Europäer wollen Trump dazu bringen, am Abkommen festzuhalten. Möglicher Deal: mehr Härte wegen Irans Raketenrüstung.
Washington/Istanbul. Auf den ersten Blick erscheint es wie ein hoffnungsloses Unterfangen. Bei getrennten Besuchen in Washington wollen der französische Staatspräsident, Emmanuel Macron, und Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Woche versuchen, Donald Trump zur Beibehaltung des Atomabkommens mit dem Iran zu überreden. Dabei sind Trump selbst, sein neuer Sicherheitsberater, John Bolton, sowie der designierte Außenminister, Michael Pompeo, als kompromisslose Gegner des Vertrags bekannt.
Schon Mitte Mai könnte es aus sein mit dem 2015 geschlossenen Abkommen, das den Bau einer iranischen Atomwaffe verhindern soll. Teheran droht mit raschem Wiedereinstieg in die Uran-Anreicherung, falls Trump den Vertrag platzen lässt. „Wir begrüßen die Bemühungen der Europäer, Trump vom Verbleib im Abkommen zu überzeugen“, sagte am Dienstag der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats des Iran, Ali Shamkhani. Doch er fügte hinzu: „Das soll nicht heißen, dass wir uns von Trump erpressen lassen.“
Bei allem Pessimismus gibt es aber die leise Hoffnung, dass der Iran-Deal noch gerettet werden kann – indem in anderen Bereichen die Gangart des Westens gegenüber Teheran verschärft wird.
Irans Führung warnt Westen
Bis zum 12. Mai muss Trump über eine Wiedereinführung der US-Sanktionen gegen den Iran entscheiden. Neue Strafmaßnahmen würden den Atomvertrag kollabieren lassen, der auf ein Herunterfahren des iranischen Nuklearprogramms im Gegenzug für eine Aufhebung von Wirtschaftssanktionen basiert. Vertragskritiker wie Trump, Israel und Saudiarabien halten das Abkommen für eine Fehlentwicklung, die dem Iran viele Vorteile bringe, ohne das Atomprogramm wirklich zu stoppen. Allerdings muss selbst die Trump-Regierung zugeben, dass sich Teheran bisher an den Vertrag hält.
Irans Außenminister, Javad Zarif, sagte bei einem Besuch in New York, sein Land werde wieder in die Uran-Anreicherung einsteigen, wenn Trump den Vertrag zerstören sollte; die Anreicherung wird für den Bau einer Atomwaffe gebraucht. Eine solche Eskalation, die das Risiko militärischer Auseinandersetzungen zwischen dem Iran und den USA mit sich bringen würde, wollen die Europäer mit ihrer Feuerwehraktion zur Rettung des Abkommens verhindern.
Widerstand aus Russland
Neuverhandlungen über striktere Regeln – etwa unbefristete Auflagen für die Iraner – wird es wegen Teherans Widerstand nicht geben. Auch Russland und China warnten davor, den Vertrag zu „sabotieren“. Die Europäer wollen das Abkommen deshalb dadurch retten, dass sie den US-Bedenken außerhalb des Vertragsrahmens Rechnung tragen. Das gilt zum Beispiel für Irans Raketenprogramm. Merkel und andere europäische Spitzenpolitiker betonen, auch sie seien besorgt wegen der ballistischen Raketen der Iraner.
Seit Jahresbeginn haben mehrere vertrauliche Gespräche amerikanischer und europäischer Unterhändler offenbar Wege zu einer Einigung aufgezeigt. Man sei „fast am Ziel“, zitiert das „Wall Street Journal“ einen Diplomaten. Laut Medien wird an eine neue Vereinbarung mit dem Iran gedacht, in der Teheran parallel zum Abkommen von 2015 den Verzicht auf eigene Atomwaffen bekräftigt. In US-Regierungskreisen werden die Bemühungen um ein solches „ergänzendes Papier“ bestätigt.
Neue Sanktionen gegen den Iran könnte es ebenfalls geben – allerdings nicht wegen der Atomfrage, sondern wegen Teherans Aktivitäten in Syrien und des Raketenprogramms.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2018)