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Anna Prohaska: Woher kommt denn die verführerische Undine?

(c) Harald Hoffmann/DG
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Anna Prohaska, polyglotter Sopran mit wienerischen Wurzeln, bezaubert in Oper und Konzert durch eine rare Mischung aus Intellekt und Sentiment.

Polyglott ist sie, wenn sie auch ihre wienerischen Wurzeln nie ganz vergessen hat: Anna Prohaska ist die Tochter eines in Wien in eine Musikerfamilie geborenen Regisseurs und einer irisch-englischen Mutter; und sie hat den Großteil ihres Lebens bisher doch eher in Berlin als an der Donau verbracht.

Und doch: Dass der Großvater ein angesehenes Mitglied der hiesigen Opern- und Konzertmyzels war, dass der Vater, nach der Wende auf einen Professorenposten an der Berliner Hanns-Eisler-Universität berufen, sich angelegentlich um die szenische Komponente des Musiktheater-Handwerks kümmerte, das hat das künstlerische Weltbild der Sopranistin doch zumindest mitgeprägt.

Von der alten Sänger-Manie, sich in heiklen Momenten einer Opernaufführung doch lieber an die Rampe zu begeben, um seine Töne so schön wie möglich über dieselbe bringen zu können, war Anna Prohaska von Anbeginn weit entfernt. Und von den choreographischen Klischees der Repertoirewelt auch: Um einen Vamp darzustellen, muss man nicht die Hände in die Hüften stemmen. Anna Prohaska verfügt szenisch wie musikalisch souverän über sämtliche anderen Möglichkeiten, über die des echten, anrührenden Musiktheaters. Man hat es erfahren, als sie in den Anfängen ihrer Karriere, gerade Ensemblemitglied der Berliner Lindenoper geworden, bei den Salzburger Festspielen die Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“ verkörperte – singen oder spielen oder singen und spielen, das wären bei ihr die falschen Vokabel.

Man hat es seither immer wieder erlebt – und zwar nicht nur auf den Opernbühnen, sondern auch in den Konzertsälen, wo sie mit ungewöhnlichen Programmen aufhorchen ließ, die sie in ebensolcher stimmlicher Durchdringung präsentierte. In Wien sang sie zunächst in den „Neuen Sälen“ des Musikvereins, aber bald schon auf „höherer Ebene“: Als sie im Brahmssaal ihr „Undinen“-Programm vorstellte, staunte man nicht schlecht, in wie vielen Sprachen diese akribisch arbeitende Präzisionsfanatikerin die Verführungskünste von Wassernixen aller Nationen zu singen versteht.

Dergleichen Mixturen aus Wunschkonzert-Nummern und völlig unbekannten Versatzstücken des barocken, klassischen, romantischen und modernen Repertoires taugen auch zu klugen CD-Veröffentlichungen – und machten den Namen Anna Prohaskas als den einer der originellsten Sängerpersönlichkeiten unserer Zeit international bekannt.
Immer wieder war es daher auch Salzburg, das ihr im Sommer ein Podium bot, zuletzt war sie etwa die Cordelia in der aufsehenerregenden Wiederaufführung von Aribert Reimanns „Lear“. Vor allem aber für Beweise ihrer fabelhaften Gestaltungskunst im intimen Liedfach. Wofür sich Anna Prohaska schon einmal durch einen halsbrecherischen Spontaneinsatz bedankte: Als eine Kollegin über Nacht ausfiel, rettete sie die Festspieleröffnung, in dem sie ohne viel Federlesens die aberwitzigen Koloraturen von Mozarts Virtuosen-Kantate „Exsultate, jubilate“ übernahm . . . (sin)


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