Neue Regierung im Kosovo – mit hauchdünner Mehrheit

Leader of the Alliance for Future of Kosovo, Haradinaj, with his wife  after he was elected as new Prime Minister of the Republic of Kosovo in Pristina,
Leader of the Alliance for Future of Kosovo, Haradinaj, with his wife after he was elected as new Prime Minister of the Republic of Kosovo in Pristina,(c) REUTERS (Stringer .)
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62 der 120 Abgeordneten stimmten für Kabinett unter dem früheren Rebellenkommandanten Ramush Haradinaj.

Drei Monate nach der Parlamentswahl hat der Kosovo eine neue Regierung. Das Parlament in Pristina wählte am Samstag den früheren Rebellenkommandanten Ramush Haradinaj zum neuen Regierungschef.

Das Kabinett des 49-Jährigen wird gestützt von einer Parteienkoalition ehemaliger Rebellenführer am Ende der 1990er-Jahre, die daher als "Kriegsfraktion" bezeichnet wird. 62 von 120 Abgeordneten stimmten für die neue Regierung. Die Opposition, die aus "Tauben" des Konflikts gebildete LDK (Demokratische Liga) und die ultranationalistische Vetevendosja (Selbstbestimmung), hatte den Parlamentssaal zuvor verlassen.

Ermöglicht wurde die Bildung der Regierung im zu 90 Prozent von Albanern bewohnten Kosovo durch die Unterstützung von zehn Abgeordneten der serbischen Minderheit. Die neue Regierung werde nicht überleben, sollten die Serben schlecht behandelt werden, drohte der in Belgrad für den Kosovo zuständige Marko Djuric bereits am Sonntag. Es handle sich immerhin um die erste Regierung, die von den Stimmen der Serben abhängig ist.

Der Kosovo hatte sich 2008 nach dem Kosovo-Krieg 1998/99 und Jahren unter UNO-Verwaltung für unabhängig erklärt. Davor war es eine serbische Provinz und gehörte zu Rest-Jugoslawien.

Serbien verlangte Auslieferung Haradinajs

Noch im vergangenen Frühjahr war Haradinaj vier Monate in Frankreich festgesessen, weil Serbien seine Auslieferung wegen behaupteter Kriegsverbrechen Ende der 1990er-Jahre im Kosovo verlangt hatte. Sein Land halte die Vorwürfe weiter aufrecht und lasse international nach ihm fahnden, sagte der serbische Präsident Aleksandar Vucic. Vom UNO-Kriegsverbrechertribunal war Haradinaj, der schon einmal kurz Premier war und das Amt aufgab, als er sich freiwillig stellte, zwei Mal freigesprochen worden.

Die neue Regierung steht vor großen Aufgaben. Sie muss die höchste Arbeitslosigkeit in Europa ebenso bekämpfen wie die überall grassierende Korruption. Der Kosovo mit zwei Millionen Einwohnern, davon rund 100.000 Serben, gilt in Europa als Drehscheibe für Drogen-, Waffen- und Menschenschmuggel. Die Opposition hält dem neuen Regierungschef vor, er sei ebenso wie Staatspräsident Hashim Thaci, ebenfalls ein ehemaliger Kommandant der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK), Teil dieser kriminellen Netzwerke.

Serbische Minderheit als größte Herausforderung

Die größte Herausforderung stellt aber die serbische Minderheit dar. Der Nachbar Serbien erkennt die vor neun Jahren ausgerufene Unabhängigkeit seiner früheren Provinz nicht an und will sie wieder zurückhaben. Allerdings haben 115 Staaten den Kosovo inzwischen weltweit anerkannt. Seit vielen Jahren vermittelt die EU zwischen den verfeindeten Nachbarn. Viele am Verhandlungstisch erzielte Vereinbarungen wurden nicht umgesetzt. Weil die neue kosovarische Regierung von der serbischen Minderheit und damit von Belgrad abhängt und nur eine knappe Mehrheit im Parlament besitzt, sagen ihr heimische Kommentatoren nur ein kurzes Leben voraus.

An der Regierung beteiligt sind Haradinajs Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), die Demokratische Partei (PDK), aus der Thaci stammt und die die stärkste Einzelkraft im Kosovo ist, sowie Nisma (Initiative) und die Minderheitenvertreter. So erhält die Belgrad-treue "Serbische Liste" drei Ministerposten. Die knappe Mehrheit kam erst zustande, als die Allianz für einen neuen Kosovo (AKR) des Milliardärs Behgjet Pacolli, die ein Wahlbündnis mit der LDK gebildet hatte, an Bord geholt wurde. Pacolli soll nun Außenminister werden.

(APA/dpa)

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