London droht nach Anschlag auf Ex-Spion mit Konsequenzen

Fieberhafte Ermittlungen in Salisbury
Fieberhafte Ermittlungen in SalisburyREUTERS
  • Drucken

Der ehemalige russische Geheimagent und seine Tochter sind laut den britischen Behörden Opfer eines Attentats mit einem seltenen Nervengift geworden. Die Regierung spricht von einem "fürchterlichen Verbrechen", auf das man reagieren werde.

Nach der Nervengift-Attacke auf einen ehemaligen russischen Geheimagenten verschärft Großbritannien den Ton. Der Anschlag sei ein "widerwärtiges und skrupelloses Verbrechen", erklärte ein Sprecher der die britischen Premierministerin Theresa May am Donnerstag. Innenministerin Amber Rudd erklärte, London werde darauf "stark und angemessen" reagieren, sobald man wisse, wer dafür verantwortlich sei.

"Das war ein Mordversuch auf äußerst brutale und öffentliche Weise", sagte Rudd im Parlament. "Wir werden alles tun, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen - wer auch immer sie sind und wo auch immer sie sich aufhalten mögen."

Gleichzeitig ermahnte sie die Briten, Spekulationen über mögliche Täter zu vermeiden. Der britische Boulevard hat den Verantwortlichen schon ausgemacht: Russland Präsidenten Wladimir Putin. Und auch britische Politiker verdächtigen, dass Moskau hinter dem Anschlag steckt.

Bei dem Attentat auf einen russischen Doppelagenten in Großbritannien wurde nach den Worten der Innenministerin ein sehr seltenes Nervengift verwendet. Welches Gift genau zum Einsatz kam, wollte Rudd nicht sagen. Den Zustand des Ex-Spions und seiner Tochter beschrieb sie als "sehr ernst". Beide seien weiter bewusstlos. 

Nur wenige Labors können so ein Gift produzieren

Einem BBC-Bericht zufolge handelt es sich weder um Sarin, das einem UNO-Bericht zufolge zuletzt im Syrien-Krieg zum Einsatz kam, noch um VX, mit dem im vergangenen Jahr der Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un getötet wurde.

Nervengifte greifen das Nervensystem an und legen die Funktion lebenswichtiger Organe lahm. Die britischen Ermittler versuchen nun herauszufinden, wo der betreffende Stoff hergestellt wurde. Experten zufolge gibt es nur wenige Labors auf der ganzen Welt, die dazu in der Lage sind.

Sergej Skripal und seine Tochter Julia wurden am Wochenende mit Vergiftungserscheinungen im englischen Salisbury aufgefunden. Sie kämpfen seitdem in einem Krankenhaus um ihr Leben. Ein britischer Polizeibeamter, der zu Hilfe eilte und ebenfalls erkrankt ist, sei ansprechbar, sagte Rudd. Sein Zustand sei aber weiterhin ernst.

Skripal und seine Tochter wurden der Polizei zufolge gezielt mit dem Nervengift angegriffen. Ermittelt wird wegen versuchten Mordes. Der Fall erinnert an den Giftmord an dem Kremlkritiker Alexander Litwinenko im Jahr 2006 und hat inzwischen einen diplomatischen Schlagabtausch zwischen Moskau und London ausgelöst. Die britische Innenministerin wollte noch am Donnerstag vor dem Parlament über den Zwischenfall berichten.

(Reuters/APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Großbritannien beschuldigt Putin nach Gift-Attentat persönlich

Großbritannien hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Drahtzieher des Attentats auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal bezichtigt.
Russlands Außenminister Lawrow kündigt die Ausweisung von britischen Diplomaten an.
Außenpolitik

Fall Skripal schaukelt sich immer weiter auf

Russlands Außenminister, Sergej Lawrow, kündigt die bevorstehende Ausweisung von britischen Diplomaten an. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt vor einem neuen Kalten Krieg.
Haben Sie London schon bei Nacht gesehn?
Außenpolitik

Agententummelplatz London: Dame, König, As, Spion

Der Mythos um den "Spionagekriegsschauplatz" London erlebt mit den jüngsten Ereignissen um den mutmaßlich russischen Giftmordanschlag auf einen Ex-Agenten in Südengland und der Krise zwischen Großbritannien und Russland einen neuen Frühling.
Premnierministerin May besuchte am Donnerstag Salisbury, wo der Ex-Agent und dessen Tochter gefunden wurden
Außenpolitik

Russland bestreitet Entwicklung von Nervengift Nowitschok

Weder die Sowjetunion noch Russland sollen den Kampfstoff je hergestellt haben. Die britische Regierung will internationalen Experten die Analyse des Nervengifts ermöglichen.
Zerstörung einer russischen Giftbombe
Außenpolitik

Nowitchok: Eine kleine Geschichte eines Supergifts

Anfang der 1990er hatte der russische Wissenschaftler Vil Mirzayanow das sowjetische bzw. russische Chemiewaffenprogramm offengelegt. Er zog später in die USA. Eine damals neu entwickelte Substanz dürfte nun in England erstmals zum Einsatz gekommen sein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.