Katalonien: Parlament wählt Separatisten zum Regierungschef

APA/AFP/JOSEP LAGO
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Quim Torra will die separatistische Politik von Carles Puigdemont fortsetzen. Er war gescheitert, sich aus dem Exil noch einmal zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen.

Die katalanischen Separatisten haben mit der Mehrheit von nur einer Stimme Quim Torra zum Ministerpräsidenten gewählt. Für den Vertreter des Wahlbündnisses JxC (Zusammen für Katalonien) stimmten am Montag im Regionalparlament in Barcelona 66 Abgeordnete, gegen ihn 65. Mit der Bildung einer neuen Regionalregierung endet auch die über ein halbes Jahr andauernde Herrschaft der Madrider Zentralregierung. Sie hatte Katalonien nach der Ausrufung der Unabhängigkeit durch Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont vergangenen Oktober unter Kuratel gestellt.

Dass sich mit der Wahl Torras die Verhältnisse in der wohlhabenden Region im Nordosten Spaniens normalisieren, ist unwahrscheinlich. Torra hat angekündigt, die separatistische Politik fortzusetzen. Madrid will dagegen bei erneuten Verfassungsbrüchen sofort einschreiten.

"Es lebe das freie Katalonien", sagte Torra vor seiner Wahl. Puigdemont, JxC-Mitglied wie Torra, hatte die Wahl des 55-Jährigen empfohlen. Die Opposition bezeichnete Torra als Marionette Puigdemonts. Torra selber wertete seine Wahl zum Ministerpräsidenten als "provisorisch". Er sei den Zielen der Unabhängigkeit verpflichtet. Der Rechtsanwalt und Schriftsteller ist der vierte Kandidat, den die separatistischen Parteien zur Wahl gestellt haben. Am Samstag war die Wahl Torras gescheitert, da er die im ersten Wahlgang notwendige absolute Mehrheit im Parlament verfehlte. Am Montag reichte eine einfache Mehrheit.

Separatisten unter Zeitdruck

Die Anhänger einer Abspaltung kamen zuletzt unter Zeitdruck, da es nach dem 22. Mai automatisch zu Neuwahlen in Katalonien hätte kommen müssen und die Separatisten zuletzt in Umfragen schwächelten. Puigdemont war mit dem Versuch gescheitert, sich im Exil erneut zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen. Er wartet in Deutschland auf eine Entscheidung über ein spanisches Auslieferungsbegehren. Die spanische Justiz wertet die Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens durch Puigdemont als Bruch der Verfassung und hat ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Der Generalstaatsanwalt in Schleswig muss nun entscheiden, ob Puigdemont staatliche Gelder veruntreut hat. Aus Sicht der spanischen Staatsanwaltschaft hat Puigdemont Steuergelder für das Unabhängigkeitsreferendum ausgegeben und damit zweckentfremdet.

Die Regierung in Madrid unter dem Konservativen Mariano Rajoy hat früher erklärt, mit der Bildung einer neuen katalanischen Regierung werde die Zwangsverwaltung Kataloniens beendet. Zugleich hat sie aber angekündigt, darauf zu achten, dass in Katalonien Recht und Gesetz eingehalten werden. Nach Urteilen der spanischen Justiz war die Erklärung der Unabhängigkeit von Spanien ein Verfassungsbruch, da diese die Unteilbarkeit des spanischen Territoriums festschreibt. Einzig legaler Weg wäre aus dieser Sicht eine Verfassungsänderung, die aber ganz Spanien beschließen müsste. Die Separatisten argumentieren dagegen, sie hätten durch die Mehrheit in einer Volksabstimmung in Katalonien das Mandat für die Trennung von Restspanien bekommen.

(APA/Reuters)

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