns Brüder sind der 32-jährige Kim Jong-chul und der 42-jährige Kim Jong-nam. (c) AP (Ahn Young-joon)
Die japanische Zeitung "Mainichi Shimbun" veröffentlichte im Juni 2009 ein zehn Jahre altes Foto. Angeblich handelte es sich um ein Klassenfoto einer Privatschule in Bern von 1999, das Kim Jong-un zeigt. Der junge Kim sei dort von 1996 bis 2001 unter falschem Namen als Sohn eines nordkoreanischen Botschaftsangehörigen angemeldet gewesen. (c) Reuters (Stringer)
Einem portugiesischen Mitschüler soll er sich in einem seltenen Moment der Offenheit einmal als Sohn Kim Jong-ils zu erkennen gegeben haben. Der mysteriöse Student soll schüchtern und introvertiert gewesen sein und sich vor allem für Skifahren und Basketball interessiert haben. (c) EPA (KCNA/YONHAP)
Als "geheimnisumwoben" hatte ihn auch eine ehemalige Lehrerin in Erinnerung. Eines Tages habe er ihr kurz und knapp eröffnet, dass heute sein letzter Schultag sei. Dann war er weg. (c) REUTERS (KYODO)
Die "Washington Post" berichtete, dass der junge Kim Belgiens Actionfilm-Held und Hollywood-Star Jean-Claude Van Damme verehrte. Auch mit westlicher Musik dürfte er während seiner Zeit in der Schweiz in Berührung gekommen sein. EPA
Seit 2010 leitete Kim Jong-un die Geheimpolizei-Zentrale, außerdem war er Stellvertreter seines Vaters an der Spitze des nationalen Verteidigungsausschusses. Nach dessen Tod fielen ihm die Funktionen seines Vaters zu: Kim Jong-il hatte die Ämter des Generalsekretärs der kommunistischen Partei der Arbeit und des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates (Oberbefehlshaber der Streitkräfte) bekleidet. Das Amt des Staatspräsidenten der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik war seinem 1994 verstorbenem Vater Kim Il-sung ("Ewiger Präsident") vorbehalten. (c) REUTERS (KCNA)
Auch eine Tradition seines Vaters führt Kim III. fort: Er besucht regelmäßig die verschiedensten Betriebe, gibt der Belegschaft gute fachliche Ratschläge und lässt sich dabei fotografisch in Szene setzen. Schon über seinen Vater gab es die satirische Internet-Seite "Kim Jong-il looking at things". Sie wurde mit dem Sohn fortgesetzt. EPA
Nordkorea ist unter Kim Jong-ils Führung in eine schwere Armut gerutscht. Nach einer Schätzung der Vereinten Nationen sind ein Drittel der nordkoreanischen Kinder von Mangelernährung betroffen. International beunruhigte das Land die Weltgemeinschaft mit der Entwicklung von Atomwaffen.
Südkoreas Militär in Alarmbereitschaft
Als Reaktion auf die Meldung über den Tod des Diktators versetzte Südkorea seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft. Japan berief seinen Sicherheitsrat ein. Die US-Regierung erklärte, sie sei weiter entschlossen, sich für die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel einzusetzen.
Südkoreas Geheimdienst steht in der Kritik, weil er zwei Tage lang keine Informationen über den Tod Kims hatte. Präsident Lee Myung-bak und die Armeeführung seien von der Meldung völlig überrascht worden, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Regierungsvertreter. Demnach erfuhren sie die Nachricht genauso wie der Rest der Welt erst aus dem nordkoreanischen Staats-TV. Ein Abgeordneter der regierenden Großen Nationalpartei sagte, es gebe trotz der strengen Geheimhaltung in Pjönjang "keine Entschuldigung" für das Versagen des Geheimdienstes.
Korea-Konflikt
Auf der koreanischen Halbinsel stehen sich am 38. Breitengrad mehrere hunderttausend verfeindete Soldaten gegenüber. Die massiv gesicherte Waffenstillstandslinie teilt dort den kommunistischen Norden vom westlich orientierten Süden. Nach dem Korea-Krieg (1950 bis 1953) hat es nie einen Friedensvertrag, sondern nur einen Waffenstillstand gegeben.
