Todesfahrt von Münster: Kein islamistisches Motiv

Nordrhein-Westfalens Regierungschef, Armin Laschet (r.), und der deutsche Innenminister, Horst Seehofer (dahinter), am Schauplatz der Attacke in Münster.
Nordrhein-Westfalens Regierungschef, Armin Laschet (r.), und der deutsche Innenminister, Horst Seehofer (dahinter), am Schauplatz der Attacke in Münster.(c) APA/AFP/MICHAEL GOTTSCHALK (MICHAEL GOTTSCHALK)
  • Drucken

Jener 48-jährige Deutsche, der am Samstag in der Münsteraner Altstadt drei Menschen totgefahren hatte, war polizeibekannt, galt aber nicht als gefährlich. Politischer Wirbel wegen Islam-Verdächtigungen.

Münster. Nach der Todesfahrt eines Mannes mit einem VW-Campingbus im Zentrum der sauerländischen Stadt Münster (Nordrhein-Westfalen), bei der am Samstag drei Menschen ums Leben gekommen, mindestens 30 zum Teil schwer verletzt worden waren und der Täter sich hernach erschossen hatte, war am Sonntag weiter das Motiv unklar. Eines mit Islam-Bezug konnte allerdings nach bisherigem Kenntnisstand doch ausgeschlossen werden.

Demnach stammte der Mann aus dem Sauerland und war Deutscher. Er soll 48 Jahre alt gewesen sein und schon länger in Münster gewohnt haben. Der Mann hatte laut Polizei vier Wohnungen: zwei in Ostdeutschland und zwei in Münster. Er war allerdings der Polizei wegen mehrerer kleiner Delikte bekannt: Es habe drei Verfahren in Münster und eines in Arnsberg (ebenfalls im Sauerland) in den Jahren 2015 und 2016 gegeben; sie seien alle eingestellt worden, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin von Münster, Elke Adomeit, bei denen es etwa um Sachbeschädigung, gefährliche Drohung, Fahrerflucht nach einem Verkehrsunfall und Betrug gegangen sei.

„Auf den ersten Blick haben wir hier keine Anhaltspunkte auf eine stärkere kriminelle Intensität, die wir bei dem Täter feststellen konnten“, sagte Adomeit.

Nach Informationen deutscher Medien war der Täter womöglich psychisch labil. Die Ermittler gehen davon aus, „dass die Motive und Ursachen in dem Täter selbst liegen“. Was genau sie damit meinen, war zunächst unklar. In dem Campingbus fanden Polizisten die Waffe, mit der der Mann sich erschossen hatte, dazu eine Schreckschusspistole und Feuerwerkskörper. In seiner Wohnung fand die Polizei ein nicht brauchbares Kalaschnikow-Sturmgewehr.

Politisch-medialer Krach

Viele Menschen dürften nach der Tat an einen islamistischen Anschlag gedacht haben. Unter anderem deswegen gab es am Sonntag handfeste politisch-mediale Nachwehen: „Jetzt, da der Täter offenbar Deutscher war und keinen islamistischen Hintergrund hatte, sind manche von rechts außen geradezu enttäuscht“, twitterte etwa Grün-Politiker Cem Özdemir. AfD-Politikerin Beatrix von Storch löste Wirbel aus, weil sie getwittert hatte: „Ein Nachahmer islamischen Terrors schlägt zu. Und die Verharmlosungs- und ,Islam ist Vielfalt‘-Apologeten jubilieren.“ (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

"Warum" fragen sich viele Münsteraner nach der Amokfahrt vor dem beliebten Lokal "Kiepenkerl".
Weltjournal

Todesfahrt in Münster: Mehrere Menschen noch in Lebensgefahr

Noch sieben Patienten sind in stationärer Behandlung. Die Polizei verfolgt weiterhin die Einzeltäter-Theorie. Laut Kriminologen zeige der Täter alle Merkmale eines Amokläufers.
Police carry restaurant table in front of the site where a man drove a van into a group of people sitting outside a popular restaurant in the old city centre of Muenster
Weltjournal

Münster: Mutmaßlicher Täter war amtsbekannt

Gegen den Mann habe es bereits mehrere Verfahren gegeben. Seine vier Wohnungen wurden in der Nacht durchsucht - die Polizei fand keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund.
Ein Kastenwagen raste in einen Gastgarten in der deutschen Stadt Münster.
Weltjournal

Die Todesfahrt von Münster

Ein Kastenwagen raste in einen Gastgarten in der deutschen Stadt Münster. Danach erschoss sich der Fahrer. Alles deutete zunächst auf Terror hin. Doch dann stellte sich heraus: Der Täter war deutscher Staatsbürger und psychisch auffällig.
Absperrungen in Münster
Außenpolitik

Erdogan an Macron: "Das wird auch in Frankreich geschehen"

"Da, Ihr seht doch, was die Terroristen in Deutschland machen, oder?", sagte der türkische Präsident in Richtung seines französischen Amtskollegen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.