Bisheriger Justizminister Maas wird neuer Außenminister Deutschlands

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Sigmar Gabriel muss gehen, die SPD-Führung hat ihn ausgebootet. Sein Nachfolger wird laut deutschen Medien der 51-jährige Heiko Maas. Parteichef Olaf Scholz ist für den Posten des Finanzministers vorgesehen.

Der bisherige Justizminister Heiko Maas wird neuer Außenminister Deutschlands, wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten. Er folgt auf Sigmar Gabriel, der am Donnerstag in der Früh angekündigt hatte, einer künftigen Bundesregierung nicht mehr anzugehören.

Gabriel erklärte, die SPD-Parteispitzen Andrea Nahles und Olaf Scholz hätten ihn darüber informiert, dass er der Regierung nicht mehr angehören werde. "Nun endet die Zeit, in der ich politische Führungsaufgaben in der SPD übernommen habe", schreibt der 59-Jährige auf Twitter.

Der 51-jährige Saarländer Maas gilt als ein Hoffnungsträger der Sozialdemokraten, hat sich bisher aber nicht allzu intensiv mit außenpolitischen Themen beschäftigt hat. Offiziell soll die neue Ressortverteilung am Freitag vorgestellt werden.

Vorschusslorbeeren erhielt der designierte neue Chefdiplomat ausgerechnet von seinem Vorgänger. Er verlasse das Auswärtige Amt mit einem ausgesprochen guten Gefühl, "wenn es stimmt, dass er der neue Außenminister werden soll", sagte Sigmar Gabriel in Berlin. "Er wird das exzellent machen." 

Auf Kriegsfuß mit der neuen SPD-Führung

Gabriel wollte unbedingt Außenminister bleiben. Vor seinem Einzug ins Auswärtige Amt, in seinen knapp acht Jahren als SPD-Chef (2009 bis 2017), hatte er es sich jedoch mit der gesamten heutigen Führungsriege verscherzt. Die damalige Generalsekretärin Andrea Nahles, inzwischen neue starke Frau in der SPD, hat unter seinem Wankelmut gelitten. Nicht umsonst sprach sie am Donnerstag ausdrücklich von "Teamfähigkeit" als Eignungskriterium für das neue Kabinett. Olaf Scholz, derzeit Interims-Parteichef und damals SPD-Vize, wurde von Gabriel zeitweilig geschnitten.

Seine letzten Chancen auf den Verbleib im Auswärtigem Amt hatte Gabriel vor wenigen Wochen vertan, als er ein angebliches Zitat seiner Tochter vorschob, um über Martin Schulz zu spotten, den "Mann mit den Haaren im Gesicht."

Am Ende half Gabriel auch seine Popularität bei den Deutschen nicht. In Umfragen wurde er mehrfach zum beliebtesten Politiker gekürt. Wobei die Deutschen ihre Chefdiplomaten traditionell mögen. Zuletzt wirkte Gabriel an der Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel mit. "Die Befreiung deutscher Staatsangehöriger aus ungerechter Haft im Ausland" zählt er in seinem Twitter-Schreiben dann auch zu seinen "bleibenden Erinnerungen".

Zu den Kandidaten für Gabriels Nachfolge gehörten neben Maas zuletzt auch Katarina Barley 49, derzeit Familienministerin und Ex-Fraktionschef Thomas Oppermann (63).

Rotes Personalroulette

Die SPD will am Freitag um 10 Uhr Vormittag die Besetzung der sechs SPD-geführten Ministerien bekanntgeben. Olaf Scholz ist als Finanzminister gesetzt. Die bisherige Familienministerin Katarina Barley könnte das Arbeits- und Sozialministerium oder auch das Justizressort übernehmen. Für Familie soll laut den Medienberichten künftig Franziska Giffey zuständig sein, die 39-jährige Bürgermeisterin Berlin-Neuköllns. Mit Giffey hätte die SPD auch ihr "Ostproblem" gelöst. Mindestens einer der sechs SPD-Minister soll aus den neuen Bundesländern stammen. Und Giffey wuchs in Frankfurt an der Oder, Brandenburg, auf.

Auch Umweltministerin Barbara Hendricks scheidet aus der Regierung aus. Als mögliche Nachfolgerin wird Svenja Schulze gehandelt, Generalsekretärin der SPD-Nordrhein-Westfalen und damit des größten Landesverbands, den die neue Regierung jedenfalls nicht übergehen kann.

Mit Barley, Giffey und Schulze hätte die SPD ihr Versprechen eingelöst, drei der sechs SPD-Ministerposten mit Frauen zu besetzen. Dann fehlt nur noch der dritte Mann neben Scholz als Finanzminister und Maas als Außenminister. Matthias Miersch (49) wird dem Vernehmen nach gehandelt. Seine beiden Vorteile: Miersch ist Sprecher der Parlamentarischen Linken, die damit ebenfalls zum Zug käme - und er ist aus der Kaderschmiede Niedersachsen, die damit auch in der Regierung berücksichtigt wäre. Ein Konkurrent um ein Ministeramt könnte Mierschs Landsmann Hubertus Heil (45) sein, der als SPD-Generalsekretär jedoch glücklos war.

Vom Saarland ins Bundeskabinett

Der designierte Außenminister Heiko Maas hatte zunächst Karriere in seiner Heimat, dem Saarland, gemacht: erst als Staatssekretär, dann als Ressortchef im Umweltministerium, später als Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef. Seit 2000 ist er auch Chef der Saar-SPD. Den Posten will er nun abgeben. Maas konzentriert sich inzwischen ganz auf die Bundesebene, sitzt nun auch im Bundestag.

Als Justizminister machte sich Maas in ganz Deutschland einen Namen. Er produzierte jede Menge Gesetze: Frauenquote, Mietpreisbremse, Anti-Terror-Gesetze oder neue Vorgaben beim Verbraucherschutz. Er handelte sich auch viel Kritik ein: Etwa mit seinem Schwenk bei der Vorratsdatenspeicherung oder seinem umstrittenen Gesetz gegen Hetze im Internet. Aber vor allem verschaffte sich Maas bei alldem viel Aufmerksamkeit. Auch dadurch, dass er sich gerne und ausgiebig ebenso zu Themen jenseits der eigenen Ressortzuständigkeit äußerte.

(strei)

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