Damals wurde quer durch Korea eine rund 240 Kilometer lange und vier Kilometer breite "Entmilitarisierte Zone" geschaffen. An der Westküste beider Staaten im Gelben Meer schließt sich am 38. Breitengrad eine rund 200 Kilometer lange Seegrenze an. Ein Kommandant der UNO-Truppen legte 1953 diese "Northern Limit Line" einseitig fest. Nordkorea hat den Verlauf der Seegrenze nie anerkannt. Das UNO-Kommando (United Nations Command) überwacht seit dem Ende des Krieges den Waffenstillstand an der Demarkationslinie. Dem UNC gehören Vertreter von Australien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Neuseeland, Südkorea, der Türkei, Großbritannien und der USA an.
Nordkorea; Kim Jong-il(c) APA
Nordkorea soll Rakete getestet haben
Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Todesnachricht hat das nordkoreanische Militär angeblich eine Kurzstreckenrakete getestet. Wie der Sender YTN TV berichtete, wurde der Flugkörper von der Ostküste abgefeuert. Man gehe jedoch nicht davon aus, dass der Test in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tod des Herrschers stehe und Südkorea provoziert werden sollte.
Dem Bericht zufolge hatte die Rakete eine geschätzte Reichweite von 120 Kilometern. Nordkorea wolle durch den Test die Kapazität und die Reichweite verbessern. Das südkoreanische Militär bestätigte die Meldung bisher nicht.
Beisetzung am 28. Dezember
Die Beisetzung des Diktators soll am 28. Dezember in Pjöngjang stattfinden. Die Staatsspitze ordnete eine Trauerphase bis zum 29. Dezember an. Während der Trauerzeit ist Singen und Tanzen verboten.
Das Staatsfernsehen zeigte am Montag weinende Passanten auf den Straßen der Hauptstadt Pjöngjang und Mitglieder der kommunistischen Partei, die schluchzten, schrien und auf Tische schlugen.
Nach dem Tod von Nordkoreas Diktator Kim Jong-il hat die Führung Staatstrauer angeordnet. Bis zum 29. Dezember darf weder gesungen noch getanzt werden. Die staatliche Propaganda berichtet von "unbeschreiblicher Trauer" um den "geliebten Führer". (c) AP
Das Staatsfernsehen zeigt in Tränen aufgelöste Passanten auf den Straßen der Hauptstadt Pjönjang. Ob bzw. inwieweit es sich dabei um Inszenierungen handelt, bleibt unklar. (c) AP
"Die Menschen versuchen nicht einmal, die Tränen wegzuwischen, und ringen mit Schmerz und Verzweiflung angesichts des Verlusts", verkündet die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. (c) REUTERS (KYODO)
Auch Mitglieder der regierenden kommunistischen Partei, die schluchzen, schreien und auf Tische schlagen, sind im Fernsehen zu sehen. (c) Reuters (REUTERS TV)
Die Beisetzung Kims soll am 28. Dezember in Pjöngjang stattfinden. Es wird wohl zu riesigen, pompös inszenierten Trauerbekundungen kommen. Ausländische Delegationen werden zum Begräbnis nicht eingeladen. (Im Bild: nordkoreanische Botschaft in Wien) (c) AP (Ronald Zak)
In Südkorea reagieren die Menschen teils beunruhigt, teils erfreut auf die Todesnachricht. Während das Militär in Alarmbereitschaft ist, gehen Menschen mit Transparenten mit Aufschriften wie "Wir begrüßen den Tod von Kim Jong-il" auf die Straße. (c) AP (Lee Jin-man)
Jahrelang trat ein Südkoreaner als Doppelgänger von Nordkoreas Diktator Kim Jong-il auf - ohne ihn je kennengelernt zu haben. Nach dessen Tod fühlt er sich, "als ob ein Teil von mir gestorben wäre".
Trotz eines Embargos für Luxusgüter waren beim Trauerzug in Pjöngjang viele Mercedes zu sehen. Die Autos wurden über China nach Nordkorea geschmuggelt. Daimler versichert, sich an alle UNO-Auflagen zu halten.
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