"Die Periode setzte aus": Eine Nordkoreanerin berichtet vom Militärdienst

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Zehn Jahre diente Lee So Yeon in der nordkoreanischen Armee. Eine Tortur: Sie berichtet der BBC von Unterernährung, körperlicher Überanstrengung, mangelnder Hygiene und sexueller Gewalt.

Lee So Yeon diente fast zehn Jahre in der nordkoreanischen Armee. Was sie dabei erlebte und unter welchen Bedingungen junge Frauen beim Militär zurechtkommen müssen, erzählte die mittlerweile 41-jährige Frau dem britischen Sender BBC. Die hygienischen Zustände seien katastrophal, vor allem für Frauen. Mangelernährung und die körperliche Anstrengung führten bei den meisten jungen Frauen zum Aussetzen der Periode. Sexuelle Gewalt stand auf der Tagesordnung, erzählt Lee, die vor zehn Jahren aus Nordkorea geflüchtet ist.

Lee diente von 1992 bis 2001. Sie schlief in einem Schlafsaal mit mehr als 25 weiteren Frauen. In kleinen Kommoden wurden die Uniformen verstaut, auf jeder standen zwei kleine Bilder: eines von Staatsgründer Kim Il-sung und eines von dessen verstorbenem Sohn Kim Jong-il. Die Matratzen der Soldatinnen seien mit Reishülsen gefüllt gewesen, die jegliche Körpergerüche speicherten, berichtet Lee. "Alle Gerüche unseres Schweißes und andere Gerüche waren darin. Das war nicht angenehm", sagte die junge Frau dem Sender.

Vor allem das fehlende Warmwasser hat sie in Erinnerung. Es gab nur eine Wasserleitung direkt von einem Bergfluss. "Wir bekamen Frösche und Schlangen durch die Leitung".

Hunger trieb Tausende in die Armee

Viele Nordkoreaner erhofften sich am Höhepunkt der Hungerkrise in den 1990er-Jahren vom Militärdienst zumindest eine warme Mahlzeit am Tag. Tausende junge Frauen suchten so Zuflucht beim Militär - auch Lee, die Tochter eines Universitätsprofessors.

Die tägliche Routine sei für Frauen und Männer ähnlich gewesen: für Frauen eine Spur weniger sportliche Übungen, dafür mehr Putz- und Kochdienste. Nordkorea ist ein traditionalistisch-patriarchischer Staat, erklärt Nordkorea-Expertin Juliette Morillot gegenüber der BBC. Der Platz der Frauen sei aus Sicht der Männer immer noch in der Küche, um den Männern das Leben zu vereinfachen, bzw. sich um die Familie zu kümmern.

Periode blieb aus

Das harte Training hinterließ Spuren an den Körpern der jungen Frauen. "Nach sechs Monaten im Dienst blieb die Menstruation wegen der Unterernährung und der stressigen Umgebung aus", sagte Lee. Doch das habe auch Vorteile gehabt: Viele Soldatinnen seien darüber froh gewesen, da der Zugang zu Hygieneartikeln kaum gegeben war.

Lee berichtet auch von sexuellen Übergriffen. "Der Kommandant blieb nach dem Dienst in seinem Zimmer bei der Einheit und vergewaltigte weibliche Soldaten. Dies passierte immer und immer wieder ohne Ende". Doch würden nur die wenigsten wagen, gegen männliche Vorgesetzte auszusagen, bestätigt Morillot, Autorin des Buches "Nordkorea in 100 Fragen" - obwohl sexuelle Gewalt im Militär mittlerweile offiziell als schwere Straftat gilt.

Zwei Fluchtversuche nach China

Als Lee das Militär 2001 verließ, fühlte sie sich kaum bereit für ein Leben außerhalb der Armee. Auch wenn sie sich freute, mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. Doch finanziell kam die junge Frau nicht auf die Beine. 2008 dann fasste sie den Entschluss zu fliehen: Ihr erster Fluchtversuch scheiterte an der chinesischen Grenze. Lee verbrachte daraufhin ein Jahr in einem Gefängnislager. Kurz nach ihrer Entlassung wagte sie erneut den Versuch und durchschwamm den Grenzfluss Tumen nach China. Von dort aus ging es dann nach Südkorea.

Mittlerweile wurde in Nordkorea ein allgemeiner Wehrdienst für Frauen eingeführt. 18-jährige Mädchen werden zum siebenjährigen Militärdienst einberufen, Männer müssen sogar zehn Jahre lang dienen - der längste verpflichtende Wehrdienst weltweit. Die nordkoreanische Führung sagt, die Bedingungen der Soldatinnen verbessern zu wollen, indem es etwa Hygieneprodukte für Frauen zur Verfügung stellt. Auch Produkte einer nordkoreanischen Kosmetikfirma wurden - öffentlichkeitswirksam inszeniert - an mehrere Einheiten verteilt. Vielen Soldatinnen in Einheiten in ländlicheren Gegenden fehlt immer noch der Zugang zu eigenen Sanitäranlagen.

>> Der Artikel der BBC

(Red.)

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