Telekom: Countdown zum großen Showdown

(c) Dapd (Ronald Zak)
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Bei der Hauptversammlung der Telekom Austria geht es um die Vergangenheit – die Korruptionsvorwürfe. Und um die Zukunft – mit Großaktionär Ronny Pecik. Beim Mehrheitseigentümer ÖIAG liegen die Nerven blank

Manchen gelingt es ganz gut, Nervosität zu kaschieren. Manchen weniger. ÖIAG-Chef Markus Beyrer gehört, so scheint es, zu letzterer Spezies. In drei Wochen findet die Hauptversammlung der Telekom Austria statt. Und die Nerven flattern ganz ordentlich.

Bei dem Termin am 23. Mai kommt auch einiges zusammen. Einerseits ist der Wirtschaftsprüfer BDO Deutschland mit der Durchleuchtung sämtlicher Telekom-Akquisitionen, Immobiliengeschäfte und Beraterverträge seit dem Jahr 2000 gerade fertig geworden – die Ergebnisse sollen den Aktionären präsentiert werden.

Andererseits wird es dort auch ein Tête-à-tête mit Ronny Pecik geben. Der Investor hat sich ja bereits mehr als 20 Prozent der Telekom-Aktien einverleibt. Möglicherweise wird er bis zur Hauptversammlung sogar über eine Sperrminorität, also 25Prozent, verfügen. Als Großaktionär wird er bei der Hauptversammlung jedenfalls seine Vorstellungen zur Zukunft des Konzerns erläutern. Und wohl nicht mit kritischen Worten sparen.

Was also tun, wenn die Anspannung unerträgliche Ausmaße annimmt? Markus Beyrer hat sich da etwas recht Originelles ausgedacht: In seiner Funktion als Aufsichtsratspräsident der Telekom hat er erst einmal am vergangenen Mittwoch eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen. Eine klassische Doublette: Für Montag kommender Woche ist nämlich ohnehin die turnusmäßige Sitzung des Kontrollgremiums anberaumt. Aber sicher ist halt sicher.

Das außertourliche Zusammentreffen war, wie Beyrers Sprecher Bernhard Nagiller betont, „schon lange geplant“. Und: „Es ging um die Vorbereitung der Hauptversammlung.“ Wenig überraschend gaben die Aufsichtsräte nach der Sitzung hochoffiziell die Empfehlung an die Aktionäre aus, bei der Hauptversammlung „Vorstand und Aufsichtsrat zu entlasten“. Eine zivil-, straf- und finanzstrafrechtliche Würdigung der BDO-Ergebnisse spreche jedenfalls dafür.

Alles im Griff also? Ansichtssache. Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger sieht in der Vorgangsweise ein „deutliches Zeichen für Nervosität“ und findet sie jedenfalls „reichlich skurril“. Er habe, wie er erzählt, „sogar Reaktionen aus dem Ausland bekommen“. Von Investoren, die über dieses vermeintliche österreichische Brauchtum – zwei Aufsichtsratstreffen vor einer Hauptversammlung – ein wenig verwundert sind. Aber Rasinger konnte ihnen auch nicht weiterhelfen. „Ich hab's auch nicht ganz verstanden“, sagt er. Üblicherweise werden solche Empfehlungen innerhalb einer ordentlichen Aufsichtsratssitzung „nach fünf Minuten abgehakt“. Und nicht in einer eigenen Sitzung.

„Das war eine unnötige Fleißaufgabe, die wieder viel Geld gekostet hat“, findet Rasinger. Was ihn in dem Zusammenhang besonders erbost: Der Telekom-Aufsichtsrat hat gleich drei Anwaltskanzleien engagiert, die sich die Forensikuntersuchungen von BDO zu Gemüte geführt haben – und Vorstand sowie Aufsichtsrat den Persilschein ausgestellt haben. Rasingers wenig schmeichelhafter Befund: In der Telekom leide man offenbar wieder unter „Berateritis“.

Bei der Hauptversammlung wird Rasinger wohl nochmals in Rage kommen – und wohl nicht nur er: Es ist nämlich geplant, den Aktionären bloß eine knappe, von Rechtsanwälten formulierte Zusammenfassung der BDO-Expertise vorzulegen. So gesehen ist die Nervosität Beyrers verständlich: Die Aktionäre werden solch gefilterte Informationen wohl nicht kritiklos hinnehmen. Ronny Pecik schon gar nicht.

Doch dieser Umgang mit der Vergangenheit entspricht halt tatsächlich österreichischem Brauchtum. Detto die Lösung, die für die künftige Zusammenstellung des Telekom-Aufsichtsrats gefunden wurde.

Investor Ronny Pecik fordert zwei Sitze in dem Gremium – einen für sich selbst, einen für seinen Finanzier Naguib Sawiris. Die Frage, welche beiden Aufsichtsräte deswegen gehen müssen, wurde indes elegant-österreichisch gelöst: keiner. Der Aufsichtsrat wird einfach aufgestockt.

Von Neuausrichtung also keine Spur. Dabei hätte es im Telekom-Aufsichtsrat durchaus zwei Abschiedskandidaten gegeben: Edith Hlawati und Wilfried Stadler. Über Hlawati hat sich Pecik in der Vergangenheit ja schon recht eindeutig geäußert: Die Anwältin sei als Telekom-Aufsichtsrätin untragbar, weil ihre Kanzlei den Konzern jahrelang auch juristisch beraten und üppige Honorare lukriert hat. Und Wilfried Stadler, Investkredit-Chef a.D., soll sogar selbst seinen Rücktritt angeboten haben.

Beide bleiben. Offenbar, weil Beyrer berechenbare Aufsichtsräte braucht. Immerhin hat Pecik in den vergangenen Wochen einen recht guten Draht zu den Telekom-Betriebsräten – die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten sind – aufgebaut. Das Risiko, dass Pecik als künftiger Aufsichtsrat die Mehrheitsverhältnisse in dem Gremium kippen könnte, ist Beyrer zu groß.

Es gibt ja schließlich generell genug Unwägbarkeiten. So mehren sich im ÖIAG-Aufsichtsrat die Stimmen, die eine Ablöse der beiden Telekom-Vorstände Hannes Ametsreiter und Hans Tschuden fordern. Es wird nur mehr nach dem geeigneten Zeitpunkt für eine Rochade gesucht. Und mit Post-Chef Georg Pölzl glauben auch viele, den geeigneten neuen Telekom-Chef gefunden zu haben. Gespräche mit ihm hat es jedenfalls in der Angelegenheit schon gegeben, Pölzl soll einem Wechsel auch nicht abgeneigt sein – da kann er offiziell noch so oft dementieren.

Nichts für strapazierte Nerven.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2012)

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Kommentare

Ein bisschen Spaß muss sein

Die Telekom-Hauptversammlung ist vorbei. Zu blöd: Wo's grad so lustig war.

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