Slowenien: Wahlsieger Janša steht ohne Mehrheit da

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JansaAPA/AFP/JURE MAKOVEC
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Der Orbán-Freund und Ex-Premier erlitt möglicherweise einen Pyrrhussieg. Einen Überraschungserfolg feiert indes der ehemalige Polit-Clown Sarec.

Belgrad. Sloweniens Wähler haben sich bei der Parlamentswahl am Sonntag erneut als besonders wechselfreudig erwiesen – und für einen Rechtsruck gesorgt. Laut ersten Nachwahlbefragungen konnte die rechtspopulistische SDS von Oppositionschef Janez Janša bei einer relativ schwachen Wahlbeteiligung über vier Prozent zulegen – und ist nach Auszählung von 99,89 Prozent der Stimmen mit 24,96 Prozent im neuen Parlament die klar stärkste Kraft.

Nicht nur weil die Umfragen vor der Wahl für seine SDS bis zu einem Drittel der Stimmen prognostiziert hatten, könnte sich der merklich bescheidenere Wahltriumph für Janša als Pyrrhussieg erweisen. Ob der Ex-Dissident zum dritten Mal in seiner Karriere als Premier vereidigt wird, ist eher ungewiss: Vorab hatten die meisten der neun vermutlich ins Parlament gekommenen Parteien eine Koalition mit ihm ausgeschlossen.

Polit-Clown als Überraschung

Großer Verlierer ist wie erwartet die SMC des scheidenden Premiers Miro Cerac, die mit nur noch knapp zehn Prozent über zwei Drittel ihrer Wähler einbüßte. Die neue und nun stärkste Kraft der Mitte ist dafür die LMS des früheren Politikerimitators Marjan Sarec, die auf 12,66 Prozent der Stimmen kam. Sicher im neuen Parlament sind  auch „Die Linke“ (9,75 Prozent), die sozialdemokratische SD ( 9,92 Prozent) und die christdemokratische NSi (9,29 Prozent). Auch die Partei SBA der früheren Regierungschefin Alenka Bratusek (7,13 Prozent), die Rentnerpartei DeSUS (5,12 Prozent) und die nationalistische SNS (4,91 Prozent) haben die Vierprozent-Hürde knapp geschafft.

Nicht nur wegen des zersplitterten Parlaments wird in Ljubljana mit einer langen und mühsamen Regierungsbildung gerechnet. Als Wahlsieger wird SDS-Chef Janša im Koalitionspoker als erster zum Zug kommen. Außer auf den früheren Regierungspartner NSi und möglicherweise die SNS kann Janša bei der Partnersuche nur auf mögliche Umfaller in der Mitte des Parteienspektrums setzen. Die Schlüssel für eine neue Regierung dürfte mit LMS-Chef Sarec erneut ein Neuling in der Hand haben.

Für Janša hat Viktor Orbán, der nationalpopulistische Premier Ungarns, im Wahlkampf kräftig die Werbetrommel geschlagen. Berichte, wonach der Fidesz über Mittelsmänner parteinahe Medien der SDS logistisch und finanziell unterstütze, werden von der SDS allerdings energisch dementiert. Sicher ist, dass nicht nur die Biografie des „slowenischen Orbán“ viele Gemeinsamkeiten mit seinem ungarischen Freund aufweist: Janšas Kritiker fürchten, dass bei dessen Machtübernahme das „Modell Orban“ zur Blaupause werden könnte.

Wie Orbán galt der 59-jährige Janša Ende der 1980er-Jahre als eher liberaler Dissident im vor dem Zerfall stehenden Jugoslawien. Genauso wie Orbán erstmals 1993 die Führung der von ihm mitbegründeten Fidesz-Partei übernommen hat, ist Janša fast zeitgleich seit 1993 Chef der SDS. Beide führten ihre ganz auf sie zugeschnittenen Parteien in den 1990er-Jahren in die christdemokratische Parteienfamilie der EVP. Beide propagieren mittlerweile eine Politik des nationalen Egoismus – und setzen auf populistische Warnungen vor einer Islamisierung Europas.

Klares Bekenntnis zur EU

Wie Orbán sah sich Janša schon während seiner ersten Amtszeit als Premier (2004–2008) dem Vorwurf ausgesetzt, missliebige Journalisten zu gängeln. Und während Orbán den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros der düsteren Umtriebe zur Destabilisierung des Landes bezichtigt, schiebt Janša die Rolle des ewigen Bösewichts dem Ex-Präsidenten Milan Kučan zu: „Dunkle Kräfte“ wollten Sloweniens „zweiten Frühling“ verhindern, verkündete der SDS-Chef.
Im Gegensatz zum EU-Skeptiker Orbán bekennt sich Janša aber klar zu EU. Und im Gegensatz zum Fidesz gilt seine SDS in der EVP als problemlose Schwesterpartei. Während Europas Sternenbanner schon längst aus Ungarns Parlament verbannt ist, war es bei jeder SDS-Kundgebung auffällig präsent.

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