Worüber Trump und Putin in Helsinki verhandeln

Bei den US-Demokraten wurden Forderungen laut, den Gipfel zwischen Trump und Putin abzusagen.
Bei den US-Demokraten wurden Forderungen laut, den Gipfel zwischen Trump und Putin abzusagen.(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Der Gipfel der beiden Präsidenten in Helsinki wird von US-Anklagen gegen russische Geheimagenten überschattet. Die Beziehung zwischen den USA und Russland sei deswegen niemals schlechter gewesen, kritisiert Trump.

Moskau. Es ist ein scharfes Signal vor dem heutigen Gipfel und könnte darauf abzielen, zwischen Donald Trump und Wladimir Putin keine allzu lockere Atmosphäre aufkommen zu lassen: Die US-Justiz hat zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter unter Anklage gestellt. Die Vorwürfe beziehen sich auf Hackerangriffe während des US-Wahlkampfs 2016. Dan Coats, nationaler Geheimdienstdirektor der USA, bezeichnete Russland als „aggressivsten ausländischen Akteur“ bei Cyberattacken. Die Bedrohung durch solche Angriffe habe einen „kritischen Punkt“ erreicht, sagte Coats.

Bei den US-Demokraten wurden Forderungen laut, den Gipfel zwischen Trump und Putin abzusagen. Das Team um den US-Präsidenten beharrte allerdings darauf, dass das Treffen wie geplant heute, Montag, in der finnischen Hauptstadt Helsinki stattfinden soll. Trump stellte zwar in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit „CBS News“ fest: „Ich gehe mit niedrigen Erwartungen dorthin.“ Doch am Montag hatte er wieder scharfe Kritik für Demokraten und seinen Vorgänger Barack Obama bereit.

"Unsere Beziehung zu Russland war NIEMALS schlechter, dank vieler Jahre amerikanischer Torheit und Dummheit und nun wegen der manipulierten Hexenjagd!", kritisierte er die Ermittlungen wegen möglicher russischer Einmischung in den US-Wahlkampf, in die auch Trumps Wahlkampfteam verwickelt sein könnte. In einem weiteren Tweet warf er seinem Vorgänger Barack Obama vor, nichts gegen die mutmaßlich russischen Cyber-Angriffe getan zu haben. Obama habe geglaubt, dass seine Parteikollegin Hillary Clinton die Wahl gewinnen werde, deswegen habe er nichts gemacht. 

Der Vorwurf der Einmischung in die Wahlen hat das Potenzial, den Gipfel empfindlich zu stören. Hier eine Reihe von Themen, die das Treffen bestimmen.

US-Wahlkampf

Trump kündigte bei seinem Besuch in Großbritannien an, er werde den Vorwurf der russischen Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 ansprechen. Und laut „CBS News“ sagte Trump, er werde Putin möglicherweise fragen, ob die zwölf nun angeklagten russischen Geheimdienstmitarbeiter ausgeliefert werden. Doch er kann weder das noch eine Entschuldigung des Kreml wirklich erwarten – denn Russland streitet ab, dass staatliche Stellen verwickelt sind. Eine allgemeinere Erklärung, in der beide Seiten das Eingreifen als Problem definieren, oder eine Zusicherung, künftig gegen Beeinflussungsversuche vorzugehen, wäre hingegen für Trump ein wichtiges Ergebnis – und für Putin kein Gesichtsverlust. Auch wenn Moskau auf die Lockerung von US-Sanktionen hofft und die Frage sicher ansprechen wird, kann es aus heutiger Sicht höchstens hoffen, dass die Maßnahmen nicht verschärft werden. Selbst wenn Trump die Sanktionen abschaffen wollte, ist er an die Zustimmung des Kongresses gebunden.

Abrüstung

Zwar bemüht der Kreml gern die Metapher eines „neuen Kalten Krieges“, doch haben beide Seiten kein Interesse an einem weiteren Rüstungswettbewerb. Stattdessen sollten alte Verträge verlängert werden: Der 1987 geschlossene INF-Vertrag verbietet Mittelstreckenraketen. Beide Mächte werfen einander aber vor, das Abkommen verletzt zu haben. Der neue Start-Vertrag von 2010 zur Reduzierung strategischer Trägersysteme für Atomwaffen läuft 2021 aus. Das Abrüstungsthema ist international von großer Bedeutung. Das würde beiden Staatschefs die Möglichkeit geben, sich zu profilieren.

Moskau sieht sich nach eigenen Aussagen von der verstärkten Nato-Präsenz in Osteuropa bedroht. Trump hat zuletzt auf dem Nato-Gipfel mehr finanzielles Engagement der europäischen Partner eingefordert. Sollte Trump sich bereit erklären, die Zahl der Militärübungen zurückzufahren, wäre dies ein großer Erfolg für Putin.

Ukraine

In der Ukraine stehen sich Russland und die USA unversöhnlich gegenüber. Zwar befürchtet Kiew ein Signal Trumps an Putin, was die „russische Krim“ betrifft, jedoch würde dies gegen jegliche außenpolitische Logik der US-Politik verstoßen. Zuletzt haben die USA Panzerabwehrraketen an Kiew geliefert. Für Putin wäre es ein Erfolg, wenn er Trump zum Stopp künftiger Waffenlieferungen überreden könnte. Der Dialog über den geplanten Blauhelmeinsatz in der Ostukraine könnte beim Gipfel einen Anstoß erfahren. Zuletzt waren die Vorverhandlungen wegen Meinungsverschiedenheiten über das Mandat der Mission entschlafen.

Bilaterales

Die diplomatischen Vertretungen der USA und Russlands leiden an den gegenseitigen Diplomaten-Ausweisungen. Die Wartezeiten für Visumsanträge haben sich verlängert. Trump und Putin könnten eine abermalige Erhöhung der Zahl der Diplomaten vereinbaren. Schwieriger zu lösen ist die Frage der Konfiszierung diplomatischen Eigentums. Generell hofft man auf den Startschuss zur Intensivierung des diplomatischen Dialogs auf untergeordneten Ebenen – und auf mögliche Folgetreffen.

„Das wichtigste Ergebnis des Helsinki-Gipfels könnte seine Wiederholung sein“, schreibt der Chef des Moskauer Carnegie-Zentrums, Dmitrij Trenin. Der Experte erwartet keine „wunderbare Transformation“ der russisch-amerikanischen Beziehungen. Was man aber erwarten könne, sei das Festlegen einiger Regeln und Grenzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2018)

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