Nordkorea-Konflikt: „Die Zeit der Geduld ist zu Ende“

US-Vizepräsident Mike Pence (Mitte) bei seinem Besuch von einem US-Militärstützpunkt an der entmilitarisierten Zone.
US-Vizepräsident Mike Pence (Mitte) bei seinem Besuch von einem US-Militärstützpunkt an der entmilitarisierten Zone.(c) APA/AFP/JUNG YEON-JE
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US-Vizepräsident Pence warnt Pjöngjang vor weiteren Raketen- und Atomtests. Der jüngste Raketentest Nordkoreas wurde trotz seines Scheiterns weltweit scharf verurteilt.

Seoul/Washington. Einen Tag nach dem neuen Raketentest Nordkoreas ließ Washington mit einer scharfen Warnung an das Regime in Pjöngjang aufhorchen. Weitere Raketen- und Atomtests würden nicht toleriert, richtete US-Vizepräsident Mike Pence bei einem Besuch in Südkorea am Montag dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un aus. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump habe ihre Entschlossenheit jüngst mit den Luftangriffen in Syrien und Afghanistan demonstriert. „Nordkorea wäre gut beraten, diese Entschlossenheit und die Stärke der US-Armee in dieser Region nicht auf die Probe zu stellen.“

Der Vizepräsident betonte, „die Zeit der strategischen Geduld“ mit der kommunistischen Führung um Machthaber Kim sei vorüber. Untermauert werden diese Worte mit dem Aufmarsch eines Flottenverbandes mit Flugzeugträger, den die USA kürzlich in die Region entsandt haben. Das hatte Spekulationen über einen möglichen Militärschlag genährt. Trump drängt zwar China, mäßigend auf Nordkorea einzuwirken. Er hatte aber auch einen Alleingang zum Stopp des nordkoreanischen Atomprogramms nicht ausgeschlossen.

Nach dem Start explodiert

Trotz der derzeit gefährlich hohen Spannungen in dem Konflikt hatte Nordkorea am Sonntag erneut einen Raketentest durchgeführt – der allerdings scheiterte, weil der Flugkörper fast sofort nach dem Start explodierte. Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 105. Geburtstag des nordkoreanischen Staatsgründers Kim Il-sung, „Tag der Sonne“ genannt, war sogar ein Atomtest erwartet worden. Dass dieser zunächst ausblieb und auch keine Langstreckenrakete getestet wurde, werteten Beobachter als ein Zeichen, dass sich die Führung in Pjöngjang sehr wohl von den US-Drohungen der vergangenen Tage habe beeindrucken lassen.

Machthaber Kim Jong-un, der Enkel des „Ewigen Präsidenten“, beschränkte sich darauf, sein Waffenarsenal zum höchsten Feiertag bei einer Militärparade zu präsentieren, darunter auch neue Raketen und mobile Abschussrampen. Beobachter spekulierten, ob es sich teilweise um Attrappen handelte.

Der Raketentest am Sonntag wurde nahe der Hafenstadt Sinpo an der Ostküste vorgenommen – nur wenige Stunden, bevor US-Vizepräsident Pence in Südkorea eintraf. Es handelte sich vermutlich um eine Mittelstreckenrakete.

Der Test löste weltweit Empörung aus. UNO-Resolutionen untersagen Nordkorea den Abschuss ballistischer Raketen. Der große Nachbar China, einer der wenigen Verbündeten Pjöngjangs, warnte vor einer „sehr heiklen und gefährlichen Lage“ und rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe mahnte zu diplomatischen Bemühungen sowie zu Druck, um Nordkorea zu einem ernsthaften Dialog zu bewegen. Er bestätigte, dass Tokio an Krisenplänen für eine Evakuierung der schätzungsweise 57.000 Japaner in Südkorea arbeite.

Russland rief die USA auf, nicht militärisch einzugreifen. „Ich hoffe, dass es keine einseitigen Schritte der USA wie in Syrien geben wird“, so der Außenminister Sergej Lawrow. Trump habe im Wahlkampf versprochen, militärische Interventionen zu unterlassen. Moskau verurteile aber auch das nukleare Abenteurertum Nordkoreas.

Anklage gegen Park

Vizepräsident Pence besuchte am Montag einen US-Militärstützpunkt an der entmilitarisierten Zone im streng gesicherten Grenzgebiet zu Nordkorea. Ihn verbindet mit der entmilitarisierten Zone eine persönliche Geschichte: Sein Vater, Edward Pence, hatte mit den südkoreanischen Truppen im Koreakrieg (1950 bis 1953) gekämpft. Nach der Visite traf Vizepräsident Pence mit Südkoreas kommissarischem Präsidenten Hwang Kyo-ahn zusammen. Gegen dessen Vorgängerin, die wegen eines Korruptionsskandals abgesetzte Präsidentin Park Geun-hye, erhob die Staatsanwaltschaft am Montag formal Anklage, unter anderem wegen Bestechlichkeit, Nötigung, Amtsmissbrauchs und der Verletzung von Staatsgeheimnissen.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster betonte, Washington arbeite wegen Nordkorea eng mit Peking zusammen. Die USA seien sich mit Südkorea und Japan, aber auch mit China einig, dass „das Problem nun an einem kritischen Punkt angelangt“ sei. Es sei „an der Zeit, dass wir alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen – vor einer militärischen Option –, um das Problem friedlich zu lösen.“ (Reuters/AFP/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2017)

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