Der nordkoreanische Machthaber Kim sieht sich von den USA und Südkorea getäuscht und seine Friedensbemühungen untergraben. Grund ist ein großes Militärmanöver von USA und Südkorea unweit seiner Grenze. Die USA reagieren gelassen.
Nordkorea hat offen mit der Absage des geplanten Gipfeltreffens von Machthaber Kim Jong Un mit US-Präsident Donald Trump gedroht: Wenn die US-Regierung "uns in die Enge treibt und einseitig fordert, dass wir Atomwaffen aufgeben, haben wir kein Interesse mehr an Gesprächen", sagte der nordkoreanische Vize-Außenminister Kim Kye Gwan am Mittwoch laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA.
Für Verärgerung in Pjöngjang sorgt aktuell vor allem ein Militärmanöver der USA mit Südkorea. "Wir haben bereits unsere Bereitschaft zu einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel gezeigt und wiederholt erklärt, dass die USA ihre feindselige Politik gegenüber Nordkorea und atomare Drohungen als Vorbedingung beenden müssen", sagte der Minister Kim. Pjöngjang erörtere derzeit noch eine Teilnahme an dem geplanten Gipfeltreffen mit Trump. Eine Denuklearisierung nach dem Vorbild Libyen komme nicht in Frage.
Der Minister wies zugleich ein Angebot von US-Außenminister Mike Pompeo zurück, wonach die USA Nordkorea im Gegenzug für die atomare Abrüstung wirtschaftliche Hilfen in Aussicht stellen könnten. Pompeo war zuletzt zwei Mal nach Pjöngjang gereist.
Nordkorea "hat keine andere Wahl"
Pjöngjang sagte auch für Mittwoch geplante ranghohe Gespräche mit Südkorea ab. Angesichts der "derzeitigen schrecklichen Situation" bliebe Pjöngjang keine andere Wahl, als die Gespräche abzusagen, berichtete KCNA.
Ein Sprecher des südkoreanischen Verteidigungsministeriums nannte den Schritt "bedauerlich". Dieser widerspreche dem Ziel der Panmunjon-Erklärung, die Nordkoreas Machthaber Kim und Südkoreas Präsident Moon im April unterzeichneten.
Washington fordert die vollständige und unumkehrbare atomare Abrüstung Nordkoreas. Bisher hat Pjöngjang allerdings nicht öffentlich erklärt, zu welchen konkreten Zugeständnissen das Land bereit ist. Zwar hatte sich Machthaber Kim bei einem Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae In im April zu einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel bekannt, die Äußerung lässt aber Raum für Interpretation.
Früher am Mittwoch hatte bereits die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf KCNA berichtet, Nordkorea erwäge eine Absage des für den 12. Juni in Singapur geplanten Treffens mit Trump. Als Grund wurde ein Militärmanöver Südkoreas mit den USA genannt, welches Pjöngjang als "Provokation" empfinde.
"Gezielte militärische Provokation"
"Guten Willen zu zeigen und Möglichkeiten anzubieten, hat auch eine Grenze", hieß es von KCNA. Die Militärübung zwischen den USA und Südkorea seien eine "gezielte militärische Provokation" zu einer Zeit, in der sich die innerkoreanischen Beziehungen verbesserten. Die "Max Thunder"-Übungen stellten eine Herausforderung für die im April mit Moon unterzeichnete Erklärung dar, "noch bevor die Tinte trocknen konnte".
Das US-Außenministerium bezeichnete die Militärübungen mit Südkorea als "nicht provokativ". Die Übungen würden fortgesetzt, sagte eine Sprecherin. Kim habe zuvor erklärt, er verstehe die Bedeutung der Militärübungen für die USA. Das Pentagon erklärte, die Übungen seien "defensiver Natur" und erhöhten die Fähigkeit des Bündnisses zwischen Südkorea und den USA, Südkorea zu verteidigen.
Die alljährlich stattfinden Militärübungen "Max Thunder" laufen in diesem Jahr vom 14. bis 25. Mai. Sie waren wegen der Olympischen und Paralympischen Spiele Anfang des Jahres in Südkorea verschoben worden. An dem Manöver nehmen rund hundert Flugzeuge der beiden Verbündeten teil, darunter F-22-Kampfjets.
Konflikt schwelt seit Jahrzehnten
Der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea schwelt seit Jahrzehnten und gilt aufgrund der atomaren Bewaffnung des Nordens als einer der gefährlichsten der Welt. Der Korea-Krieg (1950-1953) zwischen dem kommunistischen Norden und der Republik Südkorea mit Millionen Toten zementierte die Spaltung. Einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht.
In den vergangenen Wochen wurden die Hoffnungen auf eine Lösung des Konflikts jedoch wieder genährt - nicht zuletzt durch die Ankündigung des ersten direkten Treffens überhaupt zwischen den Staatschefs Nordkoreas und der USA, das nach bisherigem Stand am 12. Juni in Singapur stattfinden soll.
(APA/dpa)