Der mysteriöse Tod des ehemaligen libyschen Ministerpräsidenten und Ölministers Shukri Ghanem (Bild) in Wien gibt Anlass zu einem Rückblick auf die Beziehungen zwischen Österreich und dem nordafrikanischen Land. Der im Vorjahr getötete Diktator Muammar al-Gaddafi hatte während seiner 42-jährigen Herrschaft traditionell gute Beziehungen zu Österreich. Hergestellt wurden diese ursprünglich von Bundeskanzler Bruno Kreisky. Zuletzt standen eher Kontakte mit der FPÖ (und dem BZÖ) im Mittelpunkt.
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Kreisky pflegte mit Gaddafi, der 1969 durch einen Putsch an die Macht gekommen war, Kontakt und versprach sich davon, den Revolutionsführer berechenbar zu machen und ihn von seiner Unterstützung des Terrorismus abzubringen, wie sich der ehemalige Innen- und Außenminister Erwin Lanc erinnerte. Kreisky besuchte Gaddafi im Februar 1975 und lud ihn 1982 nach Österreich ein. Es handelte sich um den ersten offiziellen Besuch des Revolutionsführers in einem westlichen Land seit der Gründung der "Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Jamahiriya" 1977. Im September des gleichen Jahres hielt sich Gaddafi dann nochmals kurz in Österreich auf. Heftige Kritik an dem Besuch übte die israelische Presse.
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Kreisky setzte sich auch nach dem Ende seiner Amtszeit immer wieder für Libyen ein. Im Februar 1986 sprach der Altkanzler zunächst mit Gaddafis Stellvertreter Abdessalam Jallud auf Malta, bevor er selbst nach Libyen reiste und dort den Revolutionsführer persönlich traf. Im Dezember 1989 erhielt Kreisky den höchsten libyschen Orden, den "Al-Fatah-Orden erster Klasse", für seine Verdienste um die "internationale Revolution" und den "Kampf gegen Rassismus und Zionismus", wie es damals hieß.
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Gaddafi und sein Clan blieben Österreich verbunden. Sein Sohn Saif al-Islam studierte in Wien und unterhielt enge Beziehungen zu dem 2008 tödlich verunglückten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und FPÖ-Funktionären. Saif kam nach dem Tod Haiders auch zu den Begräbnisfeierlichkeiten nach Klagenfurt.
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Haider war mehrmals in Tripolis, 2003 zusammen mit dem damaligen Vizekanzler Hubert Gorbach. Zudem sollen angeblich Dutzende Millionen von Gaddafi an die Haider-FPÖ geflossen sein. Bewiesen wurde das aber bisher nicht. 2002 gründete Haider die Österreichisch-Libysche Gesellschaft, die er als Präsident leitete.
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Auf Anordnung der Bundesregierung sperrte die Österreichische Nationalbank im März 2011 die Konten der Gaddafi-Familie. Auf heimischen Konten sollen rund 1,2 Milliarden Euro aus der Familie des libyschen Diktators und ihrem Dunstkreis veranlagt gewesen sein. Die OeNB bestätigte damals das Vorhandensein der Gelder, wobei die genauen Besitzer erst eruiert werden müssten. Nach dem Sturz des Regimes und einem entsprechenden Beschluss des UNO-Sicherheitsrates sowie der EU gab Österreich die eingefrorenen libyschen Gelder frei.(Im Bild: Außenminister Michael Spindelegger und Gaddafi)
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Im Mai 1999 reiste Benita Ferrero-Waldner, damals Staatssekretärin im Außenministerium, nach Libyen. Sie setzte sich später als EU-Kommissarin für die Freilassung der in Libyen jahrelang festgehaltenen bulgarischen Krankenschwestern ein, die sie im Juli 2007 abholen konnte, nachdem die Frauen eine Verzichtserklärung unterschreiben und sich verpflichten mussten, in Europa keine rechtlichen Schritte gegen Libyen wegen Folter und Misshandlung zu unternehmen.
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Für die österreichische Wirtschaft war der Ölstaat Libyen ein wichtiger Partner. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl stattete Tripolis im November 2009 mit einer 40-köpfigen Unternehmerdelegation einen Besuch ab. Der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Libyen, David Bachmann, gab einen optimistischen Ausblick für die wirtschaftliche Entwicklung nach Gaddafis Sturz. OMV und der Baustoff-Hersteller Asamer nahmen ihre Produktion in dem nordafrikanischen Staat wieder auf.
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Österreichs Beziehungen zu Libyen
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