Nordkorea: Atomwaffenknopf stets auf dem Schreibtisch

Kim Jong-un bei seiner Neujahrsansprache.
Kim Jong-un bei seiner Neujahrsansprache.REUTERS
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Diktator Kim Jong-un bekräftigt seine Drohung gegen die USA, die in Reichweite nordkoreanischer Raketen seien: „Das ist Realität.“ Zugleich richtete er ein überraschendes Friedensangebot an Südkorea.

Pjöngjang/Seoul. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zeigte über Neujahr wieder einmal mehrere Facetten – einmal martialisch, einmal friedlich. Sein Land sei für einen Atomkrieg gegen die USA gewappnet, bekräftigte er. Der Atomwaffenknopf sei immer auf seinem Schreibtisch, erklärte Kim in seiner Neujahrsansprache. Die USA sollten wissen, dass ihr gesamtes Territorium in Reichweite nordkoreanischer Atomwaffen sei. „Das ist Realität, keine bloße Drohung.“

Kim brüstete sich erneut mit Fortschritten im Atomwaffenprogramm. Die USA könnten „niemals einen Krieg gegen mich und unser Land führen“, betonte er. Nordkorea habe 2017 sein Ziel erreicht, den Aufbau einer Atomstreitmacht abzuschließen. Ähnlich hatte sich Kim nach dem Test einer Interkontinentalrakete (ICBM) vom Typ Hwasong-15 vor einem Monat geäußert. „Wir müssen Atomsprengköpfe und ballistische Raketen in Serie produzieren und ihre Stationierung beschleunigen“, kündigte er jetzt an. Die Waffen würden indessen nur eingesetzt, falls Nordkorea in seiner Sicherheit bedroht sei, sagte der Diktator.

Gleichzeitig unterbreitete Kim im staatlichen Fernsehen ein überraschendes Friedensangebot an Südkorea: Er sei bereit, im Februar eine Delegation zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang zu entsenden. Beide Seiten könnten sich sofort treffen, erklärte er.

Russische Öllieferungen

Seoul begrüßte diesen Vorschlag als ein Signal der Entspannung. Südkoreas Präsident Moon Jae-in hatte dem Verbündeten USA vorgeschlagen, die gemeinsamen Frühjahrsmanöver ihrer Streitkräfte wegen der Olympischen Spiele und der Paraolympischen Spiele im März zu verschieben. Seoul sei bereit, „ohne Rücksicht auf Zeitpunkt, Ort und Format“ mit dem Nachbarland zu reden. Nordkorea könnte von Südkorea im Gegenzug eine Aufhebung seiner Sanktionen und die Wiederaufnahme gemeinsamer Wirtschaftsprojekte fordern, zitierte die südkoreanische Nachrichtenagentur das staatliche Institut für Nationale Sicherheitsstrategie.

Der Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm hat sich im Vorjahr nach zahlreichen Raketentests und einem weiteren Atomtest im September zugespitzt. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach mit Gewalt gedroht, sollte Nordkorea seine Drohungen fortsetzen. Nordkoreas Ziel ist es, als Atommacht anerkannt zu werden.

Unterdessen hält Südkorea ein weiteres ausländisches Schiff unter dem Verdacht fest, heimlich Mineralölprodukte auf ein nordkoreanisches Schiff umgeladen zu haben. Eine UN-Resolution verbietet den Handel mit Nordkorea von Schiff zu Schiff. Der Tanker Koti werde seit dem 21. Dezember im Hafen Pyeongtaek-Dangjin an der Westküste Südkoreas festgehalten, berichtete die Agentur Yonhap.

Insidern zufolge haben russische Tanker in den vergangenen Monaten mindestens dreimal Nordkorea mit Treibstoffen versorgt. Dabei hätten die Schiffe auf hoher See ihre Ladung an nordkoreanische Tanker übergeben, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus westeuropäischen Sicherheitskreisen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass der russische Staat an den Transfers beteiligt gewesen sei. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2018)

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