Ungarn treibt immer stärker auf eine Zahlungsunfähigkeit zu. Das Land kann sich nur mehr zu horrenden Zinsen Geld auf den Märkten holen. Österreichs Banken, die in Ungarn stark engagiert, bekommen die Auswirkungen schon zu spüren.
Die US-Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Ungarns am Freitag auf Ramschniveau herabgestuft. Die Bewertung wurde von "BBB-" auf "BB+" gesenkt, wie die Agentur mitteilte. Sie begründete ihre Entscheidung unter anderem mit einer "weiteren Verschlechterung" der Finanzlage und der Wachstumsaussichten des Landes. Das osteuropäische Land kann sich an den Kapitalmärkten nur noch zu horrend hohen Zinsen mit frischem Geld versorgen. Die Märkte haben das Land bereits kräftig abgestraft: Die Landeswährung Forint ist auf rasanter Talfahrt zum Euro und die Renditen für einjährige Staatsanleihen sind mittlerweile fast zweistellig - ein auf Dauer untragbarer Zustand.
Nachbar Österreich, dessen Geldinstitute wie Erste Group, Raiffeisen Bank International und Volksbanken AG in Ungarn stark engagiert sind, spürt die Schockwellen des ungarischen Bebens an den Finanzmärkten mit steigenden Kosten für seine Kreditausfallversicherungen (CDS). Österreichs Institute haben laut Statistik der Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) alles in allem mehr als 41 Milliarden Dollar (3,21 Milliarden Euro) in Ungarn im Feuer, gefolgt von Italien mit Gesamt-Investitionen von 23,39 Milliarden und Deutschland mit 21,38 Milliarden Dollar.
Kritik an Orban
Trotz heftiger Kritik aus Brüssel hatte Ungarns Regierungschef Viktor Orban kurz zuvor eine Überarbeitung des strittigen Notenbankgesetzes seines Landes abgelehnt. Zwischen Ungarn auf der einen sowie der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf der anderen Seite gebe es "einen Meinungsunterschied", sagte Orban vor ausgewählten ungarischen Journalisten unter Ausschluss der internationalen Presse in Budapest. Das Problem solle nun "nach den Sitten und Gebräuchen" der Europäischen Union gelöst werden.
Vor dem Jahreswechsel hatte das ungarische Parlament mit den Stimmen von Orbans Fidesz-Partei mehrere strittige Gesetze verabschiedet, darunter eine Reform der Zentralbank. Zum Jahresbeginn trat zudem eine umstrittene neue Verfassung in Kraft. Derzeit prüfen Juristen, ob die Gesetze den EU-Richtlinien entsprechen. Aus Protest gegen die Reform der Notenbank hatten die Europäische Union und der IWF im Dezember eine Mission abgebrochen, bei der eine Vergabe von Krediten im Umfang von bis zu 20 Milliarden Euro geprüft werden sollte.
Verhandlungen mit dem IWF
Orban kam am Freitag mit Zentralbankchef Andras Simor, Wirtschaftsminister György Matolcsy und dem für Kreditverhandlungen mit dem IWF zuständigen Minister Tamas Fellegi zusammen. Analysten rechneten zunächst damit, dass die Regierung angesichts des Streits mit Brüssel möglicherweise zu Kompromissen bereit sein könnte. Fellegi, der in der kommenden Woche mit IWF-Vertretern in Washington über den Kredit für Ungarn verhandeln soll, hatte am Donnerstag gesagt, die ungarische Regierung sei sich "des Ernsts der Lage bewusst".
Orban sagte allerdings, das Notenbankgesetz sichere "auf sehr klare Weise" die Unabhängigkeit der Zentralbank, die "außerdem selbst Reserven in ausländischen Devisen" halte. Er nahm damit indirekt Bezug auf Gerüchte, denen zufolge Ungarn diese Devisen anstelle eines IWF-Kredits zur Sicherung seiner Zahlungsfähigkeit nutzen könnte. Die Reserven der Notenbank belaufen sich auf rund 35 Milliarden Euro. Ende vergangenen Jahres hatten bereits die US-Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's Ungarns Bonität auf Ramschniveau herabgestuft.
(APA)