von Wilhelm Conrad Röntgen

Physik: Eine sensationelle Entdeckung

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Zu Jahresende 1895 zeigte Wilhelm Conrad Röntgen, dass sich mittels unsichtbarer Strahlen menschliche Knochen fotografieren lassen. Das berichtete sein Institut der „Presse“, die am 5. Jänner 1896 als erste Zeitung darüber informierte.

In den gelehrten Fachkreisen Wiens macht gegenwärtig die Mittheilung von einer Entdeckung, welche Professor Röntgen in Würzburg gemacht haben soll, große Sensation. Wenn sich dieselbe bewährt, wenn die hierauf bezüglichen Mittheilungen sich als begründet erweisen, so hat man es mit einem in seiner Art epochemachenden Ergebnisse der exacten Forschung zu thun, das sowol auf physikalischem wie auf medicinischem Gebiete ganz merkwürdige Consequenzen bringen dürfte. Wir hören hierüber:

„Professor Röntgen nimmt eine Crookes'sche Röhre – eine sehr stark ausgepumpte Glasröhre, durch die ein Inductionsstrom geht – und photographirt mit Hilfe der Strahlen, welche diese Röhre nach außen hin aussendet, auf gewöhnlichen photographischen Platten. Diese Strahlen nun, von deren Existenz man bisher keine Ahnung hatte, sind für das Auge vollständig unsichtbar; sie durchdringen, im Gegensatz zu gewöhnlichen Lichtstrahlen, Holzstoffe, organische Stoffe und dergleichen undurchsichtige Körper. Metalle und Knochen hingegen halten die Strahlen auf. Man kann bei hellem Tageslicht mit „geschlossener Cassettephotographiren; das heißt, die Lichtstrahlen gehen den gewöhnlichen Weg und durchdringen auch den Holzdeckel, der vor die lichtempfindlichen Platten geschoben ist und sonst vor dem Photographiren entfernt werden muß. Sie durchdringen auch eine Holzhülle vor dem zu photographirenden Object. Professor Röntgen photographirt z. B. die Gewichtstücke eines Gewichtsatzes, ohne das Holzetui zu öffnen, in welchem die Gewichte aufbewahrt sind. Auf der gewonnenen Photographie sieht man nur die Metallgewichte, nicht die Cassette. Ebenso kann man Metallgegenstände, die in einem Holzkasten verwahrt sind, photographiren, ohne den Kasten zu öffnen. Wie die gewöhnlichen Lichtstrahlen durch Glas gehen, so gehen diese neuentdeckten von den Crooke'schen Röhren ausströmenden Strahlen durch Holz und auch durch – Weichtheile des menschlichen Körpers. Am überraschendsten ist nämlich die durch den erwähnten photographischen Proceß gewonnene Abbildung von einer menschlichen Hand. Das Bild enthält die Knochen der Hand, um deren Finger die Ringe frei zu schweben scheinen. Die Weichtheile der Hand sind nicht sichtbar. Einige Proben dieser sensationellen Entdeckung circuliren in Wiener Gelehrtenkreisen und erregen in denselben berechtigtes Staunen.“

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