Recep Tayyip Erdoğan will sich von der Bevölkerung seine Vision einer Präsidialrepublik absegnen lassen. Der Staatschef soll die ganze Macht erhalten.
Istanbul. Es ist eine historische Weichenstellung für den künftigen Weg der Türkei. Rund 58 Millionen türkische Wähler entscheiden am Sonntag über den weitreichendsten Umbau des Staates seit Jahrzehnten. Präsident Recep Tayyip Erdoğan wirbt für die Einführung eines Präsidialsystems, das ihm selbst auf Jahre hinaus große Machtbefugnisse einräumen würde. Seine Gegner warnen vor einem Ein-Mann-System, dem Ende der Republik Atatürks und einem unaufhaltsamen Marsch in die Diktatur, sollten die Türken tatsächlich Ja zu Erdoğans Plänen sagen.
Laut Erdoğan und seiner Regierungspartei, AKP, grenzt es an ein Wunder, dass in der Türkei derzeit überhaupt etwas funktioniert: Nur im heftigen Kampf gegen das bestehende System habe seine Regierung in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten ihre Vorstellungen durchsetzen und der Türkei neuen Wohlstand und neues Ansehen bescheren können, behauptet der Präsident bei seinen Wahlkampfkundgebungen vor dem Referendum. Die Einführung der Direktwahl des früher vom Parlament bestimmten Präsidenten 2007 habe zur Zersplitterung der Befugnisse an der Spitze des Staates geführt, so die AKP. Es gebe eine Konkurrenz zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Ministerpräsidenten, der dem Kabinett vorsteht: Beide hätten starke demokratische Mandate. Dies führe zu einer „Doppelköpfigkeit“ und damit zu vielen Reibungsverlusten.