Schwieriges Treffen zwischen Merkel und Trump

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel mit US-Präsident Trump
Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel mit US-Präsident TrumpREUTERS
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Die deutsche Bundeskanzlerin besucht Donald Trump in Washington. Drängendes Thema ist das Atomabkommen mit dem Iran.

Beim Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bei US-Präsident Donald Trump in Washington stehen am Freitag schwierige Themen auf der Tagesordnung: Das Treffen im Weißen Haus dreht sich besonders um die Handelspolitik und die Haltung der USA zu dem Atomabkommen mit dem Iran. Nach Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ist Merkel in dieser Woche bereits der zweite Gast aus Europa, der Trump im Sinne der EU beeinflussen will.

Merkel traf am Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington ein. Es ist ihr zweiter Besuch in der US-Hauptstadt seit Trumps Amtsantritt, zuletzt war sie im März vergangenen Jahres im Weißen Haus zu Gast. Nach einem vertraulichen Gespräch der beiden im Oval Office ist ein Mittagessen mit den wichtigsten Beratern geplant. Insgesamt soll der Besuch der Kanzlerin rund zweieinhalb Stunden dauern.

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen haben sich seit Trumps Amtsantritt verschlechtert. Für Spannungen sorgt etwa die protektionistische Handelspolitik des US-Präsidenten, dem die Absatzzahlen deutscher Autobauer in den USA ein Dorn im Auge sind.

Drängendes Thema: Iran

Trump hat zudem Zölle auf die Einfuhr von Aluminium und Stahl verhängt. Die Europäische Union wurde nach Protesten vorerst bis zum 1. Mai davon ausgenommen, Merkel will bei Trump im Interesse der gesamten EU für eine dauerhafte Befreiung werben.

Ob dies vor Ende der Frist gelingt, wird in deutschen Regierungskreisen jedoch skeptisch bewertet. Im Gegenzug wäre die deutsche Regierung bereit, mit der Regierung in Washington insgesamt über die Gestaltung der Zölle zwischen den USA und der Europäischen Union zu reden.

Ein weiteres drängendes Thema ist das internationale Atomabkommen mit dem Iran: Trump droht damit, die Vereinbarung aufzukündigen, da er sie für unzureichend hält. Die deutsche Regierung bemüht sich um eine Beibehaltung des Vertrags. Das Abkommen von 2015 soll verhindern, dass der Iran die Fähigkeit zur Entwicklung von Atomwaffen erlangt.

Aufgrund gesetzlicher Vorgaben in den USA muss Trump bis zum 12. Mai die Entscheidung treffen, ob er an dem Abkommen festhält. Nach Macron will auch die Kanzlerin den US-Präsidenten davon überzeugen, an dem über Jahre mühsam ausgehandelten Vertrag festzuhalten. "Dieses Abkommen soll aus unserer Sicht weiter Bestand haben", heißt es aus deutschen Regierungskreisen.

Enge Abstimmung zwischen Merkel und Macron

Macron hatte Trump während seines mehrtägigen Staatsbesuchs in Washington vorgeschlagen, das Abkommen um weitere Regelungen zu ergänzen. So soll gesichert werden, dass der Iran sein Atomprogramm langfristig zu friedfertigen Zwecken nutzt. Eine weitere Besorgnis betrifft das Raketenprogramm der Regierung in Teheran sowie die Rolle des Iran in regionalen Konflikten wie in Syrien.

Merkel und Macron haben sich vor und nach der Reise des französischen Präsidenten nach Washington eng abgestimmt. Nach dem Besuch Macrons in den USA telefonierten die beiden.

Die Kanzlerin muss damit rechnen, dass Trump abermals von ihr höhere Verteidigungsausgaben fordert. Zwar plant die Große Koalition eine Erhöhung des Wehretats, eine Erfüllung der NATO-Vereinbarung zur Rüstung lehnt die SPD aber ab. Die Allianz hatte sich das Ziel gegeben, dass jedes Mitgliedsland zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt.

