Sanfte Abfuhr für Kneissl in Moskau

Außenministerin Karin Kneissl hatte in Moskau keinen leichten Einstand bei ihrem Amtskollegen, Sergej Lawrow.
Außenministerin Karin Kneissl hatte in Moskau keinen leichten Einstand bei ihrem Amtskollegen, Sergej Lawrow.APA/AFP/YURI KADOBNOV
  • Drucken

Außenminister Lawrow hält österreichische Ost-West-Vermittlung in Syrien-Krise nicht für nötig. Wien könne lediglich helfen, ein besseres Klima für UN-Syrien-Gespräche zu schaffen.

Moskau. Ein Wort wurde während des Moskau-Besuchs der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl mehrfach strapaziert: der Dialog. Vermutlich, weil es in der Ära des gegenseitigen Schlagabtauschs an gehaltvollem Dialog mangelt. Unmittelbar vor dem Delegationsgespräch im Gästehaus des russischen Außenministeriums, einem neogotischen Prachtbau nahe den Patriarchenteichen, hatte Kneissls Amtskollege Sergej Lawrow auch mehr Gesprächsbereitschaft eingefordert. „In den schwierigen Zeiten, in denen Europa und die Welt sich befinden, ist ein offener und freundschaftlicher Dialog vonnöten“, sagte er.

Doch als er dann auf ein von Kneissl vor ihrer Reise gestreutes Vermittlungsangebot zwischen Russland und dem Westen im Konfliktfall Syrien angesprochen wurde, entgegnete er barsch: „In Syrien braucht man nur eine Vermittlung, eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien.“ Wien sei ein „ehrlicher Makler“ wegen seiner neutralen Position und könne für ein besseres Klima innerhalb der UNO sorgen.

Während der Pressekonferenz gab sich Lawrow grimmig. Einmal hob er die Augenbrauen, als Kneissl sich indirekt für die russische Kooperation während des österreichischen OSZE-Vorsitzes im Vorjahr bedankte; damals hatte Moskau einem Personalpaket zugestimmt und eine Blockade der Organisation abgewendet. Auch ließ Lawrow es sich nicht nehmen, wieder einmal den Westen für die Unterstützung der „Putschisten“ in der Ukraine zu rügen und die internationalen Sanktionen als „einseitig und illegitim“ zu geißeln.

Kneissl sprach Streitpunkte an

Dass die Zeichen zwischen Ost und West auf Sturm stehen, bekam die Außenministerin bei ihrem Moskau-Besuch also zu spüren. Auch für das neutrale Österreich ist der Platz für Manöver gering. Dem Vernehmen nach lief das Gespräch zwischen den Delegationen produktiv ab, aber nach außen hin sollte zumindest aus russischer Sicht keine allzu freundliche Stimmung aufkommen. Wohl auch, weil Kneissl bei der Pressekonferenz die derzeitigen Streitpunkte durchaus direkt beim Namen nannte. Von einer von den Freiheitlichen nominierten Ministerin hatte man sich betulichere Worte erwartet. Nicht nur wies Kneissl auf ihren Ukraine-Besuch vor ein paar Wochen hin und erwähnte ihren nachmittäglichen Termin mit den Menschenrechtlern von Memorial, sie sprach auch den Fall Skripal an. Wien verfolge eine faktenbasierte Außenpolitik und weise keine Diplomaten aus, sagte Kneissl, betonte aber gleichwohl deutlich Wiens „Solidarität“ mit Großbritannien. Alles Aussagen, die man im Moskau nicht gern hört. Denn in der russischen Darstellung ist die Vergiftungsaffäre nichts anderes als eine britische „Inszenierung“, ein Wording, das Lawrow in einem aktuellen Interview einmal mehr benutzte.

Während der Fall Skripal vor allem auf der Ebene gegenseitiger Vorwürfe abgehandelt wird, ist die Lage in Syrien noch komplizierter. Kneissl verurteilte den „Stellvertreterkrieg“, den einige Staaten in dem Nahost-Land führen würden – und Moskau musste sich da nolens volens angesprochen fühlen. Wiens erklärtes Anliegen ist es, mit einer diplomatischen Initiative zur Entspannung der Lage beizutragen. Kneissl traf am Freitagvormittag mit UN-Sonderbotschafter Staffan de Mistura im Hotel National zusammen. Der sprach anerkennend von einem „sehr nützlichen“ Treffen.

Impulse für Genf

Die Außenministerin will dem Genfer UNO-Prozess zur Konfliktlösung in Syrien neue Impulse geben und hat sich als Unterstützerin von de Mistura angeboten. Wien wolle ergänzend „gute Dienste“ anbieten. „Es gibt manchmal Situationen, wo man manchmal vielleicht auf einen Überbringer zurückgreifen möchte“, sagte Kneissl, die am Donnerstagabend mit Russlandbeauftragter Klestil-Löffler überraschend einen Berater von Präsident Wladimir Putin getroffen hatte und erst nach der offiziellen Eröffnung des neuen Österreich-Instituts erschienen war.

Wiens Angebot sei mit den anderen EU-Staaten abgesprochen, versicherte die Außenministerin. Wie Wien konkret zur Entspannung in Syrien beitragen könnte, ist indes nach wie vor offen: Denkbar ist die österreichische Hauptstadt als Austragungsort eines Gipfeltreffens oder eine Rolle in der Pendeldiplomatie. 2015 trafen einander Lawrow und sein damaliger Amtskollege John Kerry in Wien.

Doch auch die USA steigen auf die Bremse. In einem Telefonat mit Kneissl teilte David Satterfield, US-Vizeaußenminister für Nahost, nach Informationen der „Presse“ mit, dass die USA derzeit keinen großen Syrien-Gipfel anstreben. Washington will sich, ebenso wie Moskau, auf den innersyrischen Dialog konzentrieren.

Und noch zu einem weiteren Dialog mit ungewissem Ausgang könnte es kommen: Moskau gab am Freitag bekannt, dass US-Präsident Donald Trump seinen Kollegen Wladimir Putin nach Washington eingeladen habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kneissl und Lawrow suchen nach einer möglichen Rolle Österreichs im internationalen Konflikt mit Russland und kommen zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen.
Außenpolitik

Kneissl in Moskau: Lawrow sieht keine Vermittlerrolle Österreichs

Österreichs Außenministerin Kneissl will bei ihrem Besuch in Moskau Österreich als Vermittler im Syrien-Konflikt positionieren, doch ihr russischer Amtskollege sieht dazu keine Möglichkeit.
Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ)
Außenpolitik

Kneissl trifft Lawrow und De Mistura in Moskau

Außenministerin Karin Kneissl will die österreichischen Vermittlungsbemühungen im Syrien-Konflikt vorantreiben.
Außenministerin Karin Kneissl
Außenpolitik

Wie Moskau Kneissl Rosen streut

Russland lobt vor dem Besuch der Außenministerin die "reife Partnerschaft" mit Österreich.
Austria´s Foreign Minister Karin Kneissl arrives for a cabinet meeting in Vienna
Außenpolitik

Kneissl bewirbt in Russland Österreichs "Brückenbauerfunktion"

Die Außenministerin ist auf einem zweitätigen Staatsbesuch in Moskau. Dort will sie die Vermittlungsangebote im Syrienkonflikt erneuern. Kanzler Kurz hatte diesen in einem Telefonat mit Putin Nachdruck verliehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.