Rüstungskonzerne verkaufen wieder mehr Waffen

APA/AFP/ED JONES
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Internationale Konflikte lassen die weltweiten Waffenverkäufe erstmals seit fünf Jahren steigen. Größter Waffenhändler bleiben die USA.

Stockholm. Weltweite Krisen und eine verbesserte Haushaltslage in Europa feuern das Geschäft mit dem Tod wieder an. Nach jahrelangem Rückgang sind die Verkaufszahlen für Waffen erstmals seit 2010 wieder angestiegen: von 2015 bis 2016 um 1,9 Prozent. Das geht aus dem am heutigen Montag veröffentlichten Jahresbericht des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstituts (Sipri) zu den Waffenverkäufen der 100 größten Rüstungskonzerne weltweit hervor.

Seit 2002 ist der Umsatz für Waffen demnach sogar um 38 Prozent angestiegen. Insgesamt wurde 2016 weltweit Tötungsausrüstung im Wert von 373,8 Milliarden Dollar (321,9 Mrd. Euro) verkauft. Das ist mehr als das Zehnfache der gesamten Staatsausgaben des 163 Millionen Einwohner zählenden Entwicklungslandes Bangladesch im gleichen Jahr.

Dabei versorgen vor allem die USA die Welt mit Waffen. Vom Gesamtumsatz für Rüstungsgüter fallen 217,2 Mrd. Dollar auf US-Unternehmen. Das sind 57,9 Prozent aller weltweiten Waffenverkäufe. US-Unternehmen verzeichneten eine vierprozentige Verkaufssteigerung von 2015 bis 2016. US-Auslandseinsätze, inländische Modernisierungsprojekte, aber auch der gesteigerte Export in andere Länder sind dafür verantwortlich. Der weltgrößte Rüstungskonzern aus den USA, Lockheed Martin, steigerte seine Verkäufe 2016 gar um 10,7 Prozent.

Deutsche Rüstungsfirmen im Geschäft

"Die USA modernisieren derzeit ihre Waffensysteme. Das wurde aber schon vor Trump entschieden. Ob er, wie angekündigt, wirklich darüber hinaus aufrüsten wird, ist noch offen. Die weiterhin schwierige wirtschaftliche Situation in den USA könnte ihn daran hindern. Zudem will Trump Steuersenkungen, was den Ausgabenspielraum weiter einschränkt. Wir werden erst in einem Jahr wissen, wohin die USA unter Trump wirklich mit ihrer Rüstungspolitik gehen werden. Es ist noch zu früh, um eine klare Aussage zu machen“, sagt Aude Fleurnat, Forschungsdirektorin bei Sipri der „Presse“.

Die Verkäufe westeuropäischer Rüstungskonzerne lagen 2016 fast unverändert zum Vorjahr (plus 0,2Prozent) bei 91,6 Mrd. Dollar. Während französische und italienische Firmen einen Umsatzrückgang erlitten, steigerten britische (plus zwei Prozent) und vor allem deutsche Rüstungsfirmen (plus 6,6 Prozent) ihre Verkäufe. Der deutsche Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann steigerte seine Umsätze um 12,8 Prozent. Die unter anderem Waffen und Munition herstellende Rheinmetall erhöhte ihre Verkäufe um 13,3 Prozent. „Beide Firmen haben vor allem von der Nachfrage in Europa, im Mittleren Osten und in Südostasien profitiert“, kommentiert Sipri-Forschungschef Pieter Wezeman. Dennoch standen deutsche Firmen weltweit nur für 1,6 Prozent der Waffenverkäufe.

Britische Firmen halten 9,6Prozent des Weltumsatzes, französische fünf Prozent. „Insgesamt geht es den europäischen Nationen wirtschaftlich wieder besser. Deshalb wird nach den Kostensenkungen für Rüstungsgüter nach der Finanzkrise nun wieder mehr Geld für Waffen ausgegeben, wovon auch US-Firmen profitieren“, erklärt Fleurant.

Südkorea als wichtiger Akteur

Russische Rüstungsunternehmen verzeichneten im Jahr 2016 eine Umsatzsteigerung um 3,8Prozent im Vergleich zu 2015. Das ist eine Drosselung zu den Vorjahren. „Die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Russland haben dazu beigetragen“, sagt Wezeman. 2016 verkauften russische Konzerne Waffen für 26,6 Mrd. Dollar. Damit stehen sie für 7,1 Prozent der weltweit verkauften Waffen.

Außerhalb der klassischen Waffenhersteller mausert sich vor allem Südkorea zu einem immer wichtigeren Akteur. Südkoreanische Rüstungskonzerne konnten ihren Umsatz 2016 um 29,6 Prozent auf 8,4 Mrd. Dollar steigern. Zum einen führe die Sorge über Nordkorea zu mehr Aufrüstung in Südkorea, kommentiert Wezeman. „Zum anderen verfolgt Südkorea aber auch das Ziel, einer der richtig großen Waffenexportländer zu werden“, sagt er.

In Indien, Brasilien und der Türkei gab es laut Sipri kaum Veränderungen. Im Block der „etablierten weiteren Waffenhersteller“ Australien, Israel, Japan, Polen, Singapur und Ukraine fielen die Umsätze insgesamt um 1,2 Prozent im Jahr 2016. Vor allem der starke Umsatzrückgang japanischer Waffenkonzerne mit minus 6,4 Prozent ist dafür ausschlaggebend.

Weltweit anerkannte Analysen

Sipri ist ein unabhängiges Forschungsinstitut für den weltweiten Bestand und Handel mit konventionellen und atomaren Waffen. Dazu werden jährlich mehrere Berichte publiziert. Zusätzlich erstellen die rund fünfzig für Sipri tätigen Forscher Analysen zu spezifischen militärischen Konflikten. Das international anerkannte Institut in Stockholm wird hauptsächlich über Steuergelder des traditionell neutralen Schweden finanziert.

>>> zum Bericht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2017)

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