Europäer kämpfen um den Iran-Deal

WAS SIEHT DAS ATOMABKOMMEN VOR?

Das Abkommen, das nach jahrelangen Verhandlungen im Juni 2015 zwischen dem Iran und der Gruppe der fünf UNO-Vetomächte und Deutschland in Wien geschlossen wurde, soll sicherstellen, dass der Iran nicht die Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe erlangt. In dem Abkommen willigt der Iran ein, seine Urananreicherung deutlich zu reduzieren und verschärfte internationale Kontrollen seiner Atomanlagen zu akzeptieren.

Nachdem Teheran diese Bedingungen erfüllt hatte, hoben UNO, USA und EU im Jänner 2016 die im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelssanktionen auf. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) hat seitdem wiederholt bestätigt, dass sich der Iran voll an das Wiener Abkommen hält. Seit dem Amtsantritt Trumps im Jänner 2017 steht die Zukunft des Abkommens aber wieder in Frage.

WAS KRITISIERT TRUMP AN DEM ABKOMMEN?

Der US-Präsident bemängelt, dass die Restriktionen für das iranische Nuklearprogramm ab 2025 auslaufen. Er wirft zudem Teheran vor, mit seinem Raketenprogramm und seinem aggressiven Kurs in der Region gegen den "Geist" der Vereinbarung zu verstoßen. Trump beschuldigt Teheran insbesondere, die zusätzlichen Einnahmen aus dem Ölexport zu nutzen, um proiranische Milizen im Irak, Syrien und im Jemen aufzurüsten.

Trump will die Restriktionen für das Atomprogramm auf Dauer festschreiben, das Raketenprogramm des Iran beschränken und seiner aggressiven Außenpolitik in der Region stärker entgegentreten. Sollten die Europäer dem nicht zustimmen, droht er, die Iran-Sanktionen wieder in Kraft zu setzen, wenn er am 12. Mai das nächste Mal über ihre weitere Aussetzung entscheiden muss. Damit wäre das Abkommen de facto erledigt.

WAS IST DIE HALTUNG DER EUROPÄER?

Die Unterzeichnerstaaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollen an dem Wiener Abkommen festhalten, signalisieren Trump aber, dass sie zu einer härteren Haltung bei der Regionalpolitik des Iran und seinem Raketenprogramm bereit sind. In der EU wird auch über neue Sanktionen wegen der iranischen Rolle im Syrien-Konflikt diskutiert, um die USA zu beschwichtigen, doch gibt es dazu keine Einigkeit. Besonders Italien lehnt neue Sanktionen ab.

Frankreichs Präsident Macron äußerte sich nach seinem Besuch in Washington pessimistisch, dass Trump vom Verbleib im Wiener Abkommen überzeugt werden könnte. Er war zuvor Trump entgegengekommen und hatte sich für ein "neues Abkommen" ausgesprochen. Laut Macron soll es "vier Pfeiler" haben - das bisherige Abkommen soll um drei Punkte mit Vereinbarungen zu seiner Laufzeit, der Regionalpolitik des Iran und seinem Raketenprogramm ergänzt werden.

WAS IST DIE POSITION DES IRAN?

Der Iran lehnt ebenso wie die Vertragspartner China und Russland jegliche Nachverhandlungen strikt ab. Er betont, dass weder sein Raketenprogramm noch die Unterstützung von Milizen wie der libanesischen Hisbollah jemals Gegenstand der Verhandlungen waren. Die Regierung wirft zudem den USA vor, durch ihre Sanktionspolitik ausländische Firmen von Investitionen im Iran abzuhalten und damit das Abkommen zu unterlaufen.

Präsident Hassan Rouhani will auf jeden Fall an dem Abkommen festhalten, das sein bisher größter Erfolg ist. Auch das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, steht bisher dahinter, doch gibt es viele Konservative, die es zu Fall bringen wollen. Sollte Trump das Abkommen kündigen, hat Teheran gedroht, die Urananreicherung wieder aufzunehmen und weitere "drastische Maßnahmen" zu ergreifen.

(APA/AFP)

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