„Geburtstags-Atombombe“ für Nordkoreas Staatsgründer?

Feierlichkeiten zum 105. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung.
Feierlichkeiten zum 105. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung. APA/AFP/ED JONES
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Kim Il-sung wäre am Samstag 105 Jahre alt geworden. Wegen Aktivitäten auf einem Testgelände wird ein „Geburtstags-Atomtest“ erwartet.

Seoul/Pjöngjang/Washington. „Besorgnis“ ist vorerst der Grundton der internationalen Erwartungshaltung hinsichtlich des kommunistischen Nordkoreas: Denn es wird befürchtet, dass das Land den 105. Geburtstag des 1994 verstorbenen Staatsgründers Kim Il-sung am Samstag mit einer Atomexplosion feiern könnte. Satellitenbildern zufolge gibt es einschlägige Aktivitäten auf dem Atomtestgelände Punggye-ri im Nordosten des Landes. Die Rede ist sogar von einer Intervention der USA für den Fall.

Doch abgesehen davon, dass nicht klar ist, gegen welches Ziel sich eine US-Aktion richten sollte, und was damit nach schon fünf bekannten unterirdischen Atomtests Nordkoreas seit 2006 plus zweier möglicher, extrem schwacher oder missglückter Tests bewirkt werden soll: Das Rätsel um Nordkoreas Atomarsenal ist vor allem, wie „real“ es ist. Das hängt zum einen von der Zahl der Sprengsätze ab, doch nicht einmal die ist bekannt: Schätzungen pendeln zwischen zehn und 25, meist wohl auf Plutoniumbasis gebaut. Ein weiterer Faktor ist der „Yield“, die Sprengkraft: Aus den seismischen Schwingungen der fünf Atomtests wurde abgeleitet, dass die Bomben sehr schwach waren: Vier wurden auf Explosionsenergien von weniger als zehn Kilotonnen TNT-Äquivalent taxiert.

Vergleich: Die Hiroshima-Bombe von 1945 entsprach 13 Kilotonnen, moderne Nuklearwaffen haben Dutzende bis hunderte kT Explosionskraft, ja bis in den Megatonnenbereich. Pjöngjangs erste Bombe dürfte überhaupt ein „fizzler“, sprich „Zischer“, also Fehlschlag, gewesen sein, da man nur 0,2 bis 0,6 kT Explosionskraft errechnet hat.

Angeblich geeignet für Raketen

Die bisher letzte Explosion (September 2016) war mit zwölf, nach einigen Quellen mehr als 20 kT nicht nur etwas stärker: Erstmals behauptete Nordkorea nun mit Nachdruck, die Bomben seien vom Volumen her klein genug, um sie auf Raketen zu montieren. Das wäre ein Riesenschritt, denn wenngleich man Atombomben auch durch Flugzeuge einsetzen kann, so ist, auch angesichts der desolaten Luftwaffe Nordkoreas, deren Chance, ein Ziel zu erreichen, weit geringer.

Nun hat Nordkorea zwar ein großes Arsenal von mehreren hundert Raketen unterschiedlichster Reichweite (s. Karte), doch fielen bei den Dutzenden Tests bisher alle weit unter 1000 Kilometer entfernt und weit vor Japan ins Meer. Alle in der Karte sichtbaren Reichweitenringe sind somit nur Ausdruck von Vermutungen – oder, speziell bei Ring 4 und 5, Ausdruck von Wünschen, denn diese Raketen sind noch in Entwicklung.

Mehrfach haben Militärexperten bezweifelt, dass Nordkorea A-Bomben schon auf Raketen packen kann, jedenfalls auf solche, die weiter als bis Japan fliegen. Zudem hat man mehrfach bei Paraden in Pjöngjang gezeigte angebliche Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen als Attrappen enttarnt.

Gerüttelt Maß Kristallkugellesen

Dennoch ist bei dem Thema ein gerüttelt Maß Kristallkugellesen dabei: Im März 2016 etwa hieß es aus dem Pentagon, Nordkoreas Kernwaffen seien noch nicht raketentauglich. Tage später sagte Admiral William Gortney, damals Chef des US Northern Command und damit auch der kontinentalen Luftverteidigung NORAD, man solle besser annehmen, dass Nordkorea Nordamerika mit Raketen treffen könne – wenngleich mit einer sehr schlechten Erfolgschance. (wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2017)

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