Der FP-Politiker Martin Graf soll eine 90-Jährige getäuscht haben. Die Grünen wollen einen Abwahlantrag einbringen. Die SPÖ will einen derartigen Schritt "ernsthaft in Erwägung ziehen".
Die Grünen drängen wegen der Vorwürfe gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) auf die Schaffung einer generellen Abwahlmöglichkeit von Nationalratspräsidenten. Ihre Partei werde einen entsprechenden Antrag Mitte Juni im Nationalrat einbringen, sagte Parteichefin Eva Glawischnig am Donnerstag. Der Grund der Aktion: Graf soll einer 90-jährigen Frau zur Errichtung einer Privatstiftung geraten und sie dabei getäuscht haben. Sie will den Politiker vom Gericht vom Vorstand abberufen lassen.
Die Grünen hatten schon 2009 einen Abwahlantrag eingebracht - Auslöser war ebenfalls eine Äußerung Grafs, der damals den ehemaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, scharf attackiert hatte. Letztlich war das Ansinnen (das eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt) gescheitert, da sich SPÖ und ÖVP nicht auf einen gemeinsamen Modus einigen konnten.
„Wir werden diesen Antrag neuerlich einbringen", sagte Glawischnig nun. Ihrer Ansicht nach ist Graf damals „ausschließlich von ÖVP-Gnaden" Nationalratspräsident geblieben. Jetzt aber bleibe "kein weiteres Argument, ihn weiter zu schützen", so die Grünen-Chefin. Graf zerstöre mit seinen Aktivitäten die Reputation eines der höchsten Ämter im Staate.
SPÖ: Abwahl "ernsthaft in Erwägung ziehen"
Die Regierungsparteien reagierten zurückhaltend auf die Ankündigung der Grünen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sagte, sollte Graf sich nicht von selbst zurückziehen, müsse man einen derartigen Schritt "ernsthaft in Erwägung ziehen".
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf kritisierte zwar die "Optik" der Causa, Konsequenzen könne Graf in diesem Fall aber nur selbst ziehen. Ein Vorwurf könne so lange keine formalen Konsequenzen nach sich ziehen, solange er nicht bewiesen sei. "Daher gilt für den freiheitlichen Nationalratspräsidenten Graf natürlich die Unschuldsvermutung." Nichtsdestotrotz sei die Optik der Causa "alles andere wie gut", betonte Kopf. Sie schade der Politik im allgemeinen und dem Präsidentenamt im besonderen. Graf sei daher gefordert, rasch für lückenlose Aufklärung zu sorgen.
Zur Frage einer Abwahlmöglichkeit meinte Kopf, Konsequenzen aus rein moralischen Gründen könnten nur die Betroffenen, "allenfalls auf öffentlichen Druck", selbst ziehen. Er verwies darauf, dass er bereits Anfang 2010 (gemeinsam mit dem Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer) einen Vorschlag für die "Verantwortlichkeit von Staatsorganen" gemacht habe. Dieser Vorschlag sieht vor, dass der Nationalrat im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung die Absetzung beim Verfassungsgerichtshof beantragen kann.
Causa Graf
Laut ORF-Bericht hat eine Frau auf Grafs Rat ihr gesamtes Vermögen (rund eine Millionen Euro) in die Stiftung eingebracht, Graf wurde in den Vorstand berufen. Erst Jahre nach der Gründung der Stiftung habe sie erfahren, dass sie über ihr Vermögen nicht mehr bestimmen kann. Die Stiftung soll dann aus dem Vermögen der Frau sowie über einen Kredit einen Hausanteil gekauft haben, in welchem das Gasthaus der Familie Graf eingemietet ist. Die Stifterin bezweifelt, ob der Kaufpreis angemessen war, auch habe es bei den Mieteinnahmen Rückstände gegeben.
(APA/Red.)