China verhöhnt Merkel als naiv

Angela Merkel
Angela Merkel APA/AFP/AURORE BELOT
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Für die Volksrepublik zeigt das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen, wie schwach Deutschland in Wirklichkeit sei.

Berlin. Deutschland macht derzeit keine gute Figur in China. Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zeige, wie „schwach“ und „fragil“ in Wirklichkeit die deutsche Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seien, konstatiert etwa der TV-Sender CCTV. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua prognostiziert gar „Merkels Ende und eine traurige Zukunft für Deutschland“.

Dabei macht sich das KP-Regime wohl eher nur begrenzt Sorgen um die deutsche Stabilität. Das Ende von Jamaika kommt Peking aus Propagandagründen nicht ungelegen: „China nimmt das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zum Anlass für eine grundlegende Kritik am liberalen Demokratiemodell“, analysieren Experten des China-Forschungszentrums Merics in Berlin. Sie haben die Medienreaktionen in China in ihrem jüngsten Newsletter zusammengefasst.

Auffällig ist, wie schlecht Angela Merkel wegkommt. Viele chinesische Internetnutzer bezeichnen die Bundeskanzlerin laut Merics als „Baizuo“, als eine „weiße Linke“. Diesen Beinamen verwendeten sie für „naive, gebildete“ Menschen, die sich für Frieden und Gleichheit einsetzen, um ihren eigenen Anspruch auf moralische Überlegenheit zu untermauern“, schreiben Merics-Experten. In anderen Worten: Merkel wird als klassischer „Gutmensch“ verhöhnt. Oder: „Diese Menschen kümmern sich um Themen wie Flüchtlinge, Minderheiten, Lesben und Schwule oder die Umwelt. Ihre sture Haltung, dem Prinzip der politischen Korrektheit zu folgen, führt so weit, dass sie Multikulti zuliebe den Einzug rückständiger islamischer Werte erlaubten.“ Merkel hat bei China-Besuchen immer wieder mehr Achtung für Menschenrechte eingefordert.

Chinas Propagandaapparat beobachtet Wahlen in westlichen Ländern genau. Das Erstarken rechtspopulistischer Parteien wird immer wieder zum Anlass für Lobgesänge aufs eigene politische System genommen. Unlängst schrieb laut Merics das politikwissenschaftliche Magazin „Qiushi“, westliche Demokratien hätten eine „geldorientierte Politik und Populismus“ hervorgebracht, wie sie zu anderen Ländern nicht passten. Qiushi nannte China dann „die derzeit größte Demokratie der Welt“. (basta.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2017)

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