Kanzleramt: Keine Argumente für Vorratsdatenspeicherung

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Symbolbild(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Kanzleramt sieht bei der Datenspeicherung Grundrecht-Konflikt. US-Rechtsexpertin Samuelson rügt anlässlich einer SPÖ-Tagung das Acta-Abkommen über den Schutz des Urheberrechts, das derzeit vom EuGH geprüft wird.

. . Bereits seit einem Monat müssen Verkehrsdaten von Telefon und Internet gespeichert werden, und noch immer gibt es Proteste gegen die Vorratsdatenspeicherung. Nun äußert sogar das Bundeskanzleramt Bedenken. „Zwingende Argumente für ein solches Instrument“ seien nicht ersichtlich, heißt es in einer Stellungnahme zur Bürgerinitiative „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“. Die Speicherung stehe „in einem offenkundigen Spannungsverhältnis mit den Grundrechten“, das Bundeskanzleramt sei daher „kritisch-ablehnend“.

Näheres über die Haltung wollte man im Bundeskanzleramt gestern aber nicht sagen, aus der Stellungnahme geht jedoch hervor, dass eine Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung derzeit trotzdem keine Option ist. Denn das Gesetz dazu basiert auf einer EU-Richtlinie. Bei Aufhebung drohen Strafzahlungen. Die aktuelle Regelung solle aber vom Gerichtshof der EU (EuGH) geprüft werden, heißt es in der Stellungnahme. Sollte sich eine Unvereinbarkeit mit der EU-Grundrechte-Charta zeigen, „wäre innerstaatlich der Weg frei für eine Anpassung der Rechtslage“.

Die Vorratsdatenspeicherung ist aber nicht das einzige internet-affine Thema, das derzeit die SPÖ beschäftigt: Gemeinsam mit der SPD und der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten veranstaltet man heute, Freitag, die Tagung „Das Recht auf Wissen – Für eine progressive Netzpolitik“. Gastrednerin ist US-Rechtsexpertin Pamela Samuelson. Sie hat kürzlich unter anderem mit Juristen von Disney und IBM 25 Vorschläge für eine Reform des US-Urheberrechts ausgearbeitet.

Acta: „zutiefst undemokratisch“

Bei einem Pressegespräch am Donnerstag kritisierte Samuelson das Acta-Abkommen über den Schutz des Urheberrechts, das derzeit vom EuGH geprüft wird. Das Zustandekommen sei intransparent und zutiefst undemokratisch gewesen, so Samuelson. Inhaltlich sei eine überzogene Ausweitung des Schadenersatzes zu befürchten. „Wenn junge Menschen Urheberrecht nicht respektieren, hat das auch damit zu tun, dass die Regelungen zu hart sind“, sagt Samuelson. Und: „Will man Filesharer ins Gefängnis schicken?“ Einer „Kulturflatrate“ (Internetuser zahlen eine Pauschale, dafür wird der persönliche Download entkriminalisiert) steht sie positiv gegenüber. Eine Festplattenabgabe, wie von SPÖ und ÖVP vorgeschlagen, sieht sie kritisch. Auch aus Fairness-Gründen: Computerbesitzer würden mehr zahlen, auch wenn sie nichts herunterladen. Kompliziert sei auch die Verteilung des Geldes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2012)

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