Der ungarische Präsident hat seine Dissertation abgekupfert. Die Universität hat ihm deswegen seinen Doktortitel aberkannt. Im Fernsehen will er zu der Angelegenheit Stellung beziehen.
Nach der Aberkennung seines Doktortitels steht Ungarns Staatspräsident Pál Schmitt unter immer stärkerem Rücktrittsdruck. Schmitts Büro kündigte am Freitag an, das Staatsoberhaupt werde sich gegen 20 Uhr in einem Exklusivinterview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender M1 äußern. Dabei werde er "alle sich stellenden Fragen beantworten", erklärte Norbert Kiss, der Leiter des Amtes des Staatspräsidenten, in Budapest. In Medien mehrten sich unterdessen Gerüchte, dass Schmitt am Freitag seinen Rücktritt bekanntgeben dürfte.
Eine eventuelle Abdankung muss der Staatschef dem Parlament in einer Erklärung mitteilen. Über den Rücktritt müssen die Parlamentsabgeordneten innerhalb von 15 Tagen mit Zweidrittelmehrheit abstimmen. Falls das Parlament nicht zustimmt, kann Schmitt dennoch an seinem Beschluss festhalten. Nach dem erfolgten Rücktritt würde Parlamentspräsident László Köver vorübergehend das Amt des Staatsoberhauptes ausüben. Danach beginnt die Vorbereitung der Wahl eines neuen Staatspräsidenten durch das Parlament. Falls Schmitt demissioniert, stehen ihm bis an sein Lebensende eine Pension, Residenz, Auto, Chauffeur und Polizeischutz zu, berichtet die Internetzeitung "index".
Alle Termine abgesagt
Der Präsident hatte am Freitag kurzfristig alle seine Termine abgesagt. Ursprünglich hätte er den slowenischen Außenminister Karl Erjavec treffen und dann an der Übergabe des Ungarischen Innovationspreises teilnehmen sollen. Für den Abend war ein Wien-Besuch mit der Eröffnung der Ausstellung "Munkacsy - Magic & Mystery" im Wiener Künstlerhaus geplant. Dieser Termin werde nun von dem für Kultur zuständigen Minister für nationale Ressourcen, Miklos Rethelyi, wahrgenommen, teilte das Ministerium gegenüber der ungarischen Nachrichtenagentur MTI mit.
Dem Präsidenten war am Donnerstag vom Senat der Budapester Semmelweis-Universität sein Doktortitel wegen nachweislicher Plagiatsvergehen aberkannt worden. Die Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen fordern den Rücktritt von Schmitt. Premier Viktor Orban betonte am Freitag im Rundfunk indes die Immunität des Staatspräsidenten. Dieser könne nur allein über seinen Rücktritt entscheiden, hatte er gesagt.
Am Dienstag hatte eine universitäre Untersuchungskommission Medienberichte bestätigt, wonach Schmitt den Großteil seiner 1992 an der damaligen Sportuniversität (TE) eingereichten Doktorarbeit von zwei anderen Autoren übernommen hatte. Die Kommission machte dafür allerdings die heute nicht mehr als eigene Institution existierende Universität verantwortlich.
(APA)