"Wir brauchen eine stärkere Führungsrolle Deutschlands"

GERMANY CONFERENCE ON SECURITY
GERMANY CONFERENCE ON SECURITY (c) EPA (Andreas�gebert)
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Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz stand die „widerwillige Führungsnation“ im Mittelpunkt der Debatten.

Deutschland und Führungsrolle: Für Jahrzehnte galten diese beiden Wörter nicht als Reimpaar, schon gar nicht im Zusammenhang mit Sicherheitsfragen. Wer sie dennoch in einem Atemzug gebrauchte, setzte sich dem Verdacht aus, aus der Geschichte nichts gelernt zu haben.
2012 gehen die Uhren anders: „Es geht nicht um ein Diktat oder einen Alleingang, es geht darum, den Kurs vorzugeben. Und das ist die Aufgabe Deutschlands", stellte Weltbank-Präsident Robert Zoellick Freitagnachmittag zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz klar. „Wir brauchen eine stärkere wirtschaftliche und politische Führungsrolle Deutschlands", forderte auch der britische Gelehrte Timothy Garton Ash, gleichwohl erkennend, wo der Hase im Pfeffer liegt: „Es wäre besser, wenn Deutschland eine ambitioniertere öffentliche Meinung hätte, die diese Führungsrolle auch einfordert."

Deutschland, die widerwillige Führungsnation also? Ausgerechnet der für seine Zurückhaltung sonst nicht bekannte Martin Schulz, seit kurzem Präsident des Europäischen Parlaments, mahnte zur Vorsicht: Deutschland stehe stärker unter Beobachtung als andere Länder und sollte daher nicht zu stark als Führungsnation wahrgenommen werden, um Konfrontationen zu vermeiden. Im Übrigen zeige sich: Wenn man es doch tue, sei es auch nicht recht: „Dann heißt es: nicht in diese Richtung, nicht in diesem Stil."

"Könnte Ziel des Zorns anderer werden"

Schulz spielte offenkundig auf Deutschlands in Südeuropa nicht besonders populäre Sparappelle an. Verständnis für die Südeuropäer kam von Weltbank-Chef Robert Zoellick: „Wenn Deutschland Ende 2012 nur mit Sparplänen in Verbindung gebracht wird, könnte es zum Ziel des Zorns anderer werden." Was sollte Berlin also sonst noch tun? Zoellick ließ deutliche Sympathie für die in Deutschland höchst unbeliebten Eurobonds und mehr - konditionierte - Hilfen für Länder wie Italien und Spanien erkennen. Damit lieferte er freilich wie bestellt die Bestätigung für den Verdacht von Deutschlands Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der lakonisch festgestellt hatte: „Wenn aus dem angelsächsischen Raum Führung angemahnt wird, dann ist damit meistens Geld gemeint."

Und Geld ist dieser Tage eine besonders knappe Ressource: De Maizière vergaß denn auch nicht zu erwähnen, dass auch Amerika die Rüstungsausgaben zurückfahren müsse (und damit einem europäischen Trend folgt). Deutschlands Verteidigungsminister versuchte, den angekündigten Rückbau der US-Militärpräsenz in Europa als Chance und Herausforderung darzustellen: Europa müsse in der Lage sein, auch militärisch für sich und seine unmittelbare Nachbarschaft Verantwortung zu übernehmen: „Unsere Streitkräfte müssen leistungsfähiger und durchhaltefähiger werden. Mit einem Wort: Wir müssen mehr können. Und wir müssen mehr gemeinsam können."

Den drohenden Liebesentzug durch die USA, deren Präsident Barack Obama vor kurzem das „pazifische Zeitalter" ausgerufen hatte, quittierte er mit der launigen Bemerkung, Europa sei vielleicht nicht so „sexy" wie manche aufstrebende Boomregion, aber genau das mache Europa zum guten Partner: „Denn aufregend bleibt man nicht ein ganzes Leben lang." USA und Europa verbänden nicht nur gemeinsame Institutionen, sondern auch gemeinsame Werte und Ziele: „Wir bieten unserem Partner USA Verlässlichkeit seit 60 Jahren. Wer kann das sonst noch bieten?". Das klang dann schon wieder ziemlich defensiv.

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