Fiskalpakt führt neue Geldstrafe ein

Standard and Poors zweifelt an Kreditwuerdigkeit der Eurozone
Standard and Poors zweifelt an Kreditwuerdigkeit der Eurozone(c) dapd (Steffi Loos)
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Schuldenkrise. Deutschland hat sich durchgesetzt: Euroländer, die keine Schuldenbremse einführen, müssen ab dem Jahr 2013 eine Buße an den Euro-Rettungsfonds ESM bezahlen.

[BRÜSSEL] Die Verhandlungen um den neuen Fiskalpakt aller EU-Staaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs nahmen am Donnerstag eine überraschende Wende. Deutschland setzte sich in der vorerst letzten Verhandlungsrunde durch und sorgte für die Einführung einer neuen europäischen Strafe für laxe nationale Budgetpolitik.

Der Entwurf des Paktes liegt der „Presse“ vor. Er sieht nun vor, dass jedes Euroland, das keine EU-weit einheitliche Schuldenbremse auf nationaler Ebene einführt, vor dem Gerichtshof der EU in Luxemburg verklagt werden kann. Diese Klage kann von jedem anderen der Länder von sich aus oder nach vorheriger Feststellung der Säumnis durch die Europäische Kommission eingebracht werden. Der neue Artikel 8 des Paktes enthält nun einen Absatz 2, der besagt, dass der Gerichtshof „eine Pauschalsumme oder eine Strafzahlung verfügen kann“, wenn er feststellt, dass „eine der Vertragsparteien sein Urteil nicht befolgt hat.“ Diese Strafe „darf 0,1 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen“, steht dort weiters.

Warnung der EZB offenbar erhört

Dieses Geld soll, und auch das ist neu, an den Europäischen Stabilitätsmechanimus (ESM) fließen. Das ist jener dauerhafte Euro-Rettungsschirm, der das derzeitige Vehikel EFSF im Jahr 2013 ablösen soll. Diese Bestimmung ist klarer Ausdruck des Willens von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Euroländer nur dann Hilfe beim ESM beantragen können, wenn sie sich zugleich im Rahmen des Fiskalpaktes zur Einbremsung ihrer Neuverschuldung verpflichten.

Dass Deutschland auf diese Verschärfung pochte, lässt sich klar aus dem Protokoll der Sitzung der Arbeitsgruppe der Verhandler vom 12. Jänner ablesen; auch dieser Text liegt der „Presse“ vor. An mehreren Stellen betont der Vertreter Berlins, dass es eine Verbindung zwischen Fiskalpakt und ESM geben muss und dass „eine Situation vermieden werden muss, in der ein Mitgliedstaat bis Mitte 2014 nichts tut, aber weiterhin Unterstützung vom ESM erhält“, wie es im Protokoll heißt.

Auch die beiden deutschen Mitglieder im Direktorium der Europäischen Zentralbank hatten noch am Donnerstag vor einer Verwässerung des Textes gewarnt. Jens Weidmann, der zugleich Präsident der Bundesbank ist, sagte in Ludwigsburg, dass „europäische Hilfszahlungen an die Regeleinhaltung geknüpft werden“ sollen. Sein Landsmann Jörg Asmussen warnte im Deutschlandfunk vor „Verwässerung“.

Der Entwurf ist nach dem Stand der Dinge auch der endgültige. Er bringt zwei weitere wichtige Änderungen. Erstens sieht Artikel 12 nun vor, dass auch Nicht-Euroländer an den neuen Gipfeltreffen der Chefs der Eurozone nicht nur teilnehmen dürfen, sondern von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zumindest einmal pro Jahr zu so einem „Euro-Gipfel“ eingeladen werden müssen – wenn sie auch eine Schuldenbremse einführen, wohlgemerkt. Ein Erfolg für Polen, das seine Zustimmung zum Fiskalpakt davon abhängig gemacht hatte, bei diesen Gipfeltreffen nicht vor verschlossenen Türen zu schmoren.

Zweitens erhalten die nationalen Parlamente der Vertragsstaaten und das Europaparlament in Artikel 13 ausdrücklich die Möglichkeit, gemeinsame Konferenzen „zu organisieren und zu bewerben“, um den Gang der Dinge unter dem Fiskalpakt zu debattieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

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