Das US-Militär spricht von "Selbstverteidigung". Syrische Truppen hätten zuvor ein Hauptquartier der Syrischen Demokatischen Kräfte (SDF), die Washington unterstützt, angegriffen.
Die US-geführte Militärkoalition hat eine Attacke syrischer Regierungstruppen auf verbündete Kräfte mit tödlichen Luftangriffen beantwortet. Mehr als hundert regierungstreue Kämpfer seien bei den Angriffen in der Nacht auf Donnerstag in der östlichen Provinz Deir ez-Zor getötet worden, nachdem die Regierungstruppen Stellungen der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) attackiert hätten.
Nach Angaben eines US-Militärvertreters beschossen die Regierungstruppen das SDF-Hauptquartier in Deir ez-Zor mit Panzern und Artillerie. Daraufhin habe die US-geführte Koalition gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zur "Selbstverteidigung" einen Gegenangriff mit Kampfflugzeugen und Artillerie gestartet, bei dem mehr als hundert Kämpfer getötet worden seien.
Bei den SDF handelt es sich um ein kurdisch-arabisches Bündnis, deren Hauptbestandteil die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) sind. Die USA unterstützen die SDF im Kampf gegen die IS-Miliz mit Waffen, Militärberatern und Spezialkräften. Die Türkei dringt jedoch auf ein Ende der US-Militärhilfe, weil sie die YPG als syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) betrachtet.
Syrien spricht von "neuer Aggression"
Syrische Staatsmedien berichteten am Donnerstag, bei den Angriffen der Anti-IS-Koalition seien Dutzende Kämpfer getötet worden. Das Staatsfernsehen sprach von einer "neuen Aggression und einem Versuch zur Unterstützung des Terrorismus", bei dem "Volkskräfte" getroffen worden seien. Damit waren offenbar mit der Armee verbündete Milizen gemeint.
USA will "Grenzschutztruppe" aufbauen
Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die ihren Sitz in London hat, erklärte ihrerseits, bei Luft- und Artillerieangriffen der Anti-IS-Koalition seien in der Nacht 20 Kämpfer der Regierungstruppen getötet worden. Demnach ereigneten sich die Angriffe in der Stadt Khasham, die am Euphrat wenige Kilometer flussabwärts von Deir ez-Zor gelegen ist.
Das syrische Militär habe zuvor SDF-Stellungen in mehreren Dörfern sowie ein Ölfeld angegriffen, erklärte die Beobachtungsstelle, deren Angaben für Medien meist kaum zu überprüfen sind. Bereits vergangenes Jahr hatte es in der Region ähnliche Zusammenstöße gegeben, doch gab es dabei nie so viele Opfer wie dieses Mal.
Die USA wollen die SDF auch nach dem Sieg über die IS-Miliz unterstützen, und das Pentagon hat angekündigt, eine 30.000 Mann starke "Grenzschutztruppe" aus kurdischen und arabischen Kämpfern aufzubauen. Dies stieß nicht nur in Damaskus, sondern auch in Ankara auf scharfe Kritik, weil die Türkei eine weitere Stärkung der syrischen Kurden verhindern will.
Gipfeltreffen in Istanbul
Die türkische Armee geht seit Jänner gegen die YPG-Kämpfer in der nordwestlichen Region Afrin vor. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Donnerstag, das bisherige Vorgehen in Afrin sei nur eine "Aufwärmübung", in den kommenden Tagen werde es "weitere Schritte" geben. Er hat schon wiederholt gedroht, die Offensive auch auf die Stadt Manbij auszudehnen.
Anders als in Afrin sind in der nordsyrischen Stadt US-Soldaten zur Unterstützung der SDF-Einheiten stationiert. Ein türkischer Angriff könnte damit zu einer direkten Konfrontation zwischen den NATO-Partnern führen. Um dies zu vermeiden, werden kommende Woche US-Außenminister Rex Tillerson und Sicherheitsberater H.R. McMaster zu Gesprächen in die Türkei reisen.
Ankara teilte am Donnerstag zudem mit, dass Erdogan bei einem Telefonat mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin vereinbart habe, demnächst in Istanbul mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani zu einem Dreiergipfel zusammenzukommen. Die drei Länder setzen sich seit Anfang 2017 für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts ein.
Die Regierungstruppen verstärkten jedoch zuletzt ihre Angriffe auf die Rebellen. Laut der Beobachtungsstelle wurden auch am Donnerstag bei Luftangriffen auf die Rebellenhochburg Ost-Ghouta 22 Zivilisten getötet. In den drei Tagen zuvor waren in der Region bei Damaskus bereits rund 150 Zivilisten beim Bombardement der Regierungstruppen getötet worden.
(APA/DPA/Red.)