Katalonien: Puigdemonts Unabhängigkeitskampf aus der Ferne

Aus der Ferne lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.
Aus der Ferne lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.(c) APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Spanien verzichtet auf eine Auslieferung des Separatistenführers aus Deutschland. Eine Rückkehr bleibt Carles Puigdemont aber versperrt. Er verschreibt sich weiter dem Unabhängigkeitskampf - und einer neuen Partei.

Madrid. Der katalanische Separatistenchef Carles Puigdemont erwies sich in der Vergangenheit als Meister in der Kunst der Selbstinszenierung. Doch seit er im Herbst vor der spanischen Justiz die Flucht ergriffen hat, scheint sein Stern langsam zu sinken. Aus der Ferne lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.

Zumal das Leben in Katalonien auch ohne ihn weitergeht – und möglicherweise sogar reibungsloser. Denn nach den ersten Gesprächen zwischen Quim Torra, dem neuen katalanischen Regionalpräsidenten, und Pedro Sánchez, Spaniens neuem Regierungschef, zeichnet sich eine Entspannung im Katalonien-Konflikt ab.

Puigdemont, der die letzten Monate in Deutschland festgesessen ist, muss sich derweil auf eine lange Zeit im Ausland einstellen: Spanien verzichtete zwar am Donnerstag auf eine Auslieferung aus Deutschland, weil das Oberlandesgericht in Schleswig nur eine Überstellung wegen des Vorwurfs der Veruntreuung, aber nicht wegen der schweren Anschuldigung der Rebellion erlaubte. Doch nach Spanien wird Puigdemont gleichwohl nicht zurückkehren können, weil dort immer noch ein nationaler Haftbefehl auf ihn wartet.

Kampf gegen das Vergessen

Puigdemont überraschte dieser Tage indessen mit der Ankündigung, eine neue Partei gründen zu wollen, die für die Unabhängigkeit von Spanien eintritt – und will so auch verhindern, dass man ihn im fernen Katalonien vergisst. Die neue Bewegung heißt Crida Nacional per la República (Nationaler Ruf für die Republik). Diese nationalistische Vereinigung soll die zerstrittenen Separatisten Kataloniens wieder einen.

In Katalonien stieß sein Versuch, mit der neuen Partei auf die politische Bühne zurückzukehren, auf geringes Echo. Denn Puigdemonts radikaler Unabhängigkeitskurs hat der Region bisher wenig eingebracht. Außer einer Konfrontation mit dem spanischen Staat, die die Strafverfolgung Puigdemonts und anderer führender Separatisten nach sich zog.

Zudem scheint der versöhnliche Kurs von Spaniens Regierungschef, Pedro Sánchez, zunehmend Puigdemont den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sánchez versucht, die Katalanen davon zu überzeugen, dass sie mit einer größeren Autonomie besser bedient sind als mit einem eigenen Staat. Offenbar nicht ohne Erfolg: Laut einer Umfrage der katalanischen Zeitung „El Periódico“ unterstützen 62 Prozent der Katalanen das Sánchez-Angebot, den Konflikt mit mehr Selbstverwaltung zu entschärfen. Nur 22 Prozent sind für den Puigdemont-Kurs. Puigdemonts bisheriges Wahlbündnis Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), das bei der jüngsten Wahl noch das aus drei Parteien bestehende Separatistenlager anführte, sackte in der neuen Umfrage auf 16,5 Prozent ab. Stärkste Partei im Unabhängigkeitslager ist die Republikanische Linke mit 23,5 Prozent.

AUF EINEN BLICK

Der Fall Puigdemont. Spaniens Justiz verzichtet auf eine Auslieferung des in Deutschland festgenommenen katalanischen Separatistenführers. Denn das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht verweigert eine Auslieferung wegen Rebellion, des Hauptvorwurfs von Madrid. Dies sieht der Richter des Obersten Gerichts in Madrid jedoch als nicht ausreichend an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2018)

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