Ein Mann, der selbst den Republikanern zu konservativ ist

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Rick Santorum ist die große Überraschung von Iowa. Lange wird sein Höhenflug aber nicht dauern. Santorum macht seinem Pullunder und den damit verbundenen Vorurteilen alle Ehre.

Wien. Der Pullunder. Allein dieses Kleidungsstück verrät mehr über Rick Santorum als viele Analysen. Wenn man nicht Golfer oder Hans-Dietrich Genscher ist, gibt es keinen guten Grund, einen ärmellosen Pullover zu tragen. In den USA ist ein Pullunder der Inbegriff von Konservativismus und Spießbürgertum. Santorum hat rote und blaue Pullunder, graue und grüne, es gibt sogar einen eigenen Twitter-Feed zu seinem Lieblingskleidungsstück (@FearRicksVest).

Santorum macht seinem Pullunder und den damit verbundenen Vorurteilen alle Ehre. Der 53-Jährige ist der konservativste aller republikanischen Präsidentschaftskandidaten, was im Farmland Iowa zweifellos mit ein Grund für sein gutes Abschneiden bei der Vorwahl war. Homosexualität würde der ehemalige Senator am liebsten per Verfassung verbieten lassen, weil sie der Sodomie gleichzusetzen sei; Abtreibung ist für ihn „Mord“ und auch dann nicht gerechtfertigt, wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung durch ein Familienmitglied schwanger wird; Mütter, die arbeiten gehen, sind nach seinen Worten „radikale Feministinnen“; und die Entstehung des Menschen? Da spielte nach Ansicht Santorums zweifellos irgendwo Gott mit, und deshalb schlug er ein Gesetz vor, das Schulen vorschreibt, neben der Evolution auch andere Theorien („Intelligent Design“) zu unterrichten.

Dass er mit solchen Ansichten für eine Mehrheit der US-Amerikaner wählbar ist, glauben nicht einmal seine Parteifreunde. Im Vorwahlkampf, in dem Geld vieles entscheidet, sieht man das deutlich an den Spenden: Während der gemäßigtere Mitt Romney von republikanischen Parteigängern 32,6 Millionen Dollar erhielt, kam Santorum gerade einmal auf Spenden in Höhe von 1,3 Millionen Dollar. Vielleicht werden es jetzt nach dem zweiten Platz in Iowa mehr, und er kann endlich mit dem Flugzeug reisen und muss nicht mehr mit einem Pick-up herumfahren. Aber für eine Nominierung wird es zweifellos nicht reichen.

Enkel italienischer Einwanderer

Es wird also nach dem überraschenden Beinahesieg wieder abwärts gehen, wie so of in der politischen Karriere Santorums. Schon mit 32 Jahren zog der Rechtsanwalt 1990 für die republikanische Partei in das Repräsentantenhaus ein. Zweimal wurde er wiedergewählt, 1994 schaffte er es schließlich mit vergleichsweise jugendlichen 36 Jahren in den US-Senat. Er tat sich vor allem als Verfechter konservativer Politik hervor und als leidenschaftlicher Befürworter des Irak-Kriegs (er erklärte sogar, dass die Massenvernichtungswaffen gefunden worden seien).

Der Enkel eines italienischen Einwanderers ist ein Verfechter einer harten Hand, wenn es um die Interessen und die Feinde der USA geht. Die Atomanlagen im Iran würde er als Präsident bombardieren lassen, sollte das Land nicht zu umfangreicher Kooperation bereit sein, meinte er kürzlich. Und den radikalen Islam müsse man „wie ein Krebsgeschwür“ bekämpfen. Radikal sind auch seine Steuerpläne: Es soll nur zwei Steuergruppen geben – zehn Prozent und 28 Prozent –, dafür müsste der Staat binnen fünf Jahren fünf Billionen Dollar einsparen. Wie, das sagt er nicht.

Mit seiner Frau Karen hat Rick Santorum sieben Kinder (ein weiteres starb kurz nach der Geburt), seit seinem Ausstieg aus der Politik arbeitete er als Rechtsanwalt und Kommentator beim TV-Sender „Fox News“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2012)

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