Die Religiosität in der Türkei ist im Sinken begriffen, sagt der Diplomat und Analyst Seyfi Taşhan im Interview. Der Laizismus sei nicht in Gefahr, aber außenpolitisch sei das Land zu viel involviert.
Die Presse: Das US-Magazin „Foreign Policy“ nannte die Außenpolitik der AKP jüngst eine Geiselpolitik, weil Ankara Inhaftierte mehrmals zum „Tausch“ anbot, etwa einen in Izmir festgenommenen US-Pastor. Sehen Sie das auch so?
Seyfi Taşhan: Diese Art von Tausch gab es früher – auch international – viel öfter. Die türkische Regierung will einige Personen haben, aber die Länder liefern nicht aus. In der Türkei kann es leider sehr leicht passieren, dass man mit Terrorvorwürfen konfrontiert wird. Daher sind hier auch Ausländer verhaftet worden, das erschwert den Geiseltausch. Der Prozess gegen den christlichen Prediger läuft noch. Ob er freigelassen werden kann, muss ein Gericht entscheiden. Aber es gibt Zweifel, dass unsere Justiz unabhängig ist. Der Präsident sagt: Nach den Wahlen werden die Gerichte unabhängig. Das heißt, momentan sind sie das nicht.