Abtritt eines Monomanen

Man kann Gerald Matt viel vorwerfen – aber nicht, dass seine Kunsthalle fad war.

Entweder die ganze Macht in seinem Saloon oder gar keine: So lässt sich Gerald Matts Begründung für seinen Rücktritt in das popkulturelle Pathos, das er so liebt, übersetzen. Vielleicht kommt ihm jetzt auch die Identifikation mit dem heiligen Sebastian in den Sinn, mit der er immer gern getändelt hat: Wie unschuldig er wirklich ist, das wird wohl nie feststehen. Dazu bewegen sich die Vergehen, die man ihm vorwirft, zu sehr am Rande des Legalen. Aber dass er gehen musste, war ihm wohl spätestens klar, als öffentlich wurde, wie wenig seine Mitarbeiter hinter ihm stehen. Ein Charismatiker ist erledigt, wenn sein nächstes Umfeld das Charisma nicht mehr spürt oder spüren will.

So ist Matts Abschied ein typischer Showdown für einen Showman, einen Monomanen: im schlechten Sinn, aber auch im guten. Denn die Kunsthalle, wie er sie geprägt und geführt hat – lange im Tandem mit dem im Zorn geschiedenen Thomas Mießgang –, war nie ein Ort der Beliebigkeit. Matt hat sich der Popkultur auch nie angebiedert (was ihm gewisse Hüter der reinen Kunstlehre vorwarfen), sondern sie aus ganzem Herzen umarmt. Er mag ein Dandy (gewesen) sein, er mag sich in seiner Machtposition zu sehr gefallen haben, aber er war keine graue Maus. Es ist zu hoffen, dass ihm keine solche folgt und aus der Kunsthalle ein korrektes, aber graues Haus macht. Denn das brauchen wir gar nicht.

thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

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