Der am Sonntag tot in der Neuen Donau aufgefundene libysche Ex-Premier Shukri Ghanem ist mit Wien eng verbunden gewesen. Der ehemalige Gaddafi-Gefolgsmann war zuletzt in der Donaustadt (22. Bezirk) wohnhaft. (Bild: Ghanem mit Hubert Gorbach und Jörg Haider 2004 in Tripolis)
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Er lebte laut Medienberichten gemeinsam mit seiner Tochter in der Kratochwjlestraße, also unweit des Fundortes seiner Leiche. Seine Tochter soll österreichische Staatsbürgerin sein. Mehrere Jahre hatte er die Position des Vize-Generalsekretärs der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) inne, die ihren Sitz in der Bundeshauptstadt hat.
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Ghanem hatte jahrelang zur engsten Entourage des früheren libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafis gezählt. Er war "das zivilisierte, freundliche Aushängeschild eines korrupten Regimes", schrieb die Nachrichtenagentur dpa. Der Akademiker, der in den USA studierte und gerne teure Anzüge trug, träumte demnach von einem modernen Libyen. Es sei Gaddafis Sohn Saif al-Islam gewesen, der Shukri Ghanem seinem Vater empfohlen habe, berichtete der ORF. Die beiden trafen einander in Wien, als Gaddafis Sohn Saif Ende der 90er Jahre nach Österreich kam, um zu studieren.
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Ghanem war dann von 2003 bis 2006 Ministerpräsident. In dieser Position war er offenbar nicht glücklich: Er soll Bekannten gegenüber geklagt haben, dass Gaddafi keine echten wirtschaftlichen und politischen Reformen zulasse. Von 2006 bis Mitte Mai 2011 war Ghanem Chef der staatlichen libyschen Nationalen Öl-Gesellschaft, also Ölminister. In dieser Funktion habe er hin und wieder Besuch von den Söhnen Gaddafis bekommen. Diese forderten angeblich ohne Absprache mit dem Vater Geld aus dem Öl-Geschäft für ihre privaten Zwecke.
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Bereits wenige Tage, nachdem der Aufstand gegen Gaddafi im Februar 2011 begonnen hatte, hieß es in der Aufständischen-Hochburg Benghazi, Ghanem wolle sich aus Tripolis absetzen. Sicherheitskräfte des Regimes sollen ihn aber daran gehindert haben. Im Mai des vergangenen Jahres gelang es ihm schließlich, dem Regime den Rücken zuzukehren und über Tunesien auszureisen.
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Bei einer Pressekonferenz in Rom klagte er im Juni des Vorjahres über die "unerträgliche Gewalt" des damaligen Regimes in Tripolis und über den Bürgerkrieg in seinem Land. Nach seinem Bruch mit dem später von Rebellen getöteten Gaddafi soll Ghanem die Rache des damals noch aktiven Regimes gefürchtet haben, berichtete der Journalist und Islam-Experte Amer al-Bayati. Zuletzt soll Ghanem aber eine Rückkehr nach Libyen erwogen haben, um dort politisch tätig zu werden.
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Vor seiner Abkehr vom Regime Gaddafis (Bild) war er im März des Vorjahres laut Medienberichten verdächtigt worden, in Österreich Milliarden-Summen für den damaligen Machthaber geparkt zu haben. Es wurde sogar überlegt, seine Konten in Wien zu sperren. Die Nationalbank wollte dazu auf APA-Anfrage keinen Kommentar abgeben. Ghanem befand sich nicht auf der Sanktionsliste von EU und UNO gegen Gaddafi und dessen Umfeld. Allerdings stand sein Name auf der Schwarzen Liste der USA. Alle seine Guthaben in den USA wurden eingefroren.
Der 69-Jährige arbeitete der Polizei zufolge in den vergangenen Monaten in einem Büro in der Wiener Innenstadt. Er sei Berater gewesen. Ein Mitarbeiter identifizierte dann auch den Toten. Das vorläufige Obduktionsergebnis ergab Tod durch Ertrinken. Die endgültige Todesursache soll durch ein toxikologisches Gutachten geklärt werden.
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Gaddafis Ex-Vertrauter war mit Wien eng verbunden
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