TV-Drama zu Alzheimer: Brandauer und Gedeck als Paar

(c) ORF (Petro Domenigg)
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Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck drehen in Wien eine Liebesgeschichte, die die Diagnose Alzheimer zum Drama wandelt.

Der SWR (und damit die ARD) sind involviert, die deutsche PR-Agentur führt Regie, somit geht alles zügig am Set: Fotos in der Aula der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz, dann geht's im Eiltempo ins nächstgelegene Hotel. Die Protagonisten sind trotzdem (oder gerade deshalb?) entspannt, Klaus Maria Brandauer hat, trotz des ernsten Themas, seinen Spaß. Im Fernsehfilm „Die Auslöschung“, der gerade in Wien und Umgebung gedreht wird, spielt er einen scharfsinnigen Kunsthistoriker, der eine späte Liebe findet, doch zunehmend zerstreut wirkt. Er lässt sich untersuchen, und plötzlich ist die Diagnose Alzheimer drin in der Zweisamkeit.

Wie schwierig es für ihn sei, da ja nicht chronologisch gedreht werde, zwischen den Zuständen zu wechseln, will man wissen. Einmal da, dann wieder ohne Erinnerung? „Ich glaube, ob da oder nicht da, ich muss da sein. Da muss ich sein“, erklärt Brandauer den Journalisten. „Jetzt müssen Sie's irgendwie erklären.“

Dann holt er stimmlich doch zu einer Art Erklärung aus. „Es ist nicht so schwierig, wie man das glaubt. Je nach unseren Möglichkeiten, unserer Begabung und Bildung, wenn wir welche haben, machen wir – jetzt werde ich von allen Künstlern gelyncht – ein Bürgerservice. Besonders, wenn wir für Television arbeiten. Da sind vorher die Nachrichten, da hören wir, wer welche Wahl gewonnen hat, wie viel Tote es wo gibt – damit sind wir in Konkurrenz.“ Eine „unglaubliche“, selten gewordene Schauspielfreude nennt seine deutsche Schauspielkollegin Martina Gedeck das, was Brandauer da in die Schlacht mit den Nachrichten wirft. Überhaupt, glaubt man den Beteiligten, passiert zwischen den Darstellern Spezielles. „Da sind vor der Kamera schon Dinge passiert, die ich bisher so noch nicht gesehen habe“, sagt Regisseur Nikolaus Leytner, der weniger ein Alzheimerdrama als eine Liebesgeschichte im Sinn hat, und die Frage: „Was passiert mit der Liebe, wenn bei einem der beiden das, was ihn ausmacht, langsam verschwindet?“

Dass Christiane Hörbiger, mit der er oft gearbeitet hat, ebenfalls gerade einen Film zu diesem Thema dreht, findet Leytner lustig. „Ich habe selbst erst im Lauf der Recherche festgestellt, wie präsent dieses Thema ist. Es ist eher ein Wunder, dass es in meiner Umgebung keinen Fall gibt.“ Auch Martina Gedeck, zuletzt mit der Haushofer-Verfilmung „Die Wand“ auf der Berlinale präsent, hat keine eigenen Erfahrungen mit der Krankheit. „Aber ich habe viel gelesen. Vor allem Arno Geigers Buch ,Der alte König in seinem Exil‘ hat mich sehr beeindruckt.“ Brandauer selbst hat unter seinen Bekannten ein Paar, das mit Alzheimer leben muss. „Ich lege meine Hand nicht ins Feuer, dass ich das könnte. Aber ich würde von mir haben wollen, dass ich, wenn ich jemanden liebe, die Kraft aufbringe, das zu machen, was Judith in unserem Film macht.“ Überhaupt, erklärt er: „Ich steh auf die Liebe.“ Und wiederholt ein „Sprüchlein“, das ihm vor einer Stunde eingefallen sei: „Lieben heißt, für jemand anderen auf der Welt sein.“


Eindeutig von seiner Zuneigung umfasst ist auch Philipp Hochmair, einst sein Schüler, nun, im Film, Sohn. „Er hat in meinen jungen Körper seine Ideen hineingeprügelt, im wahrsten Sinn des Wortes“, erinnert sich Hochmair an sein erstes Stück. „Er meinte zu mir, wenn der Teufel auftritt, sei das so – und hat weit ausgeholt und mir aufs Brustbein geschlagen, dass ich Sterne gesehen hab.“ „Sehen Sie“, sagt Brandauer, „und da sitz ich in einem Theater bei den Salzburger Festspielen, da tritt einer auf und spielt Mephisto – und das ist er. Da hab ich geweint, und jetzt hab ich wieder Tränen in den Augen. Warum? Weil's so fesch ist, wenn man sich gern hat.“

Auf einen Blick

„Die Auslöschung“ (SWR/ORF) erzählt die Geschichte eines Kunsthistorikers, der eine späte Liebe findet und wenig später an Alzheimer erkrankt. Regisseur Nikolaus Leytner („Ein halbes Leben“) hat das Drehbuch mitgeschrieben und eine Liebesgeschichte im Sinn. Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck spielen die Hauptrollen, Philipp Hochmair, Regina Fritsch, Birgit Minichmayr und Andreas Kiendl sind ebenfalls dabei. Gedreht wird noch bis voraussichtlich 1. Juni in Wien und Umgebung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2012)